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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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das hätte eine wunderbar romantische Kulisse für einen Liebesfilm sein können. Doch an Romantik war nicht zu denken, dafür war die Lage zu ernst.
    Trotzdem merkte ich, wie ich auf Sebastianos Nähe reagierte. Er saß so dicht neben mir, dass seine Schulter meine berührte und ich die Wärme seines Körpers spüren konnte. Das Gefühl war einzigartig, es ging mir durch und durch. Um mehr davon zu kriegen, hätte ich mich am liebsten fester an ihn gedrückt.
    Dass ich genau das tat, erkannte ich erst, als ich sein Ächzen hörte.
    Hastig rückte ich von ihm ab. »Tut mir leid!«
    »Nichts passiert.«
    Während der restlichen Fahrt verharrte ich in betretenem Schweigen.

    Das Haus, vor dem die Gondel schließlich anlegte, gehörte laut Sebastiano der Witwe eines Seilmachers. Es war winzig klein und lag an einem schmalen Seitenkanal im Stadtteil Castello, ganz in der Nähe des Arsenals. 15 Sebastiano entlohnte den Gondoliere und ließ sich dann von mir beim Aussteigen helfen.
    »Du bist meine Frau«, sagte Sebastiano, während er den mitgeführten Schlüssel im knarrenden Schloss drehte.
    »Ich bin was ?«, fragte ich verdutzt.
    »Meine Frau. Falls die Vermieterin fragt. Aber keine Sorge, du musst nicht das Bett mit mir teilen, ich schlafe auf dem Fußboden.«
    Im Inneren des Hauses war es finster wie in einer Höhle.
    »Warte hier«, sagte Sebastiano. Leise fluchend stolperte er durch die Dunkelheit. Anschließend hörte ich ihn raschelnd hantieren. Nach einer Weile züngelte eine kleine Flamme auf und Sebastiano wurde wieder sichtbar, ein kleines Talglicht in den Händen.
    Er winkte mich zu sich. »Hier geht es nach oben.«
    Wie im Haus von Matilda erreichte man die obere Etage über eine knarrende schmale Stiege, die eher einer Leiter als einer Treppe glich. Wir hatten kaum ein paar Stufen erklommen, als sich eine der Türen im Erdgeschoss öffnete und eine grauhaarige Frau erschien.
    »Seid Ihr es, Messèr Sebastiano?«
    »Ja, ich bin es, Monna Faustina«, sagte Sebastiano.
    »Und wen habt Ihr da mitgebracht?« Monna Faustina starrte mich Unheil verkündend an. Mit demselben Blick hatte Matilda mich oft angesehen. Es war der Hoffentlich-frisst-sie-nicht-zu-viel -Blick.
    »Ich bin seine Frau, aber ich esse auswärts«, sagte ich.
    Monna Faustina zog sich ohne ein Wort in ihre Kammer zurück und knallte die Tür zu.
    Ich folgte Sebastiano nach oben, wo wir uns auf einer Art Dachboden wiederfanden. Besonders anheimelnd sah es hier nicht aus. Die Stiege mündete mitten im Raum und wenn man nicht aufpasste, stieß man sich den Kopf an den Deckensparren. Das Bett bestand aus einem klapprigen Holzgestell mit einem Strohsack, außerdem standen noch ein paar Kisten herum. Das war das ganze Mobiliar.
    »Gibt es hier Mäuse?« Argwöhnisch spähte ich in die staubigen Winkel der Kammer.
    »Bis jetzt habe ich noch keine gesehen. Allerdings war ich auch erst einmal hier, um meine Sachen abzuladen und mich umzuziehen.« Sebastiano kniete sich vor eine der Kisten und klappte sie auf. Im Licht der Talgkerze war zu sehen, wie krankhaft bleich er war.
    »Hier muss irgendwo so was wie Verbandszeug sein«, meinte er. »Frisches Leinen, Marietta hatte welches eingepackt.« Schwankend hockte er sich auf seine Fersen und hätte beinahe die Kerze fallen lassen.
    Ich sprang hinzu und nahm sie ihm aus der Hand. »Lass mich das machen. Du gehörst ins Bett.« Ohne auf seine Proteste zu achten, half ich ihm hoch und bestand darauf, dass er sich sofort hinlegte. Stöhnend sank er auf das Strohlager und versuchte dann unbeholfen, sein Wams zu öffnen. Ich stellte die Kerze neben dem Bettgestell ab und schob seine Hände weg.
    »Halt still«, sagte ich. »Ich kümmere mich darum.«
    Ich öffnete die Knebelverschlüsse des Wamses und zog das Hemd auseinander. Trotz der dürftigen Beleuchtung war eine Menge Blut zu sehen. Teils gestockt, teils frisch glänzend, tränkte es einen notdürftig um die Körpermitte geschlungenen Leinenstreifen, der sich beim Stoß des Betrunkenen gelöst hatte. Ich half Sebastiano, sich aufzusetzen, damit ich ihm Wams und Hemd ausziehen konnte. Dabei verrutschte der ohnehin lockere Verband weiter und entblößte den blutigen Schnitt unterhalb des rechten Rippenbogens. Ich zog die Luft durch die Zähne, als ich die Wunde sah. Wahrscheinlich hätte man sie nähen müssen, doch das überforderte meine Fähigkeiten. Ein ordentlicher Verband musste reichen, mehr konnte ich nicht tun. Zaudernd streckte ich die Hände aus,

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