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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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um den Leinenstreifen abzuwickeln, hielt dann aber inne.
    »Gibt es hier Schnaps?«
    »Willst du dir Mut antrinken?«
    Das war typisch. Da lag dieser Typ halb tot vor mir, und alles, was ihm einfiel, war ein Witz, der nicht mal besonders komisch war. Trotzdem konnte ich ein Kichern nicht unterdrücken. »Ich will mir die Hände damit abreiben. Du weißt schon. Bazillen. Wundbrand. Blutvergiftung.«
    »Du musst das nicht machen«, sagte Sebastiano matt. Seine Lider waren gesenkt, sein Blick trüb. »Hol mir nur einen frischen Leinenstreifen aus der Kiste, den Rest kriege ich dann schon hin.«
    »Kommt nicht infrage, das übernehme ich. Ich bin wirklich gut darin.« Das war dreist gelogen. In Wahrheit hatte ich in dem Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein bloß gelernt, wie man imaginäre Wunden verband. Echte Verletzungen waren mir noch nicht unter die Augen gekommen. Jedenfalls keine, die derartig bluteten.
    »Leider … kein Schnaps«, murmelte Sebastiano. »Monna Faustina hat welchen. Doch den … rückt sie garantiert nur gegen Bares raus.« Seine Stimme klang immer schwächer.
    Entsetzt sah ich, wie ihm die Augen zufielen.
    »Halt durch!«, rief ich. »Du darfst jetzt nicht sterben!«
    »Bin nur … müde.« Seine Worte waren kaum noch zu verstehen. »Seit vorgestern … kein Schlaf …«
    Er war bloß erschöpft, Gott sei Dank! Ich atmete auf. Trotzdem musste er frisch verbunden werden. Ich wollte nicht schuld sein, wenn Dreck in die Wunde kam und sie infizierte.
    Entschlossen zog ich ihm den Beutel vom Gürtel und kramte ein paar Münzen heraus.
    Mit dem Geld und dem Windlicht ging ich nach unten, wo ich Monna Faustina unter der Stiege beim Lauschen erwischte. Als sie mich sah, huschte sie zum Herd und machte sich dort zu schaffen.
    »Mich überkam vorhin ein unerwarteter Hunger«, sagte sie.
    »Und mich überkam ein unerwarteter Durst.« Ich streckte ihr das Geld hin. »Habt Ihr Schnaps? Er muss aber stark sein. Und ein bisschen Honig wäre gut.«
    Sie grabschte die Münzen von meiner Handfläche, ohne sie zu zählen. Aus einem irdenen Topf kleckste sie einen Löffel Honig in ein Schälchen, dann brachte sie murrend einen Krug zum Vorschein, aus dem es streng nach Hochprozentigem roch.
    »Aber nicht alles austrinken«, rief sie mir nach, während ich bereits wieder nach oben eilte.
    Sebastiano war in tiefen Schlaf gesunken. Ich desinfizierte mir mit dem Schnaps die Hände und reinigte dann die Haut um die Wunde mit einem Stück Leinen, das ich reichlich mit dem Alkohol beträufelt hatte. Sebastiano stöhnte kurz, wurde aber nicht richtig wach. Zu meiner Erleichterung blutete die Wunde nicht mehr. Mit der Kerze beugte ich mich darüber, um sie näher zu betrachten. Die Wundränder waren glatt und gerade, als hätte ihn dort jemand mit einem Messer erwischt. Alvise? Ob er auch hier wieder seine Hände im Spiel gehabt hatte? Der Kerl schien überall zu sein!
    Bei der Behandlung der Wunde kam mir nicht nur das Wissen aus dem Erste-Hilfe-Kurs zugute, sondern auch das, was ich bei Matilda und Clarissa gelernt hatte. Zum Beispiel, dass Honig die Wundheilung förderte.
    Ich schmierte etwas davon auf ein Leinenstück, kippte großzügig Schnaps darüber und legte es als Kompresse auf die Wunde. Anschließend machte ich mich ans Verbinden. Das war mühselig, weil ich Sebastiano dafür wieder aufrichten musste. Mit einigem guten Zureden ließ er sich in eine halb sitzende Position ziehen, obwohl er verlangte, dass ich ihn endlich schlafen lassen solle.
    Weil ich die Bandage mehrmals um seinen Körper winden musste, kam ich ihm dabei zwangsläufig ziemlich nahe. Ich versuchte, mich ganz auf die Verletzung und den Verband zu konzentrieren und nicht darauf zu achten, wie glatt und gebräunt seine Haut war und wie muskulös sein Oberkörper.
    »Ich mache jetzt einen Knoten in die beiden Enden«, sagte ich, schon um mich selbst daran zu erinnern, dass das hier streng medizinisch war.
    »Du bist doch mutig«, murmelte er.
    »Ich? Unsinn. Ich bin der totale Feigling. Du hättest mich mal sehen sollen, als Alvise mit dem Schwert …« Ich hielt inne, denn das mit dem Schwert hatte ich ihm ja verschweigen wollen.
    Doch Sebastiano bekam es gar nicht richtig mit. »Was?«, flüsterte er, schon beinahe eingeschlafen.
    »Es war halb so wild«, log ich. »Die Tassinis kamen ja rechtzeitig.«
    Eigentlich hatte ich Tasselhoff sagen wollen, aber es war von der blöden Sperre umgewandelt worden. Also hatte Monna Faustina wieder

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