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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Mund, um ihn anzufahren, ob das, was er in der Zukunft oder in welcher Zeit auch immer zu erledigen hatte, nicht auch einen Tag hätte warten können, doch ich bekam keinen Ton heraus.
    Der Grund war die Sperre, denn gleich darauf meldete sich Monna Faustina aus ihrer Schlafkammer.
    »Wer ist da gekommen?«
    »Niemand«, behauptete ich.
    »Ich höre doch zwei fremde Männerstimmen!«
    »Das sind nur der Vater meines Gatten und sein Bruder«, log ich.
    José grinste flüchtig und kniff sein gesundes Auge zu, bevor er gelenkig wie ein Affe die Stiege erklomm, gefolgt von Bart, der über alle Maßen besorgt wirkte.
    »Was wollen diese Männer hier?«, rief Monna Faustina quengelnd.
    »Meinen armen Gatten abholen und in ein Spital bringen«, rief ich, schon auf dem Weg nach oben.
    Unterm Dach war kaum Platz für uns alle. Geisterhaft graues Licht erfüllte die niedrige kleine Kammer, in der es stechend nach Schweiß und Krankheit roch.
    »Es eilt«, sagte José, nachdem er Sebastiano flüchtig untersucht hatte.
    Am liebsten hätte ich ihn weiter mit Vorwürfen überhäuft. Dafür, dass er so spät kam. Dafür, dass er Sebastiano überhaupt in diese ganze Zeitreisesache hineingezogen hatte. Dafür, dass er so verdammt geheimnisvoll auftauchte und verschwand, wie es ihm passte. Und nicht zuletzt dafür, dass er mir solche Angst eingejagt hatte, als ich ein kleines Mädchen gewesen war. Nun erinnerte ich mich auch wieder, dass ich nie wieder mit meinen Playmobilpiraten hatte spielen wollen. Ich hatte verlangt, dass sie aussortiert wurden, und als meine Mutter das als Blödsinn abtat, hatte ich die Figuren kurzerhand ins Klo geworfen. Merkwürdig, dass ich das vergessen hatte!
    Mit bangem Herzklopfen sah ich zu, wie Bart sich über Sebastiano beugte, ihn vorsichtig hochhob und sich über die Schulter lud wie einen Mehlsack. Er ging dabei sehr sanft und umsichtig zu Werke, und ich sah auch ein, dass es keine bessere Methode gab, einen Bewusstlosen die steile Treppe hinunterzubefördern. Doch Sebastianos Kopf und Arme so schlaff hinter Barts Rücken baumeln zu sehen, brachte mich prompt dazu, abermals in Tränen auszubrechen.
    »Ich muss zum Abtritt«, sagte Monna Faustina quengelnd.
    Ich ging ins Schlafzimmer und drückte ihr den Nachttopf in die Hand, dann folgte ich den Männern nach draußen.
    »Wir kümmern uns schon um ihn«, sagte José zu mir. Er wartete auf der steinernen Ufereinfassung, während Bart den ohnmächtigen Sebastiano vorsichtig in einer Gondel ablud.
    »Davon möchte ich mich mit eigenen Augen überzeugen.«
    »Du musst nicht mit. Es könnte gefährlich werden.«
    »Das ist mir völlig egal.« Ich stieg hinter Bart in die Gondel. Sie würden schon Gewalt anwenden müssen, um mich wieder vom Boot zu schaffen.
    José verzog das Gesicht, aber zum Glück versuchte er nicht, mit mir zu debattieren.
    Dafür mischte Bart sich ein. »Es wäre besser, wenn du hierbleibst. Wir könnten entdeckt werden bei dem, was gleich folgt.«
    »Ich habe keine Angst.«
    Das stimmte nur teilweise, denn in Wahrheit hatte ich eine Scheißangst. Aber nicht vor dem, was gleich folgte  – auch wenn es sich einschüchternd und geheimnisvoll anhörte –, sondern nur davor, dass José es nicht hinbekam, Sebastiano rechtzeitig zu einem Arzt zu bringen.
    José nahm das Ruder, hängte es ein und setzte das Boot in Bewegung. Wie üblich ruderte er schnell und geschickt, sodass wir bald unser Ziel erreicht hatten. Es war die Anlegestelle, die dem Campo Santo Stefano am nächsten war.
    Bart hievte sich Sebastiano auf die Schulter und kletterte an Land. Ich folgte ihm auf dem Fuße, während José die Gondel vertäute und dann an uns vorbeieilte, um die Spitze unseres kleinen Zuges zu übernehmen.
    Noch waren keine Menschen unterwegs, aber die Morgendämmerung lichtete sich zusehends. Bald würde die Sonne aufgehen, auch wenn ihre Strahlen es schwer haben würden, den Dunst zu durchdringen. Nebelschleier wallten zwischen den Häusern und über dem Kanal und die Kirche Santo Stefano ragte aus dem diffusen Grau wie ein massiger Schatten, der sich beim Näherkommen in soliden Stein verwandelte. Jene Kirche, deren Dach von innen aussah wie ein umgedrehter Schiffsrumpf.
    Der Turm, das fiel mir jetzt auf, war auch in diesem Jahrhundert schon schief, wenn auch bei Weitem nicht so stark geneigt wie in meiner Zeit. Ich erinnerte mich, wie ich mit Matthias Tasselhoff auf diesem Platz gesessen und Tramezzini gegessen hatte. Genau an dieser Stelle

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