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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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aufhalten!«
    Er war gefangen in seinen Fieberfantasien und murmelte, immer wieder unterbrochen von Hustenstößen, sinnlose Verwünschungen vor sich hin, während ich ihm mit zitternden Händen die Wickel um die Beine wand und anschließend bei ihm sitzen blieb. Meine Augen taten weh, weil ich ihn so angestrengt beobachtete, darauf bedacht, auch nicht die kleinste Veränderung seines Zustands zu verpassen. In den Phasen, in denen er etwas ruhiger wurde, gab ich ihm von Mariettas Kräutergebräu zu trinken und wischte ihm hinterher Gesicht und Hals ab, weil immer die Hälfte danebenlief.
    Ich nahm seine Hand und redete ihm tröstend zu, wenn seine Stimme ängstlich klang, und ich befahl ihm, sich nicht aufzuregen, wenn er wütend wurde. Immer wieder hustete er, bis er keine Luft mehr bekam und ich am liebsten in heller Panik aufgesprungen wäre, um laut um Hilfe zu schreien.
    Irgendwann ertönte das zweite Nachtläuten, genauso leise wie das erste, aber für mich klang es fast wie eine Totenglocke.
    Unwillkürlich faltete ich die Hände und fing mit geschlossenen Augen an zu beten.
    »Lieber Gott, lass ihn durchkommen. Nicht, damit er mich nach Hause zurückbringt, wirklich nicht. Sondern weil er so jung ist. Und weil er doch Venedig retten muss. Und weil es mies wäre, wenn Alvise gewonnen hätte. Und weil … weil ich mich in ihn verliebt habe.«
    »Ist das wahr?«
    Ich riss die Augen auf. Sebastiano hatte aufgehört, sich herumzuwerfen und vor sich hin zu murmeln. Er schaute mich geradewegs an und sein Blick war klar.
    »Äh …«, stammelte ich. »Na ja. Das, was ich da eben sagte … Es könnten die Nerven sein, weißt du.«
    »Sind sie es?«
    »Ich weiß nicht.« Ich schluckte hart, dann atmete ich durch. »Nein. Es sind nicht die Nerven. Ich meine, es sind eigentlich schon die Nerven. Damit will ich sagen, dass ich mit den Nerven am Ende bin …«
    In seinem rechten Mundwinkel zuckte ein schwaches Grinsen auf. »Gut«, sagte er.
    »Was ist gut?«, fragte ich, während ich argwöhnisch in seiner Miene nach weiteren Anzeichen dafür suchte, dass er meine Liebeserklärung komisch fand.
    »Dass wir drüber geredet haben.«
    »Du …«
    Er griff nach meiner Hand und drückte sie. »Das war ein Scherz. Es ist gut, dass du es gesagt hast. Jetzt muss ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, ob du meine Gefühle erwiderst.«
    »Oh«, sagte ich matt, von widerstreitenden Empfindungen überflutet. Ich war überglücklich – und gleichzeitig so voller Angst um ihn, dass es mir die Luft abschnürte.
    »Das wäre eigentlich der Moment, sich zu küssen«, meinte er heiser. »Aber ich fürchte, bei dem Husten wäre das kontraproduktiv.«
    Wie zum Beweis bekam er einen weiteren Hustenanfall.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Vielleicht hatte er Lungenentzündung, daran konnte man sterben! Mir war schlecht vor Furcht.
    Kurz darauf schlief er wieder ein, doch es war ein unruhiger Schlaf. Die Wadenwickel hatten das Fieber etwas gesenkt, er fantasierte nicht mehr und schlug auch nicht mehr um sich. Doch er bekam nicht richtig Luft und musste immer wieder husten.
    In dieser Nacht wagte ich es nicht, noch einmal einzuschlafen. Hellwach saß ich auf dem Boden neben dem Bett und wartete, bis der Morgen graute.

    Draußen wurde es gerade hell, als ich von unten Geräusche hörte. Zuerst glaubte ich, Marietta sei bereits zurück, doch dann ertönte unmissverständlich die Stimme von Monna Faustina, die allerlei Verwünschungen ausstieß. Es klang ziemlich hilflos und so zwang ich meinen schmerzenden Körper in die Senkrechte und kletterte die Stiege hinab. Monna Faustina saß mit baumelnden Füßen auf der Bettkante und fluchte vor sich hin. Das Haar stand ihr wie wirre graue Wolle nach allen Seiten ab und ihr Nachthemd war fleckig. Im Zimmer stank es, als hätte sie sich übergeben.
    »Mir ist schlecht«, erklärte sie überflüssigerweise. »Es muss Gift gewesen sein.«
    Ich erschrak. »Wovon sprecht Ihr?«
    »Von dem Kräutertrunk, den Ihr mitbrachtet.«
    »Der war für meinen Gatten bestimmt!«
    Sie starrte mich an. »Dann wolltet Ihr ihn vergiften!«
    »Unfug. Es war Medizin! Das sagte ich Euch doch!«
    »Deshalb nahm ich ja auch davon. Nur einen winzigen Becher voll.« Sie deutete mit Daumen und Zeigefinger die Menge an.
    »Ihr wart doch gar nicht krank!«
    »War ich wohl. Ich hatte abgehende Winde und Durchfall. Deshalb dachte ich, die Medizin würde mir vielleicht helfen.«
    Mir fiel wieder ein, dass sie

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