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ZEITLOS (German Edition)

ZEITLOS (German Edition)

Titel: ZEITLOS (German Edition)
Autoren: Edward Finnings
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schließlich einen Kündigungsschutz! «
    »Wach auf, Simon! Den gab es mal – bis unsere liebe Regierung Ende der Neunziger Jahre diesen Schutz für Unternehmen mit weniger als zehn Vollzeitkräften ausgehebelt hat. Bei uns in Deutschland herrscht seitdem hire and fire , wie in den Vereinigten Staaten. Die meisten haben das nur noch nicht mitbekommen. Mein Anwalt sagt, das wurde so in einem Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 beschlossen.«
    »Doch, das stimmt! Das macht ja auch für kleine Betriebe durchaus Sinn. Die können jetzt mit ihrem Personal flexibler reagieren. Ich bin sicher, du findest bald wieder etwas neues, Edelgard. Da mach dir mal keine Sorgen! Ansonsten finde ich, ist das, mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, linkes Gesülze! Dann würde ja niemand mehr zur Arbeit gehen. Wer sollte denn dann die Steuern aufbringen?«
    Kerstin legte Edelgard mitfühlend den Arm um die Schulter und sprach leise mit ihr, in dem Versuch sie zu trösten. Doch Edelgard wollte Lars die Antwort nicht schuldig bleiben.
    »Es stimmt nicht, dass niemand mehr zur Arbeit gehen würde. Auch darüber gibt es hinreichend Untersuchungen, dass es die meisten Menschen sehr wohl zur Arbeit ziehen würde, und zwar deshalb, weil sie arbeiten wollen. Niemand hat Lust, ohne Beschäftigung auf dem heimischen Sofa zu sitzen, und vergiss eines nicht; achthundert Euro reichen  keineswegs aus, um ein modernes Leben nach heutigen Vorstellungen zu führen. Der Anreiz zur Arbeit wäre schon dadurch gegeben, dass von jedem zusätzlich zum Grundeinkommen verdienten Euro, ungefähr die Hälfte nach Abzügen übrig bliebe und direkt für den Konsum zur Verfügung stünde. Die Arbeit müsste nur noch flexibler gestaltet werden, was ja eine uralte Forderung der Unternehmen ist.«
    Das musste man Lars lassen; er verteidigte keine Position um ihrer selbst willen, sondern bemühte sich, einen eigenen Standpunkt zu finden. »Hmm, ich kann mir das ehrlich gesagt kaum vorstellen. Markus, schreibe mir bitte mal diese Stichworte auf! Ich werde das in einer ruhigen Minute einmal recherchieren.« Markus schrieb seinem Freund mehrere Begriffe, die soeben gefallen waren, auf und reichte ihm grinsend den Zettel. »Wann willst du denn dafür noch Zeit finden, Herr Unternehmer?«
    »Hab ich jemals beklagt, dass ich keine Zeit hätte? Das ist alles eine Frage der Organisation. Ich schlage vor, wir lassen das heute Gesagte in Ruhe sacken und jeder mag, wenn er Interesse daran hat, selber recherchieren. Dann werden wir beim nächsten Mal sicher noch fundierter über dieses wirklich interessante Thema diskutieren können.«
    Das schien für Kerstin, Edelgard und Lars das Schlusswort zu sein, denn sie brachen gemeinsam auf. Birte ging zu Bett. Nur Simon blieb noch eine Weile mit Markus zusammen auf der Terrasse sitzen, denn es gab noch ein paar Dinge, über die die Freunde sprechen wollten.
     
     
     

24.06.2010; Donnerstag; 10.50 Uhr/MEZ; Kiel; Universitätsbüro
     
     
    Markus fragte sich zum wiederholten Mal, was er übersehen hatte? Missmutig starrte er aus dem Fenster seines Büros über die Kieler Förde. Seitdem er von Simon erfahren hatte, dass bei den Untersuchungen seines Prozessors weitere Ungereimtheiten zutage getreten waren, erfüllte ihn eine sich stetig steigernde Unruhe, verbunden mit dem Gefühl, eine wesentliche Bezugsgröße zu übersehen.
    Rigoros riss er das voll gekritzelte obere Blatt Papier seiner A3-Schreibtischunterlage heraus und warf es zusammengeknüllt in den Papierkorb. Nochmals dachte er intensiv über die damalige Situation bei seinem Computercrash nach und zeichnete erneut in die Mitte seines jungfräulichen Blattes einen Kreis mit der Inschrift CHIP .
    Welche Faktoren trafen an jenem denkwürdigen Tag zusammen? Er hatte vor dem PC gekauert, den Desktop links und rechts mit beiden Händen gefasst, Nele saß an der Tastatur, das Kalenderbild hing ihm direkt vor der Nase. Ohne konkrete Gedanken hatte er das Bild angestarrt bis es vor seinen Augen unscharf und glasig wurde. Er rief sich seine Gefühle in Erinnerung: Inbrünstiges Hoffen war die beste Umschreibung dafür, während Nele die verbleibenden Minuten und Sekunden des Fortschrittbalkens herunter betete.
    Gebetet? Das war möglicherweise das fehlende Glied! Er musste herausfinden, was Nele in dieser Situation gedacht und empfunden hatte. Seit der Grillparty ging ihm nämlich Kerstins Argument bezüglich der verstärkenden Wirkung des Gruppenbewusstseins nicht aus dem
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