Zeitlose Zeit
eine gute Nacht gewünscht hatte, ging er zur Ecke und stieg in den Bus. Er war bald auf dem Weg nach Hause, mit Einkäufern und Berufstätigen, alten Damen und Schulkindern.
Eine Vorschrift verbot das Rauchen in öffentlichen Verkehrsmitteln, aber er war so durcheinander, daß er sich eine Zigarette anzündete. Er öffnete das Fenster neben sich, so daß der Rauch hinauszog und nicht in das Gesicht seiner Nachbarin geriet.
Mein Experiment war ein Knüller, sagte er sich. Es hat besser geklappt, als ich wollte.
Er hatte angenommen, die Angestellten würden in alle Richtungen davonstürzen, einer zur Tür, einer zur Wand, einer weg von der Tür. Das hätte seine Theorie gestützt, daß ihr derzeitiges Leben nur eine Episode bedeutete. Daß sie einen beträchtlichen Teil ihres Lebens anderswo verbracht hatten, und zwar an einem Ort, an den sich keiner von ihnen erinnerte.
Aber dann hätte jeder seine eigenen Reflexe haben müssen. Nicht alle die gleichen. Sie waren alle in dieselbe Richtung gestürzt. Es war die falsche Richtung gewesen, aber sie hatten sie alle gewählt. Sie hatten als Gruppe gehandelt, nicht als Individuen.
Das hieß schlicht, daß die früheren wesentlichen Einflüsse der vier gleichartig gewesen sein müssen.
Wie konnte das sein?
Dafür wußte seine Theorie keine Erklärung.
Er rauchte seine Zigarette, lenkte den Rauch zum Fenster hinaus und sah sich im Augenblick nicht in der Lage, eine neue Theorie zu finden.
Außer irgendeiner mittelmäßigen Erklärung, dachte er; zum Beispiel dieser, daß die vier lange zusammengelebt hatten. Gemeinsam in irgendeiner Pension, oder sie hatten über lange Jahre hinweg im gleichen Lokal gegessen oder die gleiche Schule besucht ...
Wir haben einen Mischmasch von Lecks in unserer Wirklichkeit, dachte er. Ein Tropfen hier, ein paar Tropfen drüben in dieser Ecke. Ein feuchter Fleck, der sich an der Decke bildet. Aber wo läuft es durch? Was bedeutet es?
Er nahm sich zusammen. Mal sehen, wie ich darauf gestoßen bin, sagte er zu sich. Ich habe zuviel Lasagne gegessen und bin von einer Pokerrunde weggelaufen, in der ich ein mittelmäßiges Blatt hatte, um in einem dunklen Badezimmer eine Tablette zu nehmen.
Gibt es zuvor irgend etwas?
Nein. Vorher gab es ein besonntes Universum. Spielende Kinder, muhende Kühe, schwanzwedelnde Hunde. Männer, die am Sonntag nachmittag den Rasen mähten und den Sport im Fernsehen ansahen. Wir hätten ewig so weitermachen können. Ohne etwas zu bemerken.
Außer Ragles Halluzination, erkannte er.
Und was für eine Halluzination war das? fragte er sich. Ragle war nie so richtig dazu gekommen, sie ihm zu schildern.
Aber sie liegt ungefähr auf der Linie meines Erlebnisses, sagte er sich. Auf irgendeine Art hatte Ragle die Wirklichkeit durchstoßen. Das Loch vergrößert. Oder hatte vor seiner Vergrößerung gestanden, einem klaffenden Riß.
Wir können alles zusammentun, was wir wissen, aber es verrät uns nichts, begriff er, außer, daß etwas nicht in Ordnung ist. Und das wußten wir vorher schon. Die Hinweise, die wir erhalten, liefern uns keine Lösung, sie zeigen uns nur, wie weit die Störung reicht.
Ich glaube aber, daß wir einen Fehler gemacht haben, als wir Bill Black mit dem Telefonbuch haben gehen lassen, dachte er.
Und was sollen wir jetzt tun? fragte er sich. Noch mehr psychologische Experimente anstellen?
Nein. Das eine hatte ihm genug verraten. Das unfreiwillige in seinem Badezimmer. Selbst das letzte hatte mehr Schaden als Nutzen gestiftet, mehr verwirrt als geklärt.
Bringt mich nicht noch mehr durcheinander, dachte er. Ich bin schon verwirrt genug für den Rest meines Lebens. Was weiß ich wirklich? Vielleicht hat Ragle recht; wir sollten die großen Philosophiebücher herausholen und uns mit Bischof Berkeley und den anderen befassen – er kannte keine Richtung gut genug, um auch nur die Namen zu wissen.
Wenn ich vielleicht meine Augen fast ganz zukneife, dachte er, damit nur ein Lichtspalt durchdringt, und ich mich auf diesen Bus konzentriere, auf die müden, alten, dicken Frauen mit ihren vollen Einkaufstaschen, auf die schnatternden Schülerinnen und die Angestellten mit ihren Abendzeitungen, auf den Fahrer mit dem roten, feisten Nacken, vielleicht verschwinden sie dann alle. Der quietschende Sitz unter mir. Der Abgasgestank jedesmal, wenn der Bus anfährt. Das Rütteln. Das Schwanken. Die Reklame über den Fenstern. Vielleicht verschwindet das alles einfach ...
Er kniff die Augen zusammen und versuchte Bus und
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