Zeitlose Zeit
bestimmt. Und sie ist nicht verheiratet. Du hast genug Geld und bist so berühmt, daß sie sich gewiß für dich interessiert. Der Rest ist deine Sache. Führ sie ein paarmal aus, dann reden wir wieder über die Sache.«
»Ich glaube nicht, daß das etwas nützen würde«, sagte Ragle.
»Du denkst aber ernsthaft daran, es zu versuchen, nicht?«
»An so etwas immer.«
»Okay. Wenn du so sicher bist, kann man nichts machen. Was willst du tun, einen der Sattelzüge übernehmen?«
»Ginge das?«
»Wir könnten es versuchen.«
»Willst du mitkommen?« fragte Ragle.
»Gut«, sagte Vic. »Ich möchte das sehen. Gewiß, ich möchte einen Blick nach draußen werfen.«
»Dann sag mir, wie wir es anstellen sollen, einen von den Lastern zu kapern«, sagte Ragle. »Das ist dein Geschäft. Ich überlasse es dir.«
Um fünf Uhr hörte Bill Black die Lastautos der Stadtwerke vor seinem Fenster parken. Seine Sprechanlage summte, und seine Sekretärin sagte: »Mr. Neroni für Sie, Mr. Black.«
»Den will ich sprechen«, sagte er. Er öffnete die Tür, und kurz danach kam ein muskulöser, schwarzhaariger Mann herein, noch im grauen Overall mit Arbeitsschuhen. »Nur herein«, sagte Black. »Erzählen Sie, was heute gewesen ist.«
»Ich habe mir Notizen gemacht«, sagte Neroni und legte eine Bandspule auf den Schreibtisch. »Als Daueraufzeichnung. Und Videoaufnahmen sind auch da, aber noch nicht fertig. Der Telefontrupp sagt, Ihre Frau hätte ihn gegen zehn Uhr angerufen. Nichts Besonderes, nur schien er offenbar zu glauben, er würde sie beim Luftschutzlehrgang treffen. Sie sagte, sie sei mit einer Freundin in der Stadt verabredet. Dann rief die Frau an, die die ZV-Vorträge hält, um ihn zu erinnern, daß er um zwei Uhr kommen solle. Mrs. Keitelbein.«
»Nein, Mrs. Kesselman«, sagte Black.
»Eine ältere Frau mit einem jugendlichen Sohn.«
»Richtig«, sagte Black. Er erinnerte sich, die Kesselmans kennengelernt zu haben, vor einigen Jahren, als man das Ganze ausgearbeitet hatte. Und Mrs. Kesselman war vor kurzem mit ihren ZV-Unterlagen vorbeigekommen. »Ist er hingegangen?«
»Ja. Er hat seine Lösungen abgeschickt und ging dann hin.«
Black hatte nichts von dem ZV-Lehrgang erfahren; er wußte nicht, welchen Zweck er erfüllte. Aber die Kesselmans bekamen ihre Anweisungen nicht von dieser Abteilung.
»War jemand dabei?« fragte Black.
»Meines Wissens nicht.«
»Spielt keine Rolle«, sagte er. »Sie hält die Versammlungen ja selbst ab, nicht?«
»Soviel ich weiß. Sie hat ihm selbst die Tür geöffnet.« Neroni runzelte die Stirn. »Sind Sie sicher, daß wir über dieselbe Person sprechen? Mrs. Kesselbein?«
»So ungefähr.« Er war nervös. Ragle Gumms Verhalten in den letzten Tagen hatte ihn aus der Ruhe gebracht, das Gefühl eines schwankenden, nur von Tag zu Tag haltbaren Gleichgewichts war geblieben.
Wir wissen jetzt, daß er entkommen kann, dachte Black. Trotz allem können wir ihn verlieren. Er kann langsam wieder zur Vernunft kommen, Pläne machen und sie ausführen. Wir werden es nicht wissen, bis es zu spät oder fast zu spät ist.
Das nächste Mal gelingt es uns vielleicht nicht, ihn zu finden. Oder das übernächste Mal. Irgendwann wird es soweit sein.
Wenn ich mich ganz innen im Schrank verstecke, wird mir das auch nichts nützen, dachte Black. Hinter den Kleidern verborgen, in der Dunkelheit, unsichtbar ... es wird mir nichts nützen.
12
Als Margo den Parkplatz erreichte, sah sie ihren Mann nirgends. Sie schaltete den Motor ab, blieb eine Weile sitzen und starrte zum Eingang des Supermarkts hinüber.
Gewöhnlich ist er um diese Zeit fertig, dachte sie. Sie stieg aus und ging auf das Geschäft zu.
»Margo«, rief Vic. Er kam von hinten, von der Laderampe. Sein schneller Schritt und die Anspannung in seinem Gesicht zeigten ihr, daß etwas passiert war.
»Alles in Ordnung?« fragte sie. »Du hast doch nicht zugesagt, am Sonntag zu arbeiten?« Das war seit Jahren zwischen ihnen ein Streitpunkt.
Vic griff nach ihrem Arm und führte sie zum Auto zurück.
»Ich fahre nicht mit dir nach Hause.« Er öffnete die Wagentür und schob sie hinein, stieg ein, schloß die Tür und kurbelte die Fenster hoch.
Hinter dem Supermarkt rollte ein riesiger Sattelzug auf den Volkswagen zu. Wird uns das Ungetüm streifen? fragte sich Margo. Ein Stoß, und von uns und dem VW bleibt nichts übrig.
»Was macht er?« fragte sie Vic. »Ich glaube nicht, daß er damit umgehen kann? Und das ist keine Ausfahrt für Laster. Ich dachte ...«
»Hör
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