Zeitreise ins Leben (German Edition)
ben.
„Verrücktes Huhn “, motzte ich absichtlich laut, um mir zu verdeutlichen, dass dieser Schwachsinn aus den eigenen Untiefen meines Unterbewusstseins kommen musste. Das mulmige Gefühl blieb dennoch und entsprechend brummig stellte ich das leere Glas z u rück in die Abwasch. Wenigstens schaffte ich es auf dem Retourweg nicht noch einmal auf die Straße zu gaffen.
Die nächsten beiden Tage hatten leider keine Spur mehr von schönem, spätsommerlichen Wetter. Im Büro war wahnsinnig viel zu tun und jeder irgendwie mies gelaunt. Endlich rau s zukommen war das einzige Ziel, obgleich es draußen dann bereist meist finster und kalt war. Der absolute Nullpunkt meines G e mütszustandes wurde jedoch erreicht, als auch noch ein frühzeitiger Nieselregen einset z te.
Shit … brummte ich und verwünschte das graue Nove m berwetter, weil es sich schon im Oktober so unve r schämt breit machte. Verdrossen ging ich an diesem Tag zur U-Bahn und fuhr mies gelaunt und überaus zickig mit hundert anderen Zicken und Zickern Richtung Heimat. Wirklich eilig hatte ich es nicht, denn Zuhause gab es niemanden, der auf mich wa r tete. Meine hoch gelobte Freiheit war natürlich wunderbar, an Tagen wie diesen jedoch ei n fach nur einsam und erdrückend. So hatte alles wohl eine Kehrseite oder ich auch mal die berühmte Arschkarte gezogen, denn bei Nieselregen war es schon ve r dammt schwer nicht in endloser Grübelei zu versinken . Dann war das Leben nicht mehr ganz so durchzogen von schönen Momenten oder bereichert von herbstliche r Vielfalt. Dann schien es plötzlich nur noch aus Aufstehen, U-Bahn, Büro, U-Bahn, Fernsehen und Schlafen zu bestehen. Meine D e pressionsschub hing also offenbar vom Wetter ab, was mich, in Hinblick auf den bevorst e henden Winter, nicht gerade zuversichtlich stimmte.
Zuhause machte ich es mir dann vor dem Fernseher gemü t lich und blieb während dem Durchschalten an einer Dokume n tation über Hexen und Hexenkult hängen. Schnell holte ich mir eine Schüssel Popcorn, und verdrückte die Hälfte vom salzigen Zeug gleich auf dem Weg zur Couch. Voller Erwartung warf ich mich dann in die Kissen und erreichte irgendwann meine heiß ersehnte Gemütlichkeit. Der Bericht über Hexenwesen war zwar nicht gerade neu, aber in seiner Oberflächlichkeit ganz unte r haltsam. Vor allem aber die Infohotline am Ende des Beitrages weckte mein Interesse. Sie suchen Hilfe und Beratung oder wollen ihre Zukunft ändern? Dann rufen Sie an! So ei n fach stand es dort in leuchtend en Buchstaben und brachte etwas in meinem Unterbewuss t sein zum Klingen. Richtig erklären konnte ich es nicht, doch ich gab dem spontanen Impuls nach und notierte mir die Nummer. Erst danach entdeckte ich auf einem anderen Sender einen alte n Piratenschinken und ärgerte mich, dass ich nicht gleich zu den braun gebrannte n und Muskel bepackte n Männer n in Rüschenhemden umg e schaltet hatte .
In dieser Nacht träumte ich wieder von diesen knorpel i gen Fingern, die mich hemmungslos drückten und peinigten. Es war genauso intensiv wie in der ersten Nacht, nur noch faul i ger und schleimiger. Der Morast kam u n aufhaltsam näher, presste sich an meine Kinnkante und drohte mich zu ersticken. Die Situation war so grauenhaft, dass ich nichts and e res mehr wollte, als fort ... einfach nur fort. Und dann geschah plötzlich etwas sehr U nerwart e tes : Eine schimmernde Hand tauchte wie aus dem Nichts auf, bot sich an und legte sich wunderschön und warm über meine Seele. Diese Hand zog mich aus dem Morast und ve r trieb die grässlichen Gestalten mit ihren roten, glühenden Augen. Sie war wie ein G e schenk und so vertraut, als wäre es meine eigene Hand. Sie zog mich mit ihre r sanfte n Berührung in den Bann und erfüllte mich mit Liebe. So lange jedenfalls, bis sie vollkommen unvorbere i tet und mit einem jähen Ruck abg e hackt wurde. Der Schock, das viele Blut und das tosende Gelächter der verrückten Knorpelviecher riss en mich dann endgültig aus dem Schlaf. Schweißgebadet e r wachte ich und konnte nicht fassen, was für einen Schwachsinn ich da geträumt hatte.
Am nächsten Morgen schon griff ich zum Hörer, um Hilfe bei dieser Hotline zu finden. Der Al b traum war der letzte, berühmte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen g e bracht hatte. Ich wollte meine Zukunft ändern, den Traum de u ten lassen und dafür
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