Zeitreise ins Leben (German Edition)
mir und verhinderte j e den weiteren Schock. Ich betrachtete mich e r neut und erkannte ein faszinierendes Detail, eine Art Tätowierung in der Mitte meines Brustkorbes. Ein Zeichen, das mit seinem ve r schlungenen Muster wie ein Abdruck von jenem Amulett wirkte, das ich von Hanna beko m men und zuletzt getragen hatte. So, als ob es sich eingebrannt hätte und nun hell zwischen all dem Blut hervorleuchtete. Wahrscheinlich wirkte es nur so, weil diese Stelle als einzige nicht mit Blut besudelt war – doch nein, es leuchtete wirklich von innen heraus und schien sogar Quell j e nes Lichtes zu sein, das mich nun warm umhüllte. Wie eine Nabelschnur führte es von dem leblosen Körper zu meinem schwebenden Ich . Schon als Kind war ich der Me i nung gewesen, dass die Seele auf Wanderschaft gehen konnte und nur mit einem dünnen Faden verbunden blieb – sofern, tja, sofern man überhaupt am Leben war und ein Faden noch Sinn machte. Fasz i niert und verwundert, wurde ich mir dieser Tatsache bewusst und erkannte langsam auch die Möglic h keit, die geblieben war.
Wollte ich durch diese Lichtverbindung, diesen Faden, erneut Besitz von meinem Körper ne h men oder nicht? Es war eine alles entscheidende Frage, die jedoch nicht wirklich verl o ckend klang. Der Körper dort unten war nicht gerade einladend, zu weit weg, viel zu klein und ze r brechlich. Eige n schaften wie unbequem und unpraktisch drängten sich auf und standen im Gegensatz zu einer Verlockung aus Wärme und Leichtigkeit. Doch die Vorstellung war nicht ausschließlich negativ, denn da gab es diesen Funken , diese Erinnerung. Etwas, das nach vorne drängte, wichtig zu sein schien, alles andere beiseite s chob und mich mit einem Mal so stark durchflutete, dass ich gar keine andere Wahl hatte, als mich dem zu stellen. Es war eine Erinnerung, die mich mit einem Schlag all die Liebe spüren ließ, die ich mein ganzes Leben lang gesucht hatte. E in wunderbar schönes Gefühl für jemanden, den ich in der En t fernung erahnen konnte, ebenso wie für ein kleines, helles Wesen, das ver zweifelt in me i nem Bauch um s ein Überleben kämpfte. Ja, es war deutlich, ebenso wie die tiefe Trauer und der Schmerz, den ich in mir tr a gen würde, wenn ich mich gegen diese Liebe und gegen das Leben entscheiden würde.
So formte ich ein stilles JA und noch eins und ließ mich treiben. Treiben, auf einer Flut von Licht, einer Woge von Glück und einer Macht, die mich mit aller Gewalt und viel zu sch nell in den engen Körper zurück katapultiere. Der Horror war augenblicklich wieder da, doch dieses Mal mit dem unauslöschlichen Zusatz von inniger Liebe ... u nd mit dem erlangte ich meine Kraft und konnte gegen den dunklen Sumpf in mir kämpfen. N un wollte ich die ganze Wah r heit erfahren, wollte die Nebel des Vergessens lichten und mich dem furchtbaren Dämon in mir stellten. Ich kämpfte wie eine Löwin und schaffte so den letzten Rest Verdrängung aus meine n Kopf zu ve r bannen und erinnerte mich.
Zu später Stunde trafen wir auf der Festung der Entführer ein. Sie befand sich in ungewöh n lich exponierter Lage, mitten im Wald und wirkte so finster und mörderisch wie die fünf Männer, die mich entführt hatten. Ich stand un ter Schock und musste ständig an den ermordeten Jakob und den Kutscher denken. Dennoch zwang ich mich, so viel wahrzunehmen und zu beobac h ten, wie ich nur konnte. Aber ehe ich mich versah, wurde ich gepackt und rüpelhaft vom Pferd g e schleudert. Die Männer hatten alle nur böse Blicke für mich und behandelten mich wie A b schaum oder ein uninteressantes Tier, das gerade zur Schlachtbank geführt wurde. Es war nur das Tüpfelchen auf dem I, aber dieses Benehmen bereitete mir Mühe, nicht einfach hyste risch loszu schreien o der sinnlos um Hilfe zu flehen. Nachdem ich wieder wackelig auf die Beine kam, wurde ich von einem weiteren schwarzen Kerl in die Festung geführt und muss te in einem gr u seligen Raum auf seinen Herrn wartete . Ich war erschöpft, meine Wunde am Rücken schmerzte wie am ersten Tag und ich ha t te mehr Angst als jemals zuvor in meinem Leben. An dies em Ort roch es modrig und es war auf unheimliche Art düster. Erst als sich meine Augen an die Du n kelheit des Raums gewöhnt hatten, erkannte ich skurrile Dinge in Einmachgläsern, diverse T o tenschädel und ausgestopftes Getier. Ohne brutale Vorgeschichte hätte ich womöglich schmu n zeln können
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