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Zeitreise ins Leben (German Edition)

Zeitreise ins Leben (German Edition)

Titel: Zeitreise ins Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Berger
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Friedrich. Herrgott! Diese Vergleiche wurden allmählich lästig .
     
    Für die Abreise bekam ich Blitz, der seit meiner Entführung  aus dem Kloster nicht nach Tsor z u rückgebracht worden war. Die Wiedersehensfreude war groß und Blitz führte ein freudiges Spe k takel auf, weil er mich – trotz Mönchstarnung – natürlich sofort erkannte. Ich streichelte ihn und er zwickte mich dafür überall hin, wo er mich erwischen kon n te. Nachdem wir uns beide beruhigt hatten, schwang ich mich mit Elan in den Sattel und wunderte mich, wie Mönche mit diesem Gewand überhaupt im Herrensitz reiten konnten. Meine beiden Begleiter sahen wenigstens genauso seltsam aus wie ich. Die braunen Kutten rutschten automatisch das Bein hinauf und gaben den Blick auf nackte Haut und plump anzusehende Ledersand a len frei. Die Kapuzen zogen wir uns tief ins Gesicht, sodass wir wirklich alle drei ziemlich gleich aussahen: oben dick vermummt und unten fast nackt. Mir war es nicht weiter unang e nehm, doch Wilhelm schien ein wenig verwirrt über meine nackten Beine. Selbst Bonif a zius schien darüber in Sorge, weil er meinte, dass jeder Reiter und jeder Bauer diese Beine als Frauenbeine entlarven könnte. Doch das war natürlich Unsinn . Es war schlicht die perfekte Ta r nung. Bonifazius ritt als Erster, dann kam ich und zuletzt Mönch Wilhelm, der das Reiten nicht gerade schätz te . Oft hörte ich ihn schwer seufzen und das Pferd unruhig schnauben.
                  „Kann ich Euch irgendwie behilflich sein, Bruder Wilhelm?“, fragte ich besorgt, doch er winkte stets ab.
                  „N-ei-ei-n ... Da-a-anke!“, antwortete er im Takt des Pferdeschritts und ich warf einen mi t fühlenden Blick auf ihn und das Pferd.
                  „Mensch, Wilhelm! Jetzt stell dich nicht so an! Der arme Gaul wird ja ganz unruhig bei de i nem Gehop se “, rief Bonifazius laut, aber mit einem Lachen, das auch mich zum Kichern brachte. Bruder Wilhelm war nicht gerade erbaut über diese Rüge, doch er versuchte sich nun besser den Bewegungen des Pferdes anzupassen und etwas leiser zu jammern. So waren wir insgesamt recht unauffällig unterwegs, obgleich Bonifazius eigentlich zu dick für das kle i ne Pferd war, ich zu schlapp, um gut reiten zu können und Wilhelm gänzlich ungeeignet für e i nen längeren Ritt schien . Doch wir schafften es gut und zügig bis zu Rabenhofs Ländereien . Die kurzen Pausen verliefen problemlos, ebenso wie die wenigen Begegnungen mit Fre m den. Mit jedem Kilometer mehr verspürte ich jedoch eine seltsame Unruhe und spätestens beim steilen Aufstieg zur Burg, wurde mir bewusst, wie groß meine Angst vor Raimund und seiner mö g lichen Ablehnung war. Ich hatte mich ja aus vollem Herzen entschieden, doch wie es um ihn stand, wusste ich nicht.
     
    Schon im ersten Vorhof sah alles ein wenig verändert aus. Die Zeichen der Verwüstung und Plü n derung waren noch deutlich zu erkennen, selbst wenn fleißig gearbeitet wurde und es an allen Ecken und Enden laut hämmerte und klopfte. Im zweiten Hof war die Verwüstung nicht ganz so deutlich oder der Wiederaufbau einfach schneller vorangetrieben worden. Die Me n schen hatten sich ein wenig verändert, wirkten misstrauisch und tuschelten hinter vorgeha l tenen Händen über uns. Zwei dralle Mägde ließen ihre Arbeit stehen, stem m ten ihre Hände in die Taille und sahen keck zu uns herüber. Gänse watschelten seelenruhig vor den Füßen der Pferde auf und ab und flatterten erst in letzter Konsequenz laut schnatternd davon. Ein paar Kinder spielten Nachlaufen und drei Bauern schoben einen voll beladenen Heukarren in e i nen großen Heuschober. Der Duft von Hausbrand und Essen vermischte sich in me i ner Nase zu einer wunderbar heimeligen Komposition. Lediglich das Hauptgebäude der Burg wirkte in seiner Größe und Machart leicht bedrohlich.
                  Raimund stand bereits am Haupteingang und warte. A ls ich ihn endlich sah , bekam ich einen dicken Kloß i m Hals. Das Gefühl war so kribbelig wie bei unserer allerersten Bege g nung , nur dieses Mal kam ich mit mehr Erwartungen und auch mit bedeutend mehr Befürc h tungen zu ihm . S eit dem Tag unserer ersten Begegnung war eine kleine Ewigkeit vergangen und so viel passiert, als wäre es in einem anderen Leben geschehen. Die So n ne stand auch dieses Mal tief und zauberte einen rotgelben Schein auf die Gesichter der Menschen. Neugi e rig blickten alle zu uns, doch erst als

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