Zeitreise ins Leben (German Edition)
spürt hatte. Er mochte ja die Ursache allen Übels sein, doch das verliebte Gefühl durchströmte erneut meinen Körper und tanzte sich geradewegs einen Weg zu meinem Herzen. Hanna entging mein verzücktes Mi e nenspiel natürlich nicht.
„Jakob hat erzählt, dass der Herzog die beiden Wachen vor Friedrichs Türe mit Links erl e digt hat und dann seine schlagfertige Herrlichkeit davon abhielt , dir weiter Gewalt anz u tun. Wie sich das jedoch genau im Schlafraum abgespielt hat, konnte mir selbst Jakob nicht e r zählen. Zu dem Zeitpunkt war er nämlich schon dabei unsere Flucht in die Wege zu leiten. Und als ich dann selbst vor dieser Türe stand und dich in diesem Zustand vor fand ... mein Gott, so wie du da lagst dachte ich schon, ich hätte dich verloren.“ Sie zitterte am ganzen Körper und wischte sich die Tränen fort. Mein Anblick in Friedrichs Räumlichkeiten musste ein g e höriger Schock gewesen sein, aber Hanna hatte die Kraft gefunden, mich zu trösten, auf meine Beine zu stellen und mit mir den weiten Weg bis zur Kutsche zu gehen . Sie war zweife l los eine starke Frau und sie weinte, ebenso wie ich.
„Ich weiß zwar nicht warum, aber Rabenhof hat uns beiden das Leben gerettet und die Flucht ermöglicht. Ohne seine Unterstützung wären wir niemals aus dieser wehrhaften Burg heraus gekommen. Das S eltsame daran ist nur, dass er die Kutsche zum Kloster schon vor dem unschönen Zwischenfall mit dem König bereit gestellt haben muss . Zumindest hat mir das Jakob so erzählt. Und hier in St. Nimmerlein, bei Bruder Bonifazius, sind wir fürs Erste in S i cherheit.“ Sie seufzte zufrieden, denn sie konnte sehen, dass ich nun endlich zu schläfrig war, um weiter nachzubohren. Rabenhof aber war und blieb ein Rätsel für mich.
Es vergingen fünf Tage ehe ich aufstehen durfte. Die Schwellungen im Gesicht waren zurüc k gegangen, die Kopfschmerzen deutlich besser geworden. Lediglich die Rippen schmerzten und stellten mit dem dicken Verband eine Herausforderung für jeden Atemzug dar. Hanna b e suchte mich täglich und brachte oft wunderbare, kleine Leckeren mit. Bruder Bonifazius ha t te mich tagelang nur mit grässlichem Haferschleim und dicker Suppe beglückt, um mein g e schwollenes Kiefer zu schonen, doch mein Magen hatte schon nach zwei Tagen rebe l liert und nach mehr verlangt. So ließ ich mich einmal von dem und dann wieder von dem anderen ve r wöhnen.
An manchen Tagen durften Hanna und ich sogar den Klostergarten besuchen, allerdings nur unter strengster Geheimhaltung und Abschirmung vor den anderen. Wir sollten uns e r holen, dur f ten aber die keusche Männerwelt nicht durch unsere Anwesenheit irritieren. Die Spaziergänge im gepflegten Grün waren wunderbar und wohl die beste Rehabilitation, die ich mir vorstellen konnte. In den ersten Tagen meiner Erholung war ich so mit meiner Genesung beschäftigt, dass ich jede Erinnerung an Rabenhof und das Fest absichtlich verdrängte. Doch mit der Zeit konnte ich die Geschehnisse nicht länger verleugnen, ebenso wenig wie meine Sorge um den Mann, den ich lieb t e. Und natürlich beschäftigte mich die Fr a ge, was wirklich zwischen mir und Friedrich passiert war. Wenn Raimund Rabenhof zu Hilfe geeilt war und den König selbst angegriffen hatte, lag der Schluss nahe, dass er entw e der tot oder zumindest gefangen war . Wirklich wissen konnten wir jedoch nichts und genau diese Ungewis s heit nagte mit jedem Tag mehr an mir. Die Stille des Klosters war dennoch heilsam und ordn e te meine Gedanken. Dazu waren die G e spräche mit Bruder Bonifazius etwas Besonderes, obwohl der gute Mann anfangs eine ganz entzückende Scheu an den Tag gelegt hatte . Unterhaltung mit Frauen war er nicht gewohnt und mein Interesse an seinem Wissen schien ihn ehrlich zu verwu n dern. Vor allem die Tatsache, dass ich ebenfalls lesen und schreiben konnte, war für ihn sehr b e fremdend. Dabei war ich selbst nicht minder überrascht, sowohl Altdeutsch als auch Latein verstehen, lesen und schreiben zu können. Der Zauber hatte viel Umsicht bewi e sen und war, auf seine Art, sogar liebevoll mit mir umgegangen.
Bonifazius war nicht sehr groß gewachsen und mit einem üppigen Bauch ausgestattet. Se i ne dunkelbraunen Augen strahlten Freundlichkeit und Fürsorge aus und wirkten dabei wie dunkle Knöpfe in einem leicht aufgedunsenen Gesicht. Seine
Weitere Kostenlose Bücher