Zeitreise ins Leben (German Edition)
Ich ignorierte ihn, bemerkte aber, dass meine Wut auf ihn ein klein bisschen verraucht war. Für eine Halbleiche hatte er sich bis jetzt überraschend gut gehalten . Jeder andere Mann (außer Raimund, versteht sich) hätte mit Sicherheit längst aufgegeben. Und dafür hatte ich sogar Respekt über . Doch das änderte nichts daran, dass Friedrich ein abartiger S a dist war .
Wir taumelten weiter und krochen aus einer kleinen Öffnung in den Wald. Dort gab es keine Soldaten und auch keinen Hinterhalt. Trotzdem war die Gefahr noch nicht gebannt. Es dä m merte bereits und mir fehlte die Orientierung. Also hockten wir uns zwischen die Fa r ne und ich überlegte weitere Schritte. Das Anwesen befand sich ein ordentliches Stück hinter uns und weiter rechts davon lagen die Stallungen. Zu Hermann hatte ich mittlerweile ein wenig Vertrauen gefasst. Frankofs Unruhe hingegen war mir zu gefährlich. Ein kleiner Ausra s ter, ein Ruf und wir waren verloren . Also schlüpfte ich erneut in meine hysterische Glanzrolle.
„Ich habe absolut nichts zu verlieren, Frankof! Jetzt sind wir schon so weit gekommen, der Rest muss ebenso klappen . Und ich warne dich jetzt noch Dummheiten zu machen! Ich werde nicht zögern dem König die Kehle durchzuschneiden!“ Frankof blickte mich fuchsteufelswild an, wollte etwas erwidern, womöglich Hermann auf seine Seite ziehen, doch ich erkannte di e se Regung schon im Ansatz . A ls hätte ich einen sechsten Sinn oder plötzlich ebenfalls die G a be, Gedanken lesen zu können. Energisch fuhr ich ihn an und ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
„Still “, keifte ich und er veränderte tatsächlich seine Haltung, duckte sich mehr in die Fa r ne. „Dieses königliche Schwein hat mich brutal vergewaltigt und wie einen Hund verpr ü gelt. Was also sollte ich deiner Meinung nach noch zu verlieren haben?“ und bei diesen Worten eri n nerte ich mich nur zu gut an die hämischen Worte Friedrichs und an seine Schläge. Wie pa s send diese Erinnerung doch in dem Moment war und wie sehr sie meinen Hass schürte! Selbst Rabenhof zuckte bei meinen harten Worten zusammen, auch wenn ich diese Regung mehr spüren, als sehen konnte. Meine Wahrnehmung war ungewöhnlich intensiv und vielse i tig und m eine Empfindungen schienen nicht länger an die Grenzen meines Körpers gebu n den zu sein . Es gelang! Frankof war fürs Erste unter Kontrolle.
„Hermann! Du holst zwei Pferde und ein paar Stricke. Wenn du nicht in zehn Minuten z u rück bist, stirbt zuerst Frankof und dann der König!“ Hermann wurde blass und blickte a b wechselnd zu seinem Kollegen und dann zu mir.
„Be eilung “, schrie ich, weil ich bei ihm keinen Platz für Unsicherheit oder eigene Überlegu n gen aufkommen lassen konnte. „Und unterstehe dich, ein Wort mit jemanden zu wec h seln, sonst ...!“ Ich sprach es nicht aus, machte aber eine entsprechende Geste am Hals des K ö nigs. O h ne ein Wort machte sich Hermann bereit und sprintete in gebückter Haltung fort.
Friedrich war inzwischen doch ohnmächtig geworden und e rneut musste ich ihm zugest e hen, dass er sich tapfer gehalten hatte. Für mich grenzte es sogar an ein Wunder, dass er mit seiner schweren Verletzung und dem starken Luftmangel so weit gekommen war. Sein köni g licher Stolz hatte ihn nicht aufgeben lassen und bis zuletzt eine schmähliche Ohnmacht ve r hindert. Doch selbst ein König hatte irgendwann einmal keine Kraft mehr. Als er nun so b e wusstlos in meinen Armen la g, fand ich ihn zum ersten Mal richtig anziehend. Wahrschei n lich lag es an meinem katastrophalen Ausnahmezustand oder an der Macht die ich als Ge i selnehmerin über ihn hatte, aber plötz lich fand ich das königliche Scheusal durchaus bege h renswert . Se i ne kranke Ader, sein Sadismus hatte mich extrem abgestoßen, doch in seiner Ohnmacht wirkte er friedlich. Hier war nichts zu sehen von fehlgeleiteter Besessenheit oder einem Ir r sinn, wie ich ihn d ie letzte halbe Stunde selbst verspürt hatte. In eben dieser halben Stunde hatte er viel durchgemacht und der Tod als Strafe war mir gewiss. Aber dafür musste er mich erst einmal erwischen.
Zehn Minuten waren mit Sicherheit schon vorüber und meine Nerven zum Zerreißen g e spannt. Von Herman n war weit und breit keine Spur. Frankof
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