Zeitreisende sterben nie
lachte, als er indirekt darauf zu sprechen kam, erzählte, wie schön es wäre, könnte er seine Schüler zu einem Ausflug in das Athen des fünften Jahrhunderts vor Christi mitnehmen, um ein Schauspiel, vielleicht eine Aufführung von Medea zu verfolgen.
»Können deine Schüler Griechisch?«, fragte Shel.
»Mehr oder weniger.«
»Können sie?«
»Nicht so gut.«
»Das dachte ich mir.« Er grinste. »So ein Ausflug würde die akademische Gemeinschaft aber ziemlich aufscheuchen.«
»Und, nehme ich an, auch einige Eltern.«
»Dave«, sagte Shel. »Ich habe etwas entdeckt, was uns helfen könnte, meinen Vater zu finden.«
»Was denn?«
»Ich habe mir seinen Computer angesehen. Er ist wie du, er hatte immer ein besonderes Interesse an der klassischen Antike. Als wir früher nach Griechenland und Syrien gereist sind, hat er mir, ich weiß nicht mehr wie oft, irgendwelche Stätten gezeigt, an denen nichts als Schutt zu sehen war, und mir erklärt, dass dort mal ein Tempel der Juno oder was immer gestanden hatte. Ihn hat immer geärgert, dass die Christen, als sie das Reich eroberten, so viel von der Architektur zerstört haben. Und von der Literatur.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Er hat lange Zeit Informationen über Aristarchos gesammelt.«
»Wer ist...?«
»Er war der Leiter der Bibliothek von Alexandria in ihrer Glanzzeit.«
»Dein Vater war — ist - Physiker.«
»Mein Dad ist ein Universalgelehrter.«
»Okay. Das ist interessant. Aristarchos war einmal der Hüter des Weltwissens. Also, was ...«
»Die Chancen stehen gut, dass mein Vater, als er plötzlich die Möglichkeit hatte, in der Zeit zu reisen, gedacht hat, Aristarchos wäre genau der Kerl, mit dem er gern zu Mittag essen würde. Mehr noch als Galileo.«
»Wie lange war er dort? In der Bibliothek?«
»Etwa sechs Jahre. Von 153 vor Christi bis etwa 147. Jedenfalls will ich dahin und nachfragen. Ich werde versuchen, ein wenig Griechisch zu lernen, also wird es noch eine Weile dauern.« Er zögerte. »Kommst du mit?«
»Klar. Das möchte ich nicht verpassen. Aber ich habe eine Bedingung.«
»Okay.«
»Ein Großteil der Werke der griechischen Dramatiker ist verloren. Weißt du, nur als Beispiel, wie viele der Stücke von Sophokles bis heute überdauert haben?«
Shel hatte keine Ahnung.
»Sieben.«
»Das klingt nicht so schlecht.«
»Von über hundert.«
»Oh.« Shel lehnte sich zurück. »Tja, wir könnten doch einen Nachmittag in der Bibliothek einplanen und ein paar Fotos machen.«
»Es wäre kriminell, es nicht zu tun.«
»Okay, dann sind wir uns einig.«
»Wann reisen wir hin?«
»Sagen wir, in ein paar Wochen. Ich brauche ein bisschen Zeit für meinen Intensivkurs.«
»Da gibt es allerdings noch ein Problem.«
»Das wäre?«
»Du willst nicht, dass irgendjemand von den Konvertern erfährt.«
»Richtig. Darüber habe ich auch nachgedacht. Wenn wir etwas von dem Zeug in die Gegenwart retten können, wie erklären wir dann, wo wir es herhaben?«
»Bingo.«
»Über die Brücke gehen wir, wenn wir sie erreicht haben, Dave. Schau, wir können auch alles, was wir Finden, anonym verschicken. Beispielsweise an ... ich weiß nicht... die Penn. Oder die Temple. Vielleicht verteilen wir unsere Funde auch.
Geben jedem ein bisschen. Die werden verrückt, wenn sie versuchen herauszufinden, wo das hergekommen ist.«
»Sie werden die Stücke für Fälschungen halten.«
»Natürlich werden sie. Aber ich wette meinen Fuß, dass die Experten, wenn sie die Gelegenheit bekommen, einen Blick darauf zu werfen, herausfinden werden, dass es keine sind.« Er schenkte ihre Gläser nach. »Was meinst du?«
»Ich sage, wir versuchen es. Und ich weiß auch schon genau, wem wir das Zeug schicken.«
»Wem?«
»Sie heißt Aspasia. Sie war eine Kommilitonin von mir.«
»Griechin?«
»Kommt mir ganz passend vor.«
Am folgenden Abend trafen sie sich zum Essen. Helen begleitete Shel, Dave nahm Madeleine Carascu mit, eine Angehörige der Englischfakultät der Penn. Wie Dave hatte sie rotes Haar und grüne Augen. Außerdem verfügte sie über ein strahlendes Lächeln, eine schnelle Auffassungsgabe und tonnenweise Energie. Genau die Art Frau, die so viele Reize ihr Eigen nennt, dass die meisten Männer vor ihr zurückschraken. Nicht so Dave, denn der war während des größten Teils des Abends damit beschäftigt, sich Hoffnungen zu machen, Helen könnte eifersüchtig werden.
Sie gingen ins Chart House an der Delaware Avenue, ein Lokal mit einem
Weitere Kostenlose Bücher