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Zeitreisende sterben nie

Zeitreisende sterben nie

Titel: Zeitreisende sterben nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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den Geruch des Waldes liebte, aber es war Januar, und wenn es auch ein vergleichsweise angenehmer Tag war, kam die Heizung doch nicht gegen die Kälte an, also drehte er sie nach wenigen Minuten wieder herauf. Er hielt sich abseits der Schnellstraße und nahm stattdessen jede zweispurige Straße, die er finden konnte, wenn sie nur grob in die richtige Richtung führte. Er passierte Bauernhäuser und Scheunen. Er fuhr durch Kleinstädte und winkte jedem zu, der in seine Richtung schaute. Einige erwiderten die Geste; andere dachten vielleicht, er wäre übergeschnappt. An diesem dritten Tag des neuen Jahres war ihm das völlig egal.
    Irgendwann stieß er auf mehrere Schilder, die auf einen Ort namens Shel's Diner verwiesen. DIE BESTEN
    SPEISEN NÖRDLICH DER MASON-DIXON-LINIE. Für ihn hörte es sich wie ein Ruf des Schicksals an, also steuerte er den Parkplatz an, ging hinein und bestellte einen doppelten Cheeseburger, was gar nicht zu seiner üblichen Ernährungsweise passte, aber das war nicht wichtig. Nicht heute.
    Er verirrte sich einige Male, und die Leute, die er nach der Richtung fragte, wollten ihm stets erklären, wie er zur Interstate käme. Aber das Leben, dachte er, ist keine Schnellstraße. Zumindest nicht, wenn man klug genug ist. Die Interstate dient nur dazu, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Genau. Das Leben ist eine Straße voller Kurven, vielleicht liegt irgendwo jemand auf der Strecke, vielleicht hält man wegen ein paar Donuts mit Zuckerguss mal an.
    Oder wegen Häusern mitten im Nirgendwo. Und attraktiven Frauen in Mini-Märkten.
    Der Kerl in dem Pick-up hinter ihm hupte. Eine doppelte Linie prangte in der Straßenmitte, also durfte er nicht überholen. Manchmal, dachte Dave, sollte man aufs Gas treten. Und er tat es. Sie umrundeten eine Kurve, die Straße wurde breiter, und der Pick-up donnerte vorbei. Der Fahrer zeigte ihm den hochgereckten Mittelfinger.
    Auch das war egal. Nichts konnte an diesem Nachmittag das dümmliche Grinsen aus seinem Gesicht wischen.
    Es stand außer Zweifel, dass er Shel von dem Konzert erzählen würde. Das musste er tun. Und falls Shel daraufhin be-schloss, den Konverter zu konfiszieren, auf dass er es nie wieder hören konnte, na und?
    Am späten Nachmittag hielt er vor Shels Haus an. Shel kam schon zur Tür, ehe er klingeln konnte. »Du siehst gut aus«, sagte er.
    »Mir geht es auch gut.«
    Sie gingen hinein und setzten sich ins Arbeitszimmer. Während Shel sich aufmachte, Drinks für sie zu bereiten, legte Dave die Füße auf ein Kissen. Der König der Welt.
    Shel nahm zwei Gläser aus dem Schrank, warf Eiswürfel hinein und drehte sich zu Dave um. »Was ist los?«, fragte er.
    »Hast du je die Reichweite überprüft?«
    »Von dem Konverter? Ja.«
    »Und?«
    »Irgendwas um die sechsunddreißigtausend Jahre.«
    »Das ist ein bisschen mehr, als meiner schafft. Wahrscheinlich hängt das von der Batterieladung ab, was meinst du?«
    »Woher weißt du das, Dave? Du hast das doch nicht getan, oder? Du bist nicht zurück zu den Wilden gesprungen?
    «
    »Nein. Aber ich bin stromabwärts gereist.«
    »Voraus.«
    »In die Zukunft, genau. Und ich freue mich, sagen zu können, dass alles gut werden wird.«
    »Wie meinst du das?«

    »Keine Eiszeit. Es wird immer noch Menschen geben. Denke ich. Und es wird ihnen gut gehen.«
    »So?« Shels Miene verfinsterte sich. »Dave, ich wünschte, du würdest mit diesem Unsinn aufhören. Das ist unverantwortlich.«
    »Wer sagt das? Wo liegt bei dem Abstand das Risiko?«
    »Ich weiß es nicht«, erboste sich Shel. »Das macht es ja gerade so gefährlich.«
    »Komm schon, Shel. Rede keinen Unsinn.«
    »Also gut. Du hast mir dein Wort gegeben. Und du hast es gebrochen. Du hast versprochen, nichts Derartiges zu tun.«
    Dave konnte sich nicht erinnern, ein solches Versprechen abgegeben zu haben, aber er ließ es dabei bewenden.
    Als Shel keine Antwort erhielt, widmete er sich wieder den Drinks. »Also, was hast du gesehen?«
    Dave erzählte ihm von dem dichten Wald auf dem Berg. Von den Lichtern. Und der Musik.
    »Das ist alles?«
    »Shel, wir haben überlebt. Trotz des ganzen Geredes über Klimaveränderungen, unkontrollierten Fortschritt und frei verfügbare Nuklearwaffen, sind wir auch dann noch da.«
    »Tja, das ist schön. Du bist nicht zufällig näher herangegangen? Hast das Konzert aus der Nähe verfolgt?«
    »Nein. Ich dachte mir, ich lehne mich einfach zurück und höre zu.«
    »Also weißt du auch nur, dass du Musik gehört

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