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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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schaute dabei ins Dunkle, um nicht geblendet zu werden. Lord Elgin lag noch am Boden und schob sich rücklings weiter von dem Geschehen weg.
    Randall duckte sich unter einem Machetenhieb weg und wich zurück, ehe die Klinge nachsetzte. Er entkam dem scharfen Stahl ohne Anstrengung, trat leichtfüßig hinter seinen Gegner und nahm ihn in den Schwitzkasten. Mit einer gewaltsamen Drehung des Kopfes brach er ihm das Genick, und der Mann fiel mausetot Lord Elgin vor die Füße.
    Kein Brite hatte je solche kampftechnischen Leistungen gesehen.
    Niemand rührte sich, nur das Feuer prasselte munter weiter. Drei Attentäter der Qing lagen tot mit dem Gesicht im Staub, einer verbrannte im Lagerfeuer; der Gestank davon stieg allen in die Nase.
    Sir Hope schließlich rannte in sein Zelt und kam mit dem Säbel in der Hand wieder zum Vorschein.
    Parkes begab sich nervös an Lord Elgins Seite, desgleichen General Napier, und gemeinsam halfen sie ihm auf die Beine und zu dem verbliebenen Lehnstuhl.
    »Sind Sie wohlauf?«, fragte Randall, doch der schwergewichtige Mann blieb sprachlos.
    Parkes sah sich unruhig nach allen Seiten um. »Wo zum Teufel haben Sie so kämpfen gelernt?«, fragte er.
    »Ich habe nur versucht, Lord Elgin zu schützen«, antwortete Randall ausweichend.
    »So etwas habe ich noch nie erlebt«, bekräftigte Napier.
    »Danke, mein Junge«, sagte Elgin endlich, nachdem er sich den Staub aus der Kehle geräuspert hatte. »Sie sind mir zu Hilfe gekommen. Das ist mehr, als man von diesem Haufen sagen kann.« Er blickte Parkes an. »Hol mir einen Cognac, Harry. Und Mr. Chen auch einen. Nach dieser Vorstellung verdient er mit Respekt behandelt zu werden.«
    Ihm war sehr wohl bewusst, dass der Anschlag Chen gegolten hatte. Wie es schien, war er ein wertvoller Aktivposten – und die Qing wussten das. Parkes dachte das Gleiche: Wenn diese den Chinesen töten wollten, musste es von Vorteil sein, ihn am Leben zu lassen.
    »Um was soll ich mich sonst noch kümmern?«, fragte er an Elgins Ohr.
    »Nur um den Cognac, Harry«, flüsterte Elgin zurück.
    Nun trabten Punjab-Soldaten mit Gewehren heran und bezogen mit dem Gesicht nach außen rings um das Lagerfeuer Posten.
    Randall blickte auf die Leichen. Es war das erste Mal, dass er jemandem das Leben genommen hatte. Er hätte gern Reue empfunden, doch seltsamerweise fühlte er sich energiegeladen. Er war der Stärkere gewesen, und der Stärkere obsiegt. Die Attentäter waren bestimmt von Senggerinchin gekommen, wurde Randall klar. Sie mussten sich nach der Niederlage der Qing unter die Kulis gemischt haben. Anscheinend bewahrheiteten sich seine schlimmsten Befürchtungen: Senggerinchin wich nunmehr vom Lauf der Geschichte ab – der Überfall bewies das. Solange der Mongolenprinz lebte, war die Zukunft ungewiss.
    »Die hat Senggerinchin geschickt«, sagte Randall. »Er macht sich über die Macht des Empires lustig. Er lacht der Königin ins Gesicht. Wenn der Vertrag von Tientsin durchgesetzt werden soll, muss er getötet werden. Vorher werden die Qing glauben, sie hätten eine Chance, Sie aus dem Land zu treiben.«
    Für den Augenblick war Lord Elgin bereit, ihn zu unterstützen. »Das Empire wird sich vor keinem beugen – ob mongolischer Prinz oder chinesischer Kaiser«, sagte er stolz. »Wir werden siegen.« Er zeigte auf die beiden Toten. »Schafft sie hier weg. Und haut ihnen den Kopf ab, bevor ihr sie verscharrt. Grabt ein Loch für den Rumpf und eins für den Kopf.«
    Der Befehl jagte Randall einen Schauder über den Rücken. Die Chinesen glaubten, dass die Seele nicht ins Jenseits gelangen konnte, wenn Kopf und Rumpf getrennt begraben wurden. Das war Lord Elgins Rache für den Überfall.
    In der Dunkelheit verborgen, verfolgte Low Wu, was sich am Lagerfeuer abspielte. Nachdem seine Gelegenheit verstrichen war, verhielt er sich so still wie möglich. Es gab keinen Grund, den Blauäugigen jetzt noch anzugreifen, besonders nicht nachdem er gesehen hatte, wie seine Mitverschwörer umgekommen waren. Die roten Teufel würden nun bald feststellen, dass Low Wu keiner ihrer Kulis war. Am wichtigsten schien ihm jetzt zu sein, Senggerinchin von der Kampfkunst des Blauäugigen zu berichten – und wie verbissen er Lord Elgin beschützt hatte. Also war schnelle Flucht geboten, und so zog sich Low Wu weiter in die Dunkelheit zurück und hoffte, unentdeckt aus dem Lager der Feinde zu entkommen.

15.
Tientsin, China
100 Kilometer südöstlich von Peking
1. September 1860
Ortszeit: 17.23

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