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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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sachliche Experimentator selbst einem Anstoß unterworfen. Er erhielt einen vage bekannten Stoß von dem vergewaltigten Teilchen, und das bedeutete, daß auch der Beobachter quantenmechanisch war. Er war Teil des Systems. Das Experiment war größer und komplexer als die schlichten Vorstellungen der Vergangenheit. Alles war Teil des Experiments, niemand konnte sich von ihm isolieren. Man konnte einen zweiten Beobachter ins Gespräch bringen, größer als der erste und von dem Experiment unbeeinflußt – aber das brachte das Problem nur eine Stufe weiter. Das letzte Hilfsmittel war, das ganze Universum als den »Beobachter« zu betrachten, so daß sich ein in sich geschlossenes System ergab. Aber das hieß, daß man das gesamte Problem der Bewegung des Universums auf einmal lösen mußte, ohne es in praktikable, getrennte Experimente zu zerlegen.
    Die Kernfrage des Problems war: Was ließ das Teilchen an nur einer einzigen Stelle auftauchen? Warum wählte es eines der möglichen Stadien und kein anderes? Es war, als hätte das Universum viele verschiedene Möglichkeiten, und irgend etwas brachte es dazu, nur eine spezielle zu wählen.
    Markham blieb stehen und blickte zur Great St. Mary’s hinauf. Ein Student blickte über den Rand, ein runder Kopf vor dem stählernen Blau.
    Welches war die richtige Analogie?
    Der Tachyonenstrahl schuf das gleiche Problem. Wenn seine Annahmen richtig waren, gab es eine Wahrscheinlichkeitswelle, die vorwärts und rückwärts in der Zeit verlief. Die Einbringung eines Paradoxes ließ die Welle zu einer Schleife werden; das System verfiel in einen perplexen Wahnsinn, war nicht mehr fähig zu entscheiden, in welchem Zustand es sich befinden sollte. Etwas mußte die Wahl treffen. Gab es hier eine Analogie? So etwas wie einen unbewegten Beobachter, der die Zeit vorwärts statt rückwärts fließen ließ?
    Wenn es das gab, dann fand das Paradox eine Antwort. Irgendwie mußten die Gesetze der Physik eine Antwort geben. Aber die Gleichungen waren stumm, unergründlich. Wie immer war die Grundfrage, die von der Mathematik beantwortet wurde, die Frage nach dem Wie, nicht die nach dem Warum. Mußte der unbewegte Beweger sich einschalten? Wer war er – Gott? Möglich war es.
    Frustriert schüttelte Markham den Kopf. Die Gedanken schwärmten wie Bienen, aber er konnte sie nicht festhalten. Plötzlich brummte er laut und ging durch eine Reihe radelnder Studenten zu Bowes & Bowes hinein.
     
    Die Auswahl wurde spärlich. Die Buchverlage hatten Probleme, befanden sich auf dem Rückzug vor der Flutwelle des Fernsehens. Eine Frau, die die Kasse bediente, erregte seine Aufmerksamkeit – recht sexy. Aber zu jung für sein Alter, dachte er bekümmert. Er näherte sich dem Stadium, in dem seine Wünsche fast immer über seinen Bereich wahrscheinlichen Erfolgs hinausgingen.
    Das Tachyonenproblem beschäftigte ihn noch immer, als er an Cav vorbei durch die Badezone nach Hause ging. Eine Grünfläche, von altersher als Lammas Land bekannt, lag unter einem feuchtwarmen Nachmittag. Es herrschte eine Stille, als stünde das Jahr reglos auf der Spitze eines hohen Berges, auf die es, dem Winter entfliehend, gestiegen war und von der es schon bald wieder absteigen mußte. Er wandte sich nach Süden, auf Grantchester zu, wo der Kernreaktor noch im Bau war. Mit all den Verzögerungen würden sie es anscheinend nie schaffen, den zerquetschten Tischtennisball über dem brodelnden Kern zu vollenden. Die umliegenden Wiesen waren eine Oase ländlichen Friedens. Kühe im tintigen Schatten der Bäume vertrieben mit zuckendem Schwanz die Fliegen. Einschläfernde Laute drangen an sein Ohr; das Gurren der Tauben, das Surren eines Flugzeugs, Summen und Knacken. In der Luft vermischten sich die Gerüche von Disteln, Schafgarbe, Kreuzkraut und Farn. Aus dem üppigen Grün sprangen Farben wie aus einem Hinterhalt heraus: gelbe Kamille, blaue Glockenblumen, scharlachroter Gauchheil.
    Als er nach Hause kam, war Jan mit Lesen beschäftigt. Sie liebten sich mit trägen Bewegungen in dem oberen engen Schlafraum und tränkten die Laken mit ihrem Schweiß. Anschließend blitzte das Bild der Frau bei Bowes & Bowes kurz in seinen schläfrigen Gedanken auf. Moschusfülle hing in der Luft. Der lange Tag erstreckte sich bis zehn Uhr am Abend und hielt die Nacht fern. Als er im bleichen Abendlicht eine Berechnung prüfte, mußte Markham daran denken, daß irgendwo auf dem Planeten irgend jemand für diesen längsten Sommertag in der harten

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