Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
einem weiteren Agenten, und schlüpft in den Fond des Wagens. Auch ohne sein Gesicht zu sehen, weiß ich, dass es James ist. Die beiden Fernsehteams, die noch hier sind, müssen das wohl auch denken, denn sie beginnen zu filmen.
»Bin schon unterwegs«, sagt Finn in mein Ohr, während ich den anderen Finn – Gott, er sieht so jung aus – hinter James ins Auto klettern sehe. »Was machen sie jetzt?«
»Sie steigen mit ein paar Agenten in ein Auto.«
Er flucht.
»Finn, wenn sie ihn in Schutzhaft nehmen, werden wir nie …«
»Ich weiß.« Ich kann sein angestrengtes Atmen hören, während er zu mir läuft. »Komme schon.«
Marina taucht als Nächste auf. Das heißt: Ich tauche als Nächste auf. Es ist das erste Mal, dass ich mein altes Ich zu Gesicht bekomme, und mein Herz krampft sich vor Sehnsucht nach dem Mädchen zusammen, das ich einmal war. Sie wirkt kratzbürstig und oberflächlich, aber nur, weil sie nicht gelernt hat, sich selbst zu mögen. Wie kann sie nur nicht sehen, dass sie schön ist, etwas Besonderes? Alles, was sie sieht, ist James, und sie neigt sich ihm zu wie eine Blume der Sonne.
»Beeil dich, Finn!«, sage ich.
Er kommt um die Ecke des Krankenhauses gelaufen, als sich der Crown Vic am entgegengesetzten Ende des Parkplatzes in Bewegung setzt.
»Schnell, sonst sind sie weg!«
Finn rennt an mir vorbei. »Pass auf, wohin sie fahren«, sagt er ins Handy. »Ich durchsuche ein paar Straßen.«
Ich beobachte, wie der Wagen rechts aus dem Parkplatz fährt und vor der Ampel an der Ecke anhält. Er biegt links ab, als die Ampel auf Grün springt, und ich folge ihm mit meinen Blicken, bis er außer Sichtweite ist. Ich drehe mich um und gehe Finn nach. Ich finde ihn zwei Blocks vom Krankenhaus entfernt.
»Sie fahren nach Norden«, sage ich, als ich bei ihm bin.
Er schlängelt sich durch die parkenden Autos am Straßenrand, reibt an den vereisten Scheiben und späht nach drinnen. Er findet, was er sucht, in einem staubigen blauen Honda und zieht die Waffe aus dem Rucksack. Mit dem Griff schlägt er das Seitenfenster ein. Das Klirren von zerspringendem Glas klingt furchtbar laut in meinen Ohren, aber weder Rufe noch Sirenen folgen darauf. »Dann wollen sie nach Georgetown«, sagt er.
»Vielleicht. Ich hoffe es.«
Er greift durch die gezackten Zähne der geborstenen Scheibe und entriegelt das Schloss auf der Fahrerseite. Dann rutscht er hinters Lenkrad und öffnet die Beifahrertür für mich, und ich sehe zu, wie er die Kabel unter dem Steuer hervorzieht und sich daranmacht, das Auto kurzzuschließen, wie er es in den Jahren unserer Flucht ein Dutzend Mal getan hat.
Nach mehreren Versuchen und zahlreichen Flüchen erwacht der Wagen dröhnend unter uns zum Leben, und wir fahren los, in dieselbe Richtung, die auch der Crown Vic genommen hat. Zurück nach Georgetown.
Zurück nach Hause.
Marina
Der Haupteingang ist verstopft mit Besuchern der Mahnwache und Presseleuten, und die Auffahrt vor der Notaufnahme muss frei bleiben, deshalb führen uns die Polizisten und Männer in dunklen Anzügen zu einem kleinen Notausgang an der Seite des Gebäudes. Einer der Agenten – ich glaube, er heißt Morris – holt den Wagen, während sein Partner, Spitzer, mit uns hinter der Tür wartet. Spitzer versichert uns, dass sie den Parkplatz durchkämmt und die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Krankenhaus verschärft haben, aber ich warte trotzdem angespannt auf das Geräusch eines Schusses, denn mittlerweile habe ich das Gefühl, sie können jederzeit und von überallher kommen.
Als Morris vorfährt, flankieren Spitzer und ein Polizist James beim Einsteigen. Finn geht als Nächster und nimmt die gegenüberliegende Wagentür, und dann bin ich dran. Ich stürze praktisch durch die nächstbeste Tür, sodass James nun zwischen uns sitzt. Spitzer lässt sich auf dem Beifahrersitz nieder, und wir fahren los Richtung Georgetown. Der Himmel jenseits der Fenster ist stahlgrau, die Nacht fast vorüber. Ich bin nicht sicher, ob es mich überrascht, dass so viel Zeit vergangen ist, oder ob es mich schockiert, dass es so wenig Zeit ist.
»Sollen wir Sie als Ersten heimfahren?«, fragt Morris mit Blick in den Rückspiegel zu Finn.
»Schon okay«, sagt Finn. »Ich nehme die U-Bahn.«
Morris runzelt die Stirn. »Sicher?«, fragt er. »Ich glaube nicht, dass die U-Bahn so früh fährt, und …«
»Ich bin mir sicher«, fällt ihm Finn ins Wort, und mir wird klar, dass ich gar nicht weiß, wo er wohnt.
James schweigt,
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