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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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höhere Hermeneutik an einer großen Universität Appalachias, der eine junge Studentin in seine luxuriöse Zweizimmerwohnung eingeladen und ihr nach ihrer Weigerung, sich auf sexuelle Beziehungen einzulassen, einen Kurzschluß der Schmerzzentren zugefügt hatte. Anschließend hatte er sie vergewaltigt und ohne jede Sinnesempfindung auf die Straße gejagt. Warum? »Eine Frage des männlichen Stolzes«, erklärte er dem Beamten, der ihn festnahm. ›Der lateinamerikanische Begriff des Machismo -‹
    Er hatte seinen Stolz. Aber das Mädchen würde nie mehr etwas empfinden. Weder Schmerz noch Lust, wenn der Schaden nicht durch einen chirurgischen Eingriff behoben werden konnte.
    Und hier der unerfreuliche Bericht über eine Versammlung von Gläubigen des Kults gemeinsamen Erbrechens, die nicht zu mystischen Erlebnissen, sondern zu einer Tragödie geführt hatte. Einer der Gläubigen hatte, getrieben von unergründlichen Motiven der Grausamkeit, heimlich drei Kristalle pseudolebendiges Glas in seinen Mageninhalt getan, bevor er ihn seinen Genossen überließ. Das Glas, in zusagender Umgebung zur Ausdehnung veranlaßt, hatte die inneren Organe der Opfer auf tödliche Weise durchbohrt. »Das war ein schrecklicher Irrtum«, erklärte der Täter. »Ich hatte die Absicht, selbst einen von den Kristallen zu schlucken und mit den anderen Qual und Erlösung zu teilen. Bedauerlicherweise –«
    Der Bericht rührte in Quellen eine Saite des Entsetzens an. Die meisten dieser täglichen Alptraumberichte ließen ihn kalt, aber zufällig war Judith Mitglied eben dieses Kults, und an Judith dachte er seit Helaines Besuch immer wieder. Quellen hatte Judith seit seiner letzten Rückkehr aus Afrika nicht gesehen, nicht einmal von ihr gehört. Es mochte sehr wohl Judith gewesen sein, die diese teuflischen Kristalle von pseudolebendem Glas geschluckt hatte. Es könnte sogar ich gewesen sein, dachte Quellen angeekelt. Ich sollte Judith bald anrufen. Ich habe sie nicht beachtet.
    Er ging weiter die Berichte durch.
    Nicht alle neuesten Verbrechen waren so einfallsreich gewesen. Es gab die übliche Anzahl von Erschlagenen, Erstochenen, von Laserstrahlen Erschossenen und anderen konventionell Umgebrachten. Aber die Bandbreite für Verbrechen war unendlich groß, ausgefallene Abscheulichkeiten waren das Merkmal der Zeit. Quellen schlug Seite für Seite um und notierte seine Beobachtungen und Empfehlungen. Dann schob er das ganze bedrückende Material beiseite.
    Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sich die Spule anzusehen, die Brogg im Rahmen der Springer-Ermittlungen als Beweisstück B bezeichnete. Brogg hatte erklärt, sie beträfe Beweismaterial am Rande für Zeitreisen außerhalb der registrierten Zone von 1979 bis 2106. Quellen schob die Spule ins Gerät und lehnte sich zurück.
    Es handelte sich um Broggs gewissenhafte Ausschlachtung von Annalen des Okkulten. Der UnterSek hatte Hunderte von Berichten über rätselhafte Erscheinungen gesammelt, offenbar in der Annahme, sie könnten Zeitreisende aus einer Phase vor den Springern betreffen. »Ich möchte darauf hinweisen«, stellte Brogg fest, »daß der normale Bereich der Zeitreisen zwar die fünfhundert Jahre vor der Jetztzeit umfaßt, es aber Beispiele gegeben hat, wo es zu einem Überschießen in eine viel frühere Zeit kam.«
    Mag sein, dachte Quellen. Er betrachtete das Material mit distanzierter Neugier.
    Etwa: Die Angaben von Giraldus Cambrensis, Chronist, geboren ca. A. D. 1146 auf der Burg Manorbier in Pembrokeshire. Giraldus erzählte die Geschichte eines rothaarigen jungen Mannes, der unerwartet im Haus eines Ritters namens Eliodore de Stakepole im westlichen Haus aufgetaucht sei:
    ›Dieser fremde Mann sagte, er heiße Simon. Er nahm dem Seneschall die Schlüssel ab und auch den Posten, aber er war so klug und tüchtig, daß im Haus, das immer wohlhabender wurde, nie etwas verlorenging oder fehlte. Wenn sein Herr oder seine Herrin an etwas dachten, das sie gern gehabt hätten und es nicht einmal aussprachen, las er ihre Gedanken, und schon besorgte er es, auch ohne Befehl. Er wußte, wo sie ihr Gold und die Juwelen versteckten. Er sagte zu ihnen: »Warum dieses Knausern um Euer Gold und Silber? Ist das Leben nicht kurz? Dann genießt es, gebt Euer Gold aus, oder Ihr sterbt, ohne das Leben genossen zu haben, und das Geld, das Ihr so bedachtsam hortet, wird Euch nichts nützen.« Er legte Wert auf die gute Meinung von Dienern und Knechten und gab ihnen das Beste zu speisen und

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