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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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ihre Verlobung zu lösen? Wie kannst du ihr erklären, was du über Jake weißt? Und ich hatte keine Antwort darauf. Ich beschleunigte meine Schritte, als würde mich das der Lösung näher bringen, und eilte zum Gramercy Park und zu Julia. Aber dann wurde ich wieder langsamer. Es war eine einfache Entscheidung, die ich gestern Abend getroffen hatte, aber jetzt: Was zum Teufel sollte ich ihr sagen? Stellen Sie bitte keine Fragen, aber … Julia, vertrauen Sie mir einfach, aber Sie können ihn nicht heiraten … Bitte verlangen Sie nicht irgendwelche Erklärungen, aber …
    Vor dem Abendessen saß ich im Salon von Gramercy Park neunzehn. Der Tag ging langsam zur Neige, mit der einbrechenden Dunkelheit kehrte die winterliche Kälte wieder zurück. Ich saß mit Felix und Byron zusammen und tauschte mit ihnen einzelne Teile von Felix’ Evening Sun aus. Felix freute sich, dass ich seine Kamera benutzt hatte, und weigerte sich entschieden, die Bezahlung, die ich ihm für die Platten angeboten hatte, anzunehmen; nach dem Abendessen, sagte er, wolle er die Platten entwickeln und Papierabzüge machen. Maud Torrence kam herunter, schließlich auch Jake. Tante Ada und Julia deckten im Esszimmer den Tisch, Julia blickte zweimal zu mir hinüber. Ich starrte sie an und überlegte mir, wie ich das tun konnte, was ich zu tun vorhatte.
    Langsam begann ich verrückt zu werden. Ich betrachtete Jake, der an dem großen Ofen saß und seine Zeitung las. Von Zeit zu Zeit schaute er auf, als fiele es ihm schwer, ruhig sitzen zu bleiben, runzelte die Stirn und fuhr sich öfter mit der Zunge über die Lippen. Da wusste ich, dass ich es nicht zulassen würde, dass er Julia heiratete. Aber ich wusste nicht, wie ich es verhindern sollte.
    Während des Abendessens saß er mir am Tisch beinahe direkt gegenüber; ich wollte ihn piesacken, wollte auf ihn losgehen – ich konnte nicht anders. Maud Torrence erzählte von einem Professor Peirce, der gerade vor der New Yorker Akademie der Wissenschaften einen Vortrag gehalten hatte über die Vorteile, nationale und internationale Zeitzonen einzurichten. Beim weiteren Zuhören erfuhr ich, dass es nirgendwo im Land oder auf der Welt standardisierte Zeiten gab. Jede kleine Stadt konnte sich ihre eigene Zeit heraussuchen. So variierte die Zeit in Städten, die nur einige Meilen auseinanderlagen, oft beträchtlich; manchmal elf, manchmal siebzehn oder einunddreißig Minuten. Eisenbahnstationen besaßen mehrere Uhren, die die Zeit von verschiedenen Orten anzeigten; Byron bemerkte, dass es fast unmöglich sei, Eisenbahnfahrpläne für die langen Ost-West-Routen zu erstellen, da die Orte, die die Züge passierten, über siebzig verschiedene Zeiten hatten. Professor Peirce schlug Zeitzonen vor, die Atlantic Time, Mississippi Time, Rocky Mountain Time und Pacific Time genannt werden sollten. Ich wollte bereits eine Vorhersage wagen, unterließ es dann aber; Jake interessierte mich im Moment mehr.
    Als Maud mit ihrer Geschichte fertig war, sagte ich, der Wahrheit entsprechend: »Ich war heute oben im Central Park und«, eine Lüge, »sprach mit einem Mann, der meinte gesehen zu haben, wie Inspektor Byrnes vorbeifuhr. Er klang, als habe er eine wichtige Persönlichkeit getroffen. Wer ist dieser Inspektor Byrnes?«
    Es funktionierte hervorragend: Jakes Mund klappte so fest zu, dass Ober- und Unterlippenbart nicht mehr zu unterscheiden waren, in seinen Augen blitzte es auf, als er mir einen Blick zuwarf. Wie immer, wenn man eine Gemeinheit ausführt und damit Erfolg hat, stellt sich kein Gefühl des Triumphs ein; ich fühlte mich eher klein und nichtswürdig, allerdings nicht ohne einen Anflug fröhlicher Schadenfreude, denn das Thema wurde sofort aufgegriffen. Mindestens drei antworteten gleichzeitig. Es war offensichtlich, dass der Name ›Inspektor Byrnes‹ einen interessanten Beigeschmack hatte.
    »Dieser Mann!«, rief Tante Ada aus, und ihre Augen leuchteten vor Erregung. Maud murmelte etwas, das bis auf das Wort ›abscheulich‹ nicht zu verstehen war. Und Byron sagte: »Nun, ich werde es Ihnen sagen«, was er dann auch tat. »Er hält sich nicht immer an die Buchstaben des Gesetzes«, Byron hatte Messer und Gabel hingelegt und beugte sich über den Tisch, so interessiert war er an seinen eigenen Worten, »aber es lässt sich nicht bestreiten, dass er Erfolg hat! Er hat die Taschendiebe vertrieben. Und die Bankräuber dazu. Nicht wahr, Jake?«
    Jake hatte eine Zigarre hervorgeholt, die er bei Tisch nicht

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