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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Schirmmütze aus Tuch. Alle Jungen trugen diese Kleidung, es war vorgeschrieben. Wir nahmen die Hochbahn zu seinem Büro, das ein großes Fenster besaß, durch das man den ganzen Hafen und die Bucht überblicken konnte — so weit das Auge reichte. Er besaß ein großes, in weiches Leder gehülltes Messingteleskop, das auf einen hölzernen Dreifuß montiert war. Ich nehme an, jedes Büro auf dieser Seite des Gebäudes besaß ein solches Teleskop.
    Das Schiff war bereits zu sehen, als wir ankamen, noch weit draußen, kaum größer als ein Fleck, aber mein Vater stellte das Teleskop sorgfältig und scharf darauf ein und überließ es mir dann. Ich wagte kaum zu atmen, um nicht an das Teleskop zu stoßen, und beobachtete das Schiff, das in meinem kleinen Blickfeld anwuchs. Es kam direkt auf uns zu und schob eine kleine weiße Bugwelle vor sich her; die Schornsteine rauchten. Ich konnte den schwarzen Rauch fast greifen, der senkrecht aufstieg und sich nach hinten wegkräuselte. Das Schiff wurde mit Kohlen betrieben, und ich nehme an, es stand voll unter Dampf. Es wurde größer, füllte den Kreis, wuchs dann darüber hinaus; ich blickte über den Rand und sah es nun auch ohne Teleskop; nur war es wieder zusammengeschrumpft. Aber wieder wuchs es, sehr schnell, und dann konnte ich die Farben der Wimpel erkennen, die für das besondere Ereignis aufgezogen worden waren. Löschboote erschienen, fuhren hinaus, wendeten und eskortierten es in den Hafen; ihre langen Löschrohre aus Messing waren nach oben gestellt und verströmten hohe weiße Wasser- und Gischtfontänen. Es war das erste Mal, dass ich so etwas sah, wenn auch nicht das letzte Mal.
    Die Schlepper erreichten es als Nächstes, wenn ich mich recht erinnere, und – es schien nun sehr nah – es drehte jetzt zum Hafen bei, und ich sah seine ganze erstaunliche Länge. Die großen Kamine verströmten ihren Rauch direkt über die Backbordseite. Diese Schiffe hatten alle vier Schornsteine, wie Sie wissen, und ich bin noch immer davon überzeugt, dass es damit seine Richtigkeit hatte. Das ist das Einzige, was mit der QE II nicht stimmt; sie müsste auch vier Schornsteine haben, wie Gott es vorgesehen hat. Genau wie Er bestimmt hat, dass Automobile Trittbretter haben und Flugzeuge zwei Flügel. Richtig, mein Junge? Natürlich stimmen Sie mir zu.«
    »Natürlich«, sagte Teds Stimme. »Genau das sage ich auch immer.«
    »Natürlich tun Sie das, aber Sie sollten damit niemanden langweilen; Sie sind dazu noch nicht alt genug. Das Schiff drehte bei, sagte ich. Ich sah seine wunderbare Länge, die Sonne beleuchtete die Millionen von Bullaugen, und natürlich ließ es in diesem Moment sein Horn ertönen. Zuerst sah ich den Dampfstrahl, ein plötzlicher weißer Strahl, und dann, oh, dieser herrliche tiefe, dunkle Klang! All diese verloren gegangenen Töne; das Quietschen von Wagenrädern, das Tuten von Dampfschiffen, das Pfeifen der Lokomotiven. Ja, in der Tat. Gott wollte auch, dass Lokomotiven nur mit Dampf betrieben werden.«
    »Ich weiß. Dieselmaschinen sind Erfindungen des Teufels.«
    »Sie haben recht! Sie haben recht! Wissen Sie, Sie sehen gar nicht aus, als ob Sie achtzig Jahre alt wären.«
    Der Vorsitzende lachte. »Sie beide haben sich ausgezeichnet verstanden, nicht wahr?«
    Ted drückte auf eine Taste und hielt das Band an. »Ja, das haben wir. Natürlich. Und man darf nicht vergessen, dass er Anwalt ist und instinktiv versucht, einen auf seine Seite zu ziehen, und genau weiß, wie er das schafft.«
    Ted schaltete das Gerät wieder ein, die Spule drehte sich einen Moment lang, dann fuhr die Stimme des alten Mannes fort. »Der Klang, der Ruf dieses Schiffes ließ die Fenster vibrieren; ich erinnere mich deutlich daran, dass ich das Vibrieren in meinem Brustkorb spürte. So tief war es, ein tiefer, dumpfer, durch und durch gehender Ton.
    Dann wurde es von den Schleppern umringt, aus den Schornsteinen quoll schwarzer Rauch, und es war verschwunden; Gebäude schoben sich dazwischen und verstellten uns die Sicht. Das Beste aber, so erfuhr ich jetzt, sollte erst noch kommen. Mein Vater besaß die Erlaubnis, zum Dock dieses Schiffes zu gehen, auf dem Hudson; es war ein White Star Liner. Und wenn ich wollte, könnten wir zusehen, wie es anlegte.
    Das Einzige, was diesen Tag für mich noch wunderbarer hätte machen können, wäre ein Automobil gewesen, das unten am Taxistand gestanden hätte. Aber an diesem Morgen warteten nur zwei Pferdedroschken auf Fahrgäste; wir

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