Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
Gemeinschaft – »ich kann Ihnen ein schönes Einzelzimmer zum Park hinaus geben.« Ich fragte nicht nach dem Preis, er interessierte mich nicht, sondern sagte nur, dass das wunderbar sei. Er wartete eine Weile, ich trug meinen Namen ein, und er las ihn, auf dem Kopf stehend. »Und wie wünschen Sie zu zahlen, Mr. Morley? Mit Scheck oder Kreditkarte?«
Das war mein Stichwort; ich öffnete langsam meine geschlossene Linke auf dem Tresen vor ihm. »Weder noch«, sagte ich. »In Gold«, und ließ ein Dutzend Goldmünzen über den Marmortresen rollen. Es machte Spaß, seine Augen wurden ganz groß vor Überraschung. Aber dann übertrumpfte mich Mike Stumpf noch.
Er streckte die Hand aus, die Finger breiteten sich aus wie die Beine einer Spinne und sammelten die verstreuten Münzen ein; er hob die Hand, die Finger waren geschlossen, und die Münzen folgten und ordneten sich zu einem sauberen Stapel. Als trenne er ein Kartenblatt, teilte er den Stapel in zwei gleiche kleinere, die nebeneinanderstanden, dann nahm er sie zwischen die Finger und ließ die Münzen auf beinahe magische Weise abwechselnd zu einem einzigen Stapel ineinandergleiten. »Ich habe das mein ganzes Leben lang versucht«, sagte ich, »und nie geschafft.«
»Erfordert nur ein klein wenig Übung«, sagte er leichthin; der Hotelmanager in ihm war nun völlig verschwunden: ohne dass sich eine einzige Faser seines Anzugs oder ein Haar auf seinem Kopf geändert hätte, stand nun lächelnd ›Get-Rich-Quick‹ Wallingford vor mir. Ich wusste, dieser Mann hatte in seinem Leben oft Karten gespielt und kannte sich nicht nur in einer Hotellobby aus.
Meine Geschichte hatte ich parat: Brieftasche, Schecks und Kreditkarten waren am Flughafen gestohlen worden. Aber ich war Münzhändler: nur Gold, amerikanische und englische aus der Zeit Ewards. Einige Male im Jahr käme ich von Chicago nach New York, wo ich hier oder im Algonquin abstiege. Was mich ein wenig beunruhigte, war die Tatsache, dass es mir Spaß machte zu lügen. Wenn ich erst einmal anfange, kommen die überzeugenden Details wie von selbst; ich musste darüber nicht einmal nachdenken. Morgen, fuhr ich fort und zog meinen zusammengelegten Geldgürtel aus der Anzugtasche, legte ihn auf die Rezeption und ließ die Münzen klimpern, würde ich alle meine Münzen für – ich war mir dessen noch nicht sicher — einige hundert Dollar das Stück verkaufen. Er solle so viel wie nötig als Sicherheit nehmen und mir bitte – damit mich der Taxifahrer nicht umbringe – hundert Dollar in bar geben.
G. R. Q. Wallingford Stumpf wusste, was diese Münzen wert waren; er nahm die oberste Münze vom Stapel und sagte: »Eine ist mehr als genug.« Nun lag die Münze auf seinem Handrücken, zwischen Finger- und Handknöchel; und indem er seine Finger leicht wie ein Klavierspieler auf und ab bewegte, ließ er die Münze die Finger entlangwandern, auf und ab, Rückseite, Vorderseite, und so weiter. Ich hätte ihm eines der Goldstücke geschenkt, wenn er es mir hätte beibringen können. »Ich stelle Ihnen dafür eine Quittung aus«, sagte er; die Münze verschwand in seiner geschlossenen Hand. »Und Sie können die hundert Dollar quittieren.«
Ich fühlte mich großartig, als ich die Quittung unterschrieb. Jeder meiner im neunzehnten Jahrhundert hart verdienten Dollar war hier etwa vierzig Dollar wert. Ich besaß über fünfundzwanzigtausend Dollar; von meinen hundert Dollar, die ich in bar hatte, gab ich dem Taxifahrer zehn für die sechs Dollar Fahrgeld und legte weitere zehn darauf. »Das ist für Sie, weil Sie ein guter Junge sind.«
»Willkommen in New York, Boss«, sagte er. Dann nahm Michael Stumpf meine Einladung an, und wir gingen in die Oak Bar auf einen Schlummertrunk.
In meinem Zimmer schaltete ich den Fernsehapparat an, zappte mich langsam durch die Kanäle, nur um das Gefühl wieder zu kosten; was ich sah, war nicht besser geworden. Dann holte ich mir das Telefonbuch von Manhattan und besah mir mit Interesse das neue Cover. Auf dem Bett sitzend öffnete ich das Telefonbuch und fand dann eine Liste mit Danziger, die ziemlich lang war. Ich zögerte, dann wanderte mein Finger die Reihe hinunter … und fand ihn – Danziger, E. E. – ich lächelte. Sollte ich ihn sofort anrufen? Ich war versucht es zu tun, aber es war zu spät. Ich würde ihn am nächsten Tag anrufen und zum Essen einladen; ich freute mich darauf, Dr. Danziger wiederzusehen, und war mir sicher, dass er sich auch auf mich freute. Ich
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