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Zelot

Zelot

Titel: Zelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reza Aslan
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zurückhaltend zu formulieren. So ist es wahrscheinlich, dass Jesus, wenn er in diesem Vers das Wort
lestai
verwendet, eben einfach das meint, «Diebe», und genau das waren die Händler und Geldwechsler vor dem Tempel für ihn ja auch.
    Das enge Geflecht, das die Tempelbehörden mit Rom verband, und die Auffassung, dass eine Bedrohung des Tempels auch einen Angriff gegen Rom darstellte, wird auf brillante Weise von S.G.F. Brandon,
Jesus and the Zealots
(Manchester 1967 ), S.  9 vorgetragen. Brandon weist auch zu Recht darauf hin, dass die Römer auf jeden Fall von der Tempelreinigung erfahren hätten, da die römische Garnison auf der Burg Antonia freien Blick auf den Vorplatz des Tempels hatte. Für eine abweichende Sichtweise siehe Cecil Roth, «The Cleansing of the Temple and Zechariah  XIV . 21 »,
Novum Testamentum
4 ( 1960 ), S.  174 – 181 . Roth scheint Jesu Einzug in Jerusalem und auch der Tempelreinigung jegliche nationalistische oder zelotische Bedeutung abzusprechen, die er in einem «spirituellen und grundsätzlich unpolitischen Sinne» umdeutet; vielmehr, behauptet er, ging es Jesus vor allem darum, den Tempel von allem «Handelstreiben» zu befreien. Andere Wissenschaftler gehen noch einen Schritt weiter und behaupten, die Tempelreinigung habe niemals stattgefunden, zumindest nicht so, wie sie von den vier Evangelisten berichtet wurde, da sie in völligem Widerspruch zu Jesu Botschaft vom Frieden steht. Siehe Burton Mack,
A Myth of Innocence: Mark and Christian Origins
(Philadelphia 1988 ). Hier scheint es sich einmal mehr um ein klassisches Beispiel für Bibelforscher zu handeln, die sich einer offenkundigen Wahrheit verweigern, weil sie ihren vorgefertigten christologischen Vorstellungen davon widersprechen, wer Jesus war und was Jesus meinte. Craig Evans nimmt Macks These nach allen Regeln der Kunst auseinander und legt nicht nur überzeugend dar, wie sich die Tempelreinigung auf den historischen Jesus zurückführen lässt, sondern auch, dass der Vorfall gar nicht anders denn als ein Akt von zutiefst politischer Bedeutung verstanden werden kann. Siehe Evans,
Jesus and His Contemporaries
(Leiden 1995 ), S.  301 – 318 . An anderer Stelle jedoch widerspricht Evans mir im Hinblick auf Jesu Vorhersage der Zerstörung des Tempels. Evans ist nicht nur überzeugt, dass die Vorhersage auf Jesus zurückgeführt werden kann, während ich davon ausgehe, dass sie ihm von den Evangelisten in den Mund gelegt wurde. Er hält es sogar für möglich, dass dies der hauptsächliche Grund war, der den Hohepriester dazu veranlasste, gegen ihn vorzugehen. Siehe Craig Evans, «Jesus and Predictions of the Destruction of the Herodian Temple in the Pseudepigrapha, Qumran Scrolls, and Related Texts»,
Journal for the Study of the Pseudepigrapha
10 ( 1992 ), S.  89 – 147 .
    Sowohl Josephus wie auch der Babylonische Talmud deuten an, dass die zur Opferung bestimmten Tiere lange Zeit hindurch auf dem Ölberg gehalten wurden, sie dann aber irgendwann um das Jahr 30  n. Chr. herum von Kajaphas in den Heidenvorhof verlegt wurden. Bruce Chilton sieht in Kajaphas’ Neuerung den Auslöser für Jesu Verhalten am Tempel und zugleich den Hauptgrund für den Wunsch des Hohepriesters, Jesus verhaften und hinrichten zu lassen; siehe Bruce Chilton, «The Trial of Jesus Reconsidered», in: Bruce Chilton und Craig Evans (Hg.),
Jesus in Context
(Leiden 1997 ), S.  281 – 500 .
    Die Jesus gestellte Frage, ob es das Gesetz Mose erlaube, Tribut an Rom zu zahlen, findet sich bei Markus  12 , 13 – 17 , Matthäus  22 , 15 – 22 und Lukas  20 , 20 – 26 . Im Johannes-Evangelium fehlt die Episode, da hier die Tempelreinigung zu den ersten Handlungen Jesu gehört und nicht zu seinen letzten. Siehe Herbert Loewe,
Render unto Caesar
(Cambridge 1940 ).
    Die jüdischen Offiziellen, die Jesus mit der Frage nach der Bezahlung des Tributs in die Enge zu treiben versuchen, werden in den synoptischen Evangelien als Pharisäer und Anhänger des Herodes (Mk  12 , 13 ; Mt  22 , 15 ) beziehungsweise als «Schriftgelehrte und Hohepriester» (Lk  20 , 19 – 20 ) bezeichnet. Dieses Zusammenwerfen ganz verschiedener Amtsträger deutet hin auf eine überraschende Ignoranz seitens der Evangelisten (die ihre Berichte um 40 bis 60  Jahre nach den hier beschriebenen Ereignissen verfassten) hinsichtlich der jüdischen religiösen Hierarchie im Palästina des 1 . Jahrhunderts. Die Schriftgelehrten gehörten der Unter- oder Mittelschicht an, die

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