Zeltplatz Drachenloch
noch krank. Armer Kerl, ich habe ihn wirklich gern .«
»Ich werde morgen früh anrufen, wie es mit ihm steht«, sagte Immerfroh noch in der Tür.
IM ZWÖLFTEN KAPITEL
gibt es nur ein großes Thema:
Das Dorf der Buben!
In St. Georgen an der Ister war alles gut vorbereitet. Johannes Gradwohl war in Lederhose und weißem Hemd zum Bahnhof gegangen. Seine Frau stand in der Küche und plagte sich mit riesigen Kochtöpfen ab. Wenn der Zug keine Verspätung hatte, mußten die Buben in ungefähr einer halben Stunde hier sein.
»Grüß Gott !« tönte es da plötzlich von der Tür. Es war der Herr Pfarrer. Er hatte sein helles, sommerliches Arbeitsgewand an und sah eher wie ein Bauer aus. Der Pfarrer sog die Luft ein. »Hm, da riecht es aber anständig«, lachte er dann. »Da bitte ich auch gleich um einen Teller .«
»Steht schon draußen im Hintergarten«, gab Frau Gradwohl zurück.
»Keine Arbeit für mich?«
»Aber nein.«
»Ich will aber eine, wenn ich nachher schon mitessen darf .« Und da hatte er auch schon eine Arbeit entdeckt. Er krempelte sich die Ärmel hoch und begann — Geschirr abzuwaschen. Sebastian Korntheuer, Pfarrer von St. Georgen, mußte immer etwas zu tun haben. »Wer nichts tut, der lebt nicht«, sagte er. »Auch das Geschirrabwaschen ist wichtig, sonst würde es nur lauter schmutzige Teller geben .«
»War das der Zug ?« fragte er nach einer Weile.
Frau Gradwohl lauschte. Ja, er war es. Heute kam er sogar pünktlich. Nun dauerte es nicht mehr lange, und sie hörten Gesang von der Dorfstraße herkommen. Was sang Immerfroh mit seinen Buben, jetzt, wo das Dorf der Buben unmittelbar vor der Verwirklichung stand? — Das Klassenlied:
»Wir wollen zu Land ausfahren...«
Noch nie hatten es die Buben so hell, so klar und so froh gesungen. Das machte aber wohl die gute Sankt Georgener Luft.
»Hier habt ihr unseren Herrn Pfarrer«, rief Lehrer Gradwohl.
»Nur keine langen und feierlichen Begrüßungsreden«, sagte Korntheuer, »feierliche Reden verderben den Appetit .« Und er drückte Immerfroh und allen Buben die Hand. »Da fehlt mir ja einer«, stellte er am Schluß fest.
»Der hat Fieber, Georg mußte daheimbleiben, aber er kommt nach, wenn er gesund ist .«
»So etwas.« Der Pfarrer schüttelte den Kopf. Kranksein kannte er nicht.
Das Essen fanden zwar alle gut, es war herrlich, unter Obstbäumen in einem Garten zu essen, aber die Buben wären doch schon lieber auf dem Lagerplatz gewesen. Sie hatten bereits etwas von Drachenloch und Kaltbach gehört, und das erhöhte die Spannung.
Dann war es Zeit, hinaus in den Wald zu ziehen. Ein Pferdegespann hatte bereits den Berg von Rucksäcken, Zeltbündeln und einen großen Ballen Stroh hinausgeführt. Es war drei Uhr. Spätestens um sechs Uhr mußte das Dorf der Buben stehen.
Schnell schritten sie die Dorfstraße hinauf und bogen dann in einen schönen breiten Waldweg ein. Rechts neben dem Weg floß ein munteres Wasser: der Kaltbach.
Nach kaum zehn Minuten Fußweg waren sie an Ort und Stelle. Während der Kaltbach und der Weg nun nach rechts abbogen, stieg links eine ungefähr zwanzig Meter hohe Felswand auf. Und am Fuß der Felswand gähnte dunkel und rußgeschwärzt das Drachenloch.
Was sie nun da vor sich hatten, war der zukünftige Lagerplatz, eine herrliche, von uralten Tannen umstandene Waldwiese. Sie reichte über den Bach hinüber bis zur Straße, die zum Försterhaus und zum Sägewerk führte.
Immerfroh bestimmte nun, daß zehn Buben unter Maxens Leitung die Strohsäcke stopfen sollten, er selber wollte mit den anderen inzwischen die Zelte aufstellen.
»Wir müssen darauf achten, daß die Zelte nicht im Schatten stehen .«
»Bringt mir, bitte, die Wimpel«, sagte Immerfroh. Hans sauste nach den Stöcken mit den Wimpeln, und bald standen die Wimpelstöcke auf trockenen, gut gewählten Plätzen. Nachdem Immerfroh den Boden in der Nähe der Höhle untersucht hatte, entschloß er sich, sein Zelt dort aufzustellen. In diesem Zelt sollte auch die Verpflegung untergebracht werden.
»Wir müssen um jedes Zelt Wassergräben ziehen, sonst schwimmen wir mit unseren Strohsäcken davon, wenn es regnet .« Immerfroh zeigte bei seinem Zelt, wie man das machte. Sorgfältig hob er die Grasziegel aus, damit sie nachher, wenn das Lager einmal zu Ende war, wieder genauso eingesetzt werden konnten. Und da alle, nicht nur Korntheuer, von Arbeitseifer befallen waren, umgaben bald kleine Wassergräben die Zelte. Etwas abseits im Wald wurden dann
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