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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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folgte ihm mit
weichen Knien zu einem grob aus dem Holz geschlagenen Tisch. Einladend deutete sein neuer Bekannter auf einen der schlichten Stühle.
    Als sie saßen, legte der Gastgeber die Unterarme auf die Tischplatte.
    „Mein Name ist Janis“, stellte er sich vor. „Und du bist hier in unserer Zuflucht, unserem Fuchsbau. Bevor ich deine Fragen beantworte, sollst du wissen, dass du in Sicherheit
bist. Auch, wenn du vermutlich Schwierigkeiten hast, mir zu glauben.“
    Vielsagend zog der rothaarige Assassine eine Augenbraue hoch: „Sothorn.“
    Janis grinste breit: „Ich weiß, wer du bist. Jeder in unserem Geschäft kennt deinen Namen, mein Freund. Du hast eine bemerkenswerte Laufbahn hinter dir.“ Er wurde ernst,
sogar bitter: „Wenn man das so nennen kann.“
    Der Schleier um Sothorns Verstand war dicht, und er hatte Schwierigkeiten, sich auf Janis und sein Mienenspiel zu konzentrieren. Zu gerne hätte er noch ein wenig geschlafen. Mit vollem
Bauch und der trockenen Matratze unter ihm.
    „Erkläre mir, wo ich bin“, bat er heiser. „Was wollt ihr von mir?“
    „Das ist eine lange Geschichte. Mach es dir bequem und nimm dir Wein“, lud Janis ihn ein.
    Sothorn zögerte. Das sympathische Auftreten von Janis empfand er als beunruhigend. Er war es nicht gewohnt, dass man freundlich zu ihm war. Am Wein bediente er sich nach einem scharfen
Blick Richtung seines Gastgebers dennoch. Seine Kehle war ausgetrocknet, und er fragte sich im Stillen, wie lange er betäubt im Bett gelegen hatte.
    Er nippte an seinem Wein. Der Rebensaft war stark und süß auf seiner Zunge.
    „Wir sind wie du“, begann Janis zu erzählen, als er sich sicher war, Sothorns Aufmerksamkeit zu haben. „Wir, das heißt Theasa und ich, waren das Eigentum einer
alternden Gutsherrin in Auralis. Wir kamen zu ihr, als wir noch sehr jung waren, überlebten die Ausbildung und wurden mithilfe des Lotus gefügig gemacht. Wie du hatten wir keinen eigenen
Willen und kannten nur die Gier nach dem nächsten Schluck.“
    „Das kann nicht sein“, schaltete Sothorn sich ein. Unhöflich fügte er hinzu: „Du hast nicht die Statur für einen Assassinen. Du bist zu schwer. Niemand
würde dich zum Meuchelmörder ausbilden.“
    Amüsiert lachte Janis auf und rieb sich mit einer Hand, die an eine Pranke gemahnte, den Nacken: „Da hast du recht. Im Gegensatz zu dir war ich nie ein guter Assassine. Ich wuchs zu
schnell und wurde zu breit. Zu meinem Glück stellte sich schnell heraus, dass ich einen guten Leibwächter abgab. Und glaube mir, die Herrin brauchte viel Schutz. Sie war ein
Miststück, das ihresgleichen sucht.
    Wo war ich stehen geblieben? Wie gesagt, wir waren wie du. Abhängig, verloren im Lotus und uns bewusst, dass unser Leben nicht von langer Dauer sein würde. Nach wenigen Jahren lief
unsere Zeit ab. Unsere Gliedmaßen wurden taub, unsere Körper unbeweglich. Wir waren todgeweiht. Aber wir hatten Glück: Es gibt Meister, die ihre abgehalfterten Assassinen umbringen
und es gibt andere, die aus ihnen bis zum Schluss Profit schlagen wollen. Unsere Meisterin gehörte zu letzterer Sorte. In ihrer Gier nach Silber tat sie uns, ohne es zu ahnen, einen
großen Gefallen. Hast du schon einmal von den Arenen in Auralis gehört?“
    Sothorn nickte. In den Arenen der größten Stadt des Kontinents ließ man Gefangene gegeneinander antreten. Das Brutale an den Kämpfen war, dass sie Tage andauerten und
oftmals zwischen Menschen stattfanden, die miteinander vertraut waren. Es bereitete den Zuschauern diebisches Vergnügen zu beobachten, wie aus Freundschaft und Zuneigung der rasende Wunsch
nach Überleben wurde.
    „Dann kannst du dir denken, was man uns angetan hat. Man sperrte Theasa und mich in ein Rondell, das wir aus eigener Kraft nicht verlassen konnten. Da wir Süchtige waren, gab man uns
ausreichend Wasser und Brot, aber nur eine Phiole Zenjanischen Lotus.“ Janis seufzte. „Zehn Tage. Zehn Tage waren wir in der Arena, während sie darauf warteten, dass wir uns
gegenseitig töteten. Aber wir waren Freunde, vielleicht sogar im Rahmen unserer verbliebenen Gefühle mehr als das. Wir waren stark. Oder nein, Theasa war stark. Sie war es, die die Phiole
an sich nahm und entschied, dass wir versuchen würden, uns gegen den Sog zu stemmen.
    Ich muss dir nicht sagen, wie sehr wir litten. Tagelang fassten wir den Lotus nicht an, und am Ende teilten wir ihn, statt darum zu kämpfen. Wir überlebten. Das Publikum fand uns
uninteressant, und

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