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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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dir nur helfen, indem wir dich vor dir selbst schützen. Mittlerweile handhaben wir es so, dass wir unsere Neuzugänge für 21 Tage ohne Lotus
auskommen lassen. Es ist furchtbar, keine Frage. Aber durch diese gewalttätige Trennung wird der Körper gereinigt und verlangt danach deutlich weniger von der Droge. Aber glaube nicht,
dass damit die ärgste Herausforderung gemeistert ist. Denn dann kommt die andere Seite des Lotus auf dich zu.“
    Sothorn wusste nicht, was mit der anderen Seite des Lotus gemeint war. Es interessierte ihn auch nicht. Allein bei dem Gedanken an einundzwanzig Tage ohne Zenjanischen Lotus krümmten sich
seine Finger.
    Das war Irrsinn. Das konnte niemand überleben.
    „Wie viel brauchst du mittlerweile?“, fragte Janis direkt, schien zu spüren, an was Sothorn dachte. Vielleicht hatte er Gespräche wie dieses schon so oft geführt, dass
er wusste, was in den Köpfen der Meuchelmörder vor sich ging.
    „Um gar keine Schmerzen mehr zu haben?“
    „Ja.“
    „Einen Becher alle drei Tage.“
    Janis nickte verständnisvoll: „Das ist viel, aber weniger, als Theasa und ich brauchten, als man uns in die Arena schickte. Wir standen bei einem Becher alle zwei Tage.“
    „Und jetzt?“, wollte Sothorn wissen. „Wie viel braucht ihr jetzt?“
    Bevor er auch nur in Erwägung zog, sich auf dieses Abenteuer einzulassen, musste er wissen, wie viel ihm die Mühen einbringen würden.
    „Eine halbe Schöpfkelle alle achtzehn oder zwanzig Tage. Wenn du dich aufs Rechnen verstehst, kannst du dir vorstellen, wie viel jeder einzelne Tag des Aushaltens unsere Silberbeutel
entlastet“, antwortete Janis bereitwillig. „Und wir haben die Herrschaft über unsere Körper wiedererlangt. Sie wollen uns glauben machen, dass sich die Wirkung nicht umkehren
lässt. Aber das stimmt nicht. Wenn der Hunger nach der Droge nachlässt, verschwindet die Taubheit aus Knochen und Geist.“
    Nachdenklich betrachtete Sothorn seinen Weinbecher, drehte ihn in den Händen. Er begriff, welche Tragweite das Angebot hatte, das man ihm unterbreitete.
    Er würde heilen. Heilen und sich unter Leuten aufhalten, die ihn annahmen. Seit Jahren empfand er keine Einsamkeit mehr, aber er erinnerte sich daran, als Jugendlicher unter der Isolation
in seinem Kerker gelitten zu haben.
    Sie boten ihm ein neues Leben an, wenn auch kein rechtschaffenes. Eine Heimat, Menschen, auf die er sich verlassen durfte, Sicherheit, Schutz und Überleben.
    Alles, was sie im Austausch dafür verlangten, waren seine Loyalität und die Bereitschaft, sich gegen den Würgegriff des Lotus zu stellen.
    „Ich habe keine Wahl“, hörte er sich zugeben. „Wenn ich nach Balfere zurückkehre, werde ich unweigerlich sterben. Ich war unterwegs zu meinem letzten Auftrag, als der
Wargssolja mich abfing.“
    „Das wussten wir nicht“, raunte Janis und wirkte aufrichtig betroffen. „Dann ist Geryim gerade rechtzeitig gekommen.“ Er stutzte, bevor er sich neugierig nach vorne
beugte: „Darf ich dir eine Frage stellen?“
    Sothorn zuckte die Achseln.
    „Wie alt bist du? Und wie lange bist du ein Assassine? Man erzählt sich die wildesten Geschichten, aber die meisten erscheinen zu verrückt, um der Wahrheit zu
entsprechen.“
    Ein schiefes Lächeln legte sich auf die Lippen des jüngeren Meuchelmörders: „Ich bin dreiundzwanzig. Glaube ich. Es müssten vierzehn Jahre sein, die ich bei Stolan
verbracht habe.“
    „Also doch.“ Der Hüne war beeindruckt. „Ich würde zu gerne wissen, wie das möglich ist.“
    „Angeblich liegt es an meiner Herkunft“, erklärte Sothorn bereitwillig. „Ich stamme aus den Sümpfen von Herjos. Mein Volk ist zäh. Wir sind dafür bekannt,
dass Krankheiten uns wenig anhaben können. Anscheinend dauert es bei uns auch länger, bis der Lotus Schaden anrichtet.“
    „Dann können wir nur hoffen, dass das auch bedeutet, dass du besonders gut davon loskommst.“
    Abwesend nickte Sothorn. Er war mit den Gedanken bereits woanders. Er stellte seinen Becher hart auf den Tisch, bevor er Janis ernst ansah:
    „Und all das konntet ihr mir nicht erklären, ohne mich zu jagen? Warum hat euer verrückter Wargssolja mich angegriffen und mir seinen Geier auf den Hals gejagt? Eine Einladung
ohne Giftstachel hätte es auch getan.“
    Janis betrachtete ihn verwundert, bevor er in schallendes Gelächter ausbrach. Das Geräusch erschien Sothorn merkwürdig fremd. Zu heiter, zu gelöst, zu menschlich. Wann hat er
selbst zum letzten Mal aus vollem

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