Zentauren-Fahrt
richtigen Seilliane. Bald darauf hatte Chet genug Material, um daraus einen großen Korb zu flechten. Er bestrich ihn mit magischer Salbe und befestigte ihn an der Rauchsäule. Dann stieg er selbst hinein, gefolgt von Irene und schließlich von Krach. Es war ein sehr großer, kräftiger Korb, was ja auch so sein mußte, da er immerhin sowohl den Zentauren als auch den Oger tragen mußte. Die beiden großen Geschöpfe klatschten einander auf die Hände vor Siegesfreude; sie mochten sich.
Nun verlor auch die zweite Fackel endgültig ihren Halt und b e gann zu fallen. Dor jagte die beiden Rauchsäulenreste hinab, mac h te einen Satz, beugte sich vor und fing sie auf. Doch sein Gleichgewicht auf der einzelnen Säule war äußerst wacklig. Er ruderte mit den Armen, konnte aber die Balance nicht wiederfi n den.
Da flirrte eine weitere Schlaufe heran und packte Dor gerade noch rechtzeitig unter den Armen, bevor er von der Säule rutschte.
Chet holte ihn im Fall ein, so daß er einen Bogen auf das Wasser zu beschrieb. Das Meeresungeheuer machte sich freudig an die Verfolgung. Dors Füße berührten knapp die Wellen, dann schwang er wieder in die andere Richtung.
»Schwert!« schrie Grundy, der auf dem Rauch hoch über ihm hockte.
Wie betäubt nahm Dor die Fackel mit der Linken und zückte sein Schwert. Jetzt schwang er wieder auf den grinsenden Kopf des Monsters zu.
Chet zog Dor mit gewaltiger Anstrengung eine Körperlänge in die Höhe. Anstatt direkt in das aufgesperrte Maul zu fliegen, traf er die Oberlippe des Ungeheuers, unmittelbar unterhalb der fla m menden Nüstern. Dor stemmte die Füße vor und klatschte dem Monster die Lippe gegen die obere Zahnreihe. Dann stach er mit dem Schwert in die empfindliche linke Nüster. »Na, wie schmeckt dir das, Knoblauchschnauze?« fragte er.
Die Schnauze stieß eine wütende Atemwolke aus, die tatsächlich nach Knoblauch und Schlimmerem stank. Lebewesen mit den widerlichsten Eigenschaften waren oft am empfindlichsten, wenn es um ihre Eitelkeit ging. Dor wurde wieder hinaus aufs Meer g e weht und stieg immer höher, da Chet die Leine einholte.
Doch nun verteilte sich auch der Rauch, der das Seil und den Korb hielt. Nur noch kurze Zeit, dann würden sie alle in die Tiefe stürzen – und das wußte das Ungeheuer sehr wohl. Alle Nadelst i che und Hiebe auf Schnauze und Zähne würden schon noch g e rächt werden. Im Augenblick hielt sich die Seeschlange etwas z u rück, um Dors Schwert auszuweichen, während sie mit gieriger Ungeduld auf das Unausweichliche wartete.
»Der Rauch!« schrie Grundy.
Dor merkte, daß der Rauch der Fackel, die er in der Hand hielt, in einer schrägen Bahn nach oben stieg. Die Meeresbrise hatte nachgelassen, so daß er jetzt einen steileren Winkel bekam. »G e nau! Befestigt das Seil an diesem Rauch!« befahl er.
Chet begriff sofort und setzte den Korb in Schwung. Als der Rauch emporstieg, schwang der Korb hindurch, doch gleichzeitig schwang auch Dor samt Fackel und Rauch mit.
»Laß eine Stangenbohne wachsen!« rief er Irene zu.
»Schon kapiert«, erwiderte sie. Kurz darauf begann ein weiterer Samen zu sprießen: eine Bohne in Gestalt einer Stange. Krach schob sie in den Korb und bog sie hinab, so daß Dor das andere Ende zu fassen bekam. Dor packte es und hielt sich daran fest. Jetzt hielt ihn die Stange in einem schrägen Winkel unterhalb des Korbs. Chet und Krach schafften es, das ganze Gefährt so zu dr e hen, daß Dor leewärts von ihnen hing. Der Rauch strömte schräg empor, direkt unter dem Korb vorbei, und trieb diesen in die H ö he, während sich die kleinen Rauchstrudel im Flechtwerk verha k ten. Der emporsteigende Rauch trug auch den Korb immer weiter.
Das Meeresungeheuer merkte, daß sich die Lage zu seinen U n gunsten verändert hatte. Es stürzte vor und schnappte nach Dor – doch der war knapp außerhalb seiner Reichweite. Langsam und schwankend trieb die ganze Gruppe in die Höhe, vom Rauch der Fackel getragen. Die ganze Konstruktion wirkte selbst für mag i sche Verhältnisse viel zu phantastisch und wacklig, doch irgendwie funktionierte es.
Als sie Seeschlange ihre schwerverdiente Mahlzeit entweichen sah, stieß sie ein entsetzliches Hupen aus, das den Rauch ins Schwanken brachte. Das wiederum erschütterte ihre ganze App a ratur. Das Getöse ließ das Firmament erheben, und rosa, grüne und blaue Inselvögel flatterten entsetzt aus ihren Nestern empor, während Seeigel unter kindischen Tränen das Weite suchten.
»Das
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