Zentauren-Fahrt
Bein auf das andere verlagern, um die Balance halten zu können. Zuerst war es eine Herausforderung – doch dann begann es, Spaß zu machen.
Da kam die Seeschlange an. Sie beschnüffelte den Strand und kroch, immer der Nase nach, auf den Rauch und die darauf b e findlichen Wesen zu. Der Wind verteilte den Rauch auf ebener Fläche, nicht völlig außer Reichweite des Ungeheuers. Das Wesen erspähte Irene, schlug einen Salto und schnappte nach dem Mä d chen – das einen Schrei ausstieß und vom Rauchteppich herunte r sprang.
Einen Augenblick sah Dor sie mitten in der Luft schweben, fast als sei sie gefroren, dann stürzte ihr Schrei zusammen mit ihr in die Tiefe hinab. Er wußte, daß er ihr weder helfen noch nach ihr gre i fen konnte. Dieses dumme Mädchen.
Da wurde sie von einer Seilschlaufe erfaßt und in den Rauch emporgerissen. Chet hatte das Seil retten können, mit dessen Hilfe er Dor aus dem Schacht befreit hatte, und hatte nun auch Irene von dem Wahnsinn errettet. Dors Herz begann wieder regelmäßig zu klopfen.
Das Seeungeheuer, seines Appetithappens beraubt, stieß ein zo r niges Tuten aus und machte einen weiteren Satz in die Höhe. Doch diesmal war Irene so klug, davonzukriechen, so daß die Schnauze des Untiers nichts als Rauch zu beißen bekam. Die Zä h ne knirschten laut hörbar, als es ins Nichts biß.
Doch der Kopf der Seeschlange hatte die Rauchsäule aufg e wühlt, so daß Dor und Krach auf der Feuerseite von den anderen abgeschnitten wurden und erst warten mußten, bis die Säule wi e derhergestellt war.
Jetzt machte sich das Ungeheuer an sie heran, weil sie dem B o den am nächsten waren. Sie konnten den Rauchweg nicht verla s sen, deshalb hatte es leichtes Spiel. Die riesige häßliche Schnauze richtete sich auf Dor und stieß auf ihn zu.
Dor hatte inzwischen genug von Ungeheuern. Er tänzelte zur Seite und riß sein magisches Schwert heraus. Wie der Blitz fuhr es dem Untier durch das weiche Gewebe seiner linken Nüster. Die Seeschlange hupte vor Schmerz und Wut.
»Oho! Das ist aber nicht sehr damenhaft!« rief Grundy von oben herunter.
»Kommt auf die Dame an«, bemerkte Irene.
Jetzt sperrte das Meeresungeheuer seine riesigen, fleckigen Ki e fern auf und griff mit aufgesperrtem Maul an. Dor mußte zurüc k weichen, denn das Maul war zu groß für ihn; damit konnte das Wesen ihm mit einem einzigen Schnappen den Garaus machen. Die Meeresungeheuer waren wirklich erheblich größer als die U n tiere, die in Seen hausten!
Doch als er einen Schritt rückwärts machte, stolperte er über e i ne frische Rauchschwade und fiel hart auf den Hosenboden – und zwar auf nichts sonderlich Festes. Sein Hinterteil rutschte hi n durch, und er mußte wild mit den Händen nach einem Halt gre i fen. Jetzt hing er durch das Loch herab, nur seine Hände und Füße hielten ihn noch.
Das Ungeheuer zischte hämisch und schickte sich an, ihn – Hi n terteil zuerst – zu vertilgen. Doch Krach trat der Seeschlange aufs Maul und hämmerte mit seinen Riesenpranken auf ihre Zähne ein, wobei er ganze Stücke herausbrach. Verblüfft hielt das Ungeheuer mit aufgesperrtem Maul inne. Der Oger trat ihm auf die Zunge und sprang zurück in den Rauch.
Als Dor schließlich wieder auf den Beinen stand, hatte sich die Seeschlange bereits zurückgezogen, während Krach ihr gereimte Unflätigkeiten nachrief. Doch das Ungeheuer war keines von den schüchternen kleinen Binnenseewesen, die harmlose Schwimmer auffraßen; die Seeschlange war Bewohnerin einer Großpfütze und entsprechend schwer zu beeindrucken. Sie war zwar zurückg e schlagen worden, aber noch längst nicht besiegt. Jetzt war sie erst richtig wütend.
Das Monster stieß einen dumpfen Schrei aus. »Ich habe noch nicht mal angefangen, zuzubeißen!« übersetzte Grundy. Die Se e schlange hielt Ausschau nach einer besseren Möglichkeit, ihre auf dem Rauch spazierenden Happen zu erwischen – und entdeckte das Feuer auf dem Strand.
Für ihre Art war die Seeschlange gar nicht so dumm. Man kon n te förmlich sehen, wie die winzigen Zahnräder in ihrem häßlichen Schädel rotierten, während sie das Feuer musterte. Dann senkte sie den Kopf und schwappte mit ihren Flossen eine riesige Wasse r woge auf den Strand.
Das Feuer zischte und qualmte protestierend, dann kapitulierte es ruhmlos und erstarb. Der Rauch ließ nach.
Dor und seine Freunde waren auf ihrem sich auflösenden Rauchboden gefangen. Schon bald würde es keinerlei sichtbaren Halt mehr geben.
Die
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