Zentauren-Fahrt
Wir ziehen es vor, die Magie als Werkzeug zu benutzen. Könntet Ihr Euch jemals vorstellen, daß einer von uns bei einer Streitigkeit über König Trent siegte? Er könnte uns doch allesamt in Zollwürmer verwandeln!«
»Sofern er nahe genug an euch herankäme«, ergänzte Dor. Ihm fiel ein, daß all dies schon einmal besprochen worden war; Chet hatte darauf hingewiesen, daß die Zentauren mit ihrer Boge n schießkunst Trents Magie ausschalten könnten. Gab es darauf eine Antwort? Dor hätte wesentlich lieber daran geglaubt, daß die M a gie die größte Kraft in Xanth war.
»Wer kann schon aus der Ferne regieren?« fragte Gerome rhet o risch. »Armeen im Felde sind eine Sache; über Leute zu herrschen ist eine ganz andere. König Trents Magie befähigt ihn zum Regi e ren, genau wie Eure Euch dazu befähigt. Selbst Eure geringfügig e ren Talente übertreffen unsere größten Fähigkeiten bei weitem.«
Wollte der Zentaur ihn jetzt etwa mit Schmeicheleien besche n ken? »Aber Zentauren können doch Magie betreiben!« protestierte Dor. »Unser Freund Chet…«
»Bitte«, unterbrach ihn Gerome. »Ihr Menschen habt auch eure natürlichen Funktionen, und doch vermeiden wir es, in der Ö f fentlichkeit darüber zu reden, aus Respekt gegenüber eurer Em p findlichkeit. Es ist eine Tatsache, daß wir Zentauren während des größten Teils unserer Geschichte keine persönlichen magischen Talente bei uns selbst entdeckt haben, und selbst heute noch sind solche suspekten Manifestationen für uns eine Abartigkeit. Fol g lich haben wir die persönliche Magie nie als etwas angesehen, das auch uns eignen könnte, so daß wir es vorziehen, nicht darüber zu reden.«
»Äh, klar«, stammelte Dor unbeholfen. Es sah ganz danach aus, als wären die anderen Zentauren in diesem Punkt ebenso empfin d lich und unvernünftig wie Dors Lehrerin Cherie. Die Menschen waren tatsächlich ziemlich empfindlich, wenn es um bestimmte natürliche Funktionen ging, wie der Zentaurenälteste richtig b e merkt hatte. Dafür waren die Menschen aber nicht so empfindlich wie die Zentauren, was persönliche Magie anbelangte. Wahrschei n lich war die eine Einstellung genauso unsinnig wie die andere.
Doch wie würden die Bewohner der Zentaureninsel auf die Nachricht reagieren, daß unter ihnen ein vollwertiger Magier ihrer eigenen Art lebte? Irgendwann würde Dor es ihnen mitteilen mü s sen. Diese Mission konnte noch äußerst heikel werden!
»Drittens halten wir uns nach wie vor an ein Abkommen aus der grauen Frühzeit unserer Art«, fuhr Gerome fort und ließ das g e schmacklose Thema Magie hinter sich wie einen Klumpen Dü n ger. »Wir werden uns nicht in Politik einmischen und werden ni e mals mit unseren menschlichen Brüdern um Macht streiten. Selbst wenn wir es also wünschen sollten, ein Reich zu beherrschen, und selbst wenn wir die dazu erforderlichen Mittel besäßen, würden wir es nicht tun. Dieses bindende Abkommen würden wir niemals brechen.« Der Zentaur hatte einen derart ernsten Gesichtsau s druck, daß Dor es nicht wagte, die Sache weiterzuverfolgen.
Schließlich kamen sie am Geschichtsmuseum an. Es war ein i m posantes Backsteingebäude, mehrere Stockwerke hoch, mit kleinen Fenstern und einem abweisenden Äußeren. Im Inneren war es jedoch recht interessant. Es war mit allen möglichen Artefakten angefüllt: Muster aller Zentaurenprodukte, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer weiter zurückführten bis zur Zeit vor der Ersten Welle menschlicher Eroberung. Dor sah, daß die frühesten G e genstände gröber gearbeitet waren; damals hatten die Kunsthan d werker ihre Fähigkeiten erst noch verfeinern müssen. Alles war säuberlich mit kleinen Schildern beschriftet, die die Entstehung s daten, Orte und Herstellungseinzelheiten der jeweiligen Exponate angaben. Die Zentauren hatten wirklich ein ausgeprägtes G e schichtsbewußtsein!
Während des Rundgangs hatte Dor immer wieder heimlich auf seinen magischen Kompaß geschielt. Zufrieden hatte er festg e stellt, daß die Nadel auf das Museum gezeigt hatte; vielleicht b e fand sich der Magier ja hier!
»Und das hier ist der Hüter unserer Aufzeichnungen«, sagte G e rome und stellte ihnen einen bebrillten Zentauren mittleren Alters vor. »Er weiß, wo alle Leichen versteckt sind. Arnolde der Arch i var.«
»Genau«, stimmte Arnolde ihm mißmutig zu und beäugte sie ü ber seinen Brillenrand. Der Dämon Beauregard war das einzige Wesen, das Dor bisher kennengelernt hatte, das ebenfalls so
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