Zentauren-Fahrt
einfach nicht verstehen.«
»Ja«, sagte Dor, froh, daß seine eigene Analyse der Lage bestätigt wurde. »Und deshalb brauche ich jetzt auch ein paar Anregungen aus der Gruppe. Das Problem ist nämlich, daß ich glaube, den Zentaurenmagier geortet zu haben. Es muß der Nachkomme von Arnolde dem Archivar sein.«
»Von Arnolde?« fragte Chet. »Den kenne ich. Er übt seinen B e ruf schon seit fünfzig Jahren aus. Meine Mutter spricht öfter von ihm. Er ist Junggeselle und hat keine Nachkommen. Er interessiert sich mehr für statistische Kurven als für die von jungen Stuten.«
»Keine Nachkommen? Dann muß es Arnolde selbst sein«, fo l gerte Dor. »Der magische Kompaß hat direkt auf ihn gezeigt. Ich weiß zwar nicht, wie das möglich sein soll, denn ich bin mir sicher, daß die Existenz eines solchen Magiers in Xanth vorher nicht b e kannt war, aber ich glaube nicht, daß der Gute Magier Humfrey sich in diesem Punkt geirrt hat.«
»Was hat er denn für ein Talent?« wollte Irene wissen.
»Weiß ich nicht. Ich hatte noch keine Gelegenheit, es festzuste l len.«
»Ich könnte mich ein bißchen umhören«, schlug Grundy vor. »Wenn es an seiner Kammer irgendwelche Pflanzen oder Tiere gibt, müßten die das wissen.«
»Ich kann mich auch selbst umhören«, meinte Dor. »In seiner Kammer muß es ja unbelebte Gegenstände geben. Nein, das ist nicht das Problem. Die Ältesten wollen uns sofort wieder nach Hause befördern, und ich habe keinen brauchbaren Vorwand, weshalb wir bleiben sollten. Schon eine einzige Nacht könnte au s reichen. Aber was soll ich ihnen sagen, ohne sie entweder anzul ü gen oder mir ihre Feindschaft zuzuziehen? König Trent hat mir zwar geraten, daß die Ehrlichkeit im Zweifelsfall immer die beste Politik ist, aber im Augenblick zweifle ich sogar an der Ehrlic h keit.«
»Wiederum sehe ich beide Seiten der Angelegenheit«, warf Chet ein. »Ehrlichkeit ist das allerbeste – außer vielleicht in diesem Fall. Meine Rasse kann äußerst störrisch und unfreundlich werden, wenn man sie mit einer Vorstellung konfrontiert, die der ihren zuwiderläuft. Auch wenn ich meinen Vater in keiner Form kritisi e ren möchte…«
Sie wußten schon, was er meinte. Chester Zentaur verfuhr mit Dingen, die ihm mißfielen, in der Regel so, daß er sie in den Schwitzkasten nahm und so lange durchschüttelte, bis sie völlig entkräftet waren. Die Zentauren der Insel waren zwar zivilisierter, doch unter der Fassade waren sie ebenso störrisch und reizbar wie Chester.
»Sag ihnen doch einfach, daß deine Aufgabe noch nicht erledigt ist und du noch einen Tag bleiben mußt«, schlug Irene vor. »Das ist sogar die reine Wahrheit.«
»So einfach sie sich auch anhören mag, ist dies eine ausgezeic h nete Antwort!« meinte Chet. »Und in der Nacht kannst du dann Arnoldes Talent ausspionieren. Grundy läßt du vorher den Weg erkunden, damit du nicht auffällst. Auf diese Weise kannst du die Mission zu Ende führen und morgen heimkehren.«
»Aber was, wenn wir ihn mitnehmen müssen? Ein Vollmagier sollte auf Schloß Roogna kommen.«
»Kein Problem«, sagte Chet. »Ich kann dir gleich sagen, daß er nicht mitkommen wird, und man kann keinen Magier zu etwas zwingen. Es gibt kaum etwas, das den Archivar aus seiner vertra u ten Umgebung locken dürfte.«
»Es müßte auch genügen, sein Talent zu kennen«, meinte Irene. »Dann kann unser eigener Ältestenrat entscheiden.«
Dor war erleichtert. »Ja, natürlich. Also heute nacht. Die anderen können ja schlafen.«
»Haha!« machte Irene, und Krach grunzte zustimmend. »Imme r hin stecken wir gemeinsam in dieser Patsche. Allein baust du doch garantiert Mist.«
»Wie immer, schätze ich auch jetzt euer Vertrauen«, erwiderte Dor schiefmäulig. Aber er schätzte auch ihre Unterstützung. Er fürchtete sich tatsächlich davor, auf sich selbst gestellt nur Mist zu bauen, aber er hatte sie nicht darum bitten wollen, bei einem seiner Meinung nach häßlichen Unterfangen mitzumachen.
In der Nacht setzten sie ihren Plan in die Tat um. Grundy ging zuerst hinaus. Im Dunkeln war der winzige Golem nicht zu erke n nen. Die Luft war rein, und kurz darauf hatten sie – bis auf Chet, der getrennt untergebracht worden war und seinen Stall nicht u n bemerkt verlassen konnte – ihre Menschenbetten verlassen und traten hinaus in die mondbeschienene Nacht. Es war beinahe Vollmond, so daß sie gut sehen konnten.
Sie fanden das Museum ohne Zwischenfälle. Dor hatte erwartet, daß es
Weitere Kostenlose Bücher