Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
als Teil ihrer Welt akzeptiert. Auch heute aß sie ihr selbst gemachtes Pausenbrot genau an dieser Stelle.
…
Seit ihrem sechsten Lebensjahr füllte Serena die Vorräte im Haus auf. Anfangs vor allem mit Gesammeltem aus dem Wald. Später auch mit Erjagtem. Mit sieben hatte sie ihren ersten Hasen und Fasan erlegt, mit neun ihr erstes Reh. Der Wald bot fast alles, was das Herz und die Speisekammer begehrten, vor allem im Herbst. Fand Serena mal keine Nüsse, Beeren, Pilze oder Kräuter, wusste sie genau, welche Wurzeln man essen konnte. Einiges wusste sie von Zorghk, anderes aus Büchern, aber vieles hatte sie einfach durch Beobachtungen gelernt. Was einen Eichhörnchen-, Hasen-, Bären- oder Rehmagen füllte, würde auch ihr nicht schaden. Sie aß was die Tiere aßen, die sie essen würde oder schon gegessen hatte.
Wenn etwas Geld auf dem Tisch lag, ging Serena auch auf den Markt. Was manchmal häufiger, manchmal seltener vorkam, je nachdem, wie viel Arbeit ihre Mutter als Näherin bekam. Serena und Alara kamen über die Runden. Sie hungerten nicht. Ihre Mutter sah Serena nur sehr selten essen und nie kochen. Meist war es Serena, die ihrer Mutter einen Teller warme Suppe hinstellte, ein Brot hinlegte, Fleisch oder Früchte. Wenn sie etwas neben sich hatte, aß Alara, wenn nicht, vergingen meist zwei drei Tage, bis ihr bewusst wurde, dass sie etwas zu sich nehmen musste. Wenn ihr Körper schwerfällig wurde und ihre Arme bei den einfachsten Aufgaben versagten, verstand Alara, dass die Bedürfnisse ihres Körpers nicht befriedigt waren. Auch bei Serena verging eine längere Zeit bis sie Hunger verspürte, aber Zorghk hatte ihr eingebläut, dass regelmäßiges Essen und Trinken wichtig seien und Serena war eine gehorsame Schülerin.
In den ersten Tagen nachdem Zorghk sie in sein Haus eingeladen hatte, war Serena umgekippt. Einfach so. Zorghk hatte sie wachgerüttelt, gefragt wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte und ihr warmes Brot mit Tee, Beeren und Fleisch hingestellt. Erst als das kleine Mädchen alles verschlungen hatte und ihr Körper die Schwäche abschüttelte, verstand sie was HUNGER und SÄTTIGUNG waren. Der Hunger war da, bis man so viel in den Bauch gefüllt hatte, dass er voll war. Satt war voll. Der Bauch leerte sich mit der Zeit und der Hunger kam wieder. Dann musste man ihn wieder vollstopfen.
Um sicherzugehen, dass die Kleine wenigsten einmal am Tag etwas gescheites zu sich nahm, begann der Airen seine Abendbrotzeit so zu legen, dass sie gemeinsam aßen. Der kleine Mann in seinem Schaukelstuhl aß mit geschlossenen Augen, den Teller auf seinem Bauch balancierend und leicht hin und her wippend. Die kleine Serena verschlang neben ihm ihren Anteil. Nachdem Zorghk Serena das Jagen beigebracht hatte, kam sie häufig mit einem Hasen, einem Eichhörnchen oder einen seltsamen Vogel wieder. Eichhörnchen waren flauschig wie Hasen und hatte auch Fleisch auf den Rippen. Wenn auch nicht viel und etwas zäh war es Fleisch und so machte sich Zorghk nicht nur einmal an die Zubereitung von Eichhörnchen. Häuten, ausnehmen, einlegen, braten. Serena sah zu und lernte.
Bald schon füllte sich das kleine Hol zhaus im Wald mit einem saftigen Bratenduft, ohne dass der Airen auch nur einen Finger krümmen musste.
„Fast wie in alten Zeiten“, dachte er sich bei solchen Gelegenheiten und schaukelte weniger brummend und grummelnd als sonst hin und her. Und so kam es, dass Serena mit sieben zwei mal am Tag kochte. Morgens vor der Schule bereitete sie etwas zu, um sich ein bisschen was für die Pause einzupacken und den Rest auf den einzigen Tisch in der kleinen Hütte stehenzulassen. Nachmittags nach der Schule erlegte sie das arme Geschöpf, das ihren Weg zu Zorghks Hütte kreuzte und kochte dort nach Airen Art. Fleisch. Außen knusprig, innen saftig, gefüllt mit den verschiedensten Kräutern und einer vor Fett glänzenden Soße.
…
Heute Morgen hatte sie schnell die Reste des etwas mageren Hasen, der ihr davor in die Schlinge gelaufen war, zubereitet. Serena saß da, kaute auf einem Stück etwas zäh geratenen Hasenrückens herumkauend und ließ ihren Blick wie jeden Tag über das Dorf schweifen. Sie nahm alle Geräusche in sich auf, filterte die einzelnen Laute heraus und ordnete sie ein. Doch in der sonst so harmonischen Geräuschkulisse störe Serena etwas. Sie horchte auf und filterte eine Stimme heraus, die an ihr zerrte. Sofort erkannte Serena, wem die Stimme gehört, die sie aus der Ruhe brachte.
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