Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
verschlungen, dass es niemand aus dem Dorf gewesen war . Und so kam diese Geschichte keinem zu Ohren. Die Familie würde dieses Jahr den Gürtel enger schnallen müssen, aber sie würde es überleben.
Der Gedanke, seine eigene Tochter - sein Augapfel - könne der gesucht e Dieb sein, war ihm ferner als die Sterne am Himmel. Die vom nächtlichen Weinen geröteten Augen und die Niedergeschlagenheit seines Schatzes, schrieb der liebende Vater dem Verschwinden des jungen Laurenz zu. Merez Oberson hatte mit etwas Sorge verfolgt, wie seine Tochter sich dem Jungen zugewandt hatte und spürte kaum mehr als Erleichterung. Auch wenn er niemals der Liebe seiner Tochter im Weg gestanden hätte, war er froh, dass sie keine ernsteren Bande mit dem Fremden geknüpft hatte.
Da er und seine Frau keine weiteren Kinder bekommen konnten und Laura ihr Einziges war, würde ihr zukünftiger Mann mit ziemlicher Sicherheit das Amt des Aufsichtsmeisters bekleiden. Auch wenn das Amt alle fünf Jahre vom Dorfrat neu vergeben wurde, war die Position, seit die Bewohner Krems zurückdenken konnten, immer in der Hand der Obersons gewesen. Da man in Krem mit Traditionen nur schwer bis gar nicht brach, war es mehr als wahrscheinlich, dass Lauras Auserwählter seine Nachfolge antreten würde. Merez Oberson behagte der Gedanke, dass ein Fremder für das Wohl der Bürge sorgen würde, ganz und gar nicht. Er wünschte sich jemanden aus dem Dorf. Jemanden, der seine Bewohner und ihre ungeschriebenen Gesetze und Traditionen kannte.
Merez Oberson hatte auch jemand bestimmtes im Sinn, hütete sich jedoch davor irgendjemandem davon zu erzählen. Nicht einmal seine Frau wusste von seinem Favoriten. Merez kannte seine wunderschöne und dickköpfige Tochter zu gut. Würde sie auch nur erahnen, wen er für sie im Sinn hatte, wäre all seine Hoffnung verloren und sie würde den perfekten Kandidaten nur aus Trotz nicht einmal mehr ansehen.
S o oder so Merez Oberson war im Großen und Ganzen zufrieden, wie die Sache ausgegangen war. Auch wenn es sich um eine ordentliche Summe handelte, die das Überleben seiner Familie für mehr als ein Jahr gesichert hätte, gehörte er zu den wenigen glücklichen Menschen, denen nicht viel an Geld lag. Er verschmerzte den Verlust leicht und spann weiter unbemerkt sein Netz um den jungen Mann seines Herzens und seine Tochter. Seine Position, ihre Vorräte und sein naturgegebener Drang zur Arbeit hielten sie mehr als über Wasser, wenn auch die Geburtstagsgeschenke dieses Jahr etwas weniger pompös ausfallen würden. So verlief alles wieder seinen gewohnten Gang ... Bis die nächsten Fremden sich in das kleine Dorf verirrten.
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Die kleine Gruppe schien nur auf der Durchreise zu sein und somit waren ihre beiden Mitglieder gern gesehen Gäste in Krem. Reisende brachten Geld mit und kamen mit dem unausgesprochenen Versprechen einen Teil davon in Krem zu lassen. Vor allem Nahil Longershot, der Wirt der einzigen Kneipe in Krem, nach seinem Besitzer einfach Longershot getauft, freute sich über den seltenen Besuch. Denn er war auch der Einzige, der eins zwei Zimmer hatte, die er bei Bedarf gerne gewinnbringend an Durchreisende vermietete.
Krem lag abseits von allen großen Städten und nur wenige fanden den Weg hierher. Nach Smalt, der nächsten Stadt, waren es zehn Tage Fußmarsch, wenn man nicht den Dunkelwald durchqueren wollte und nur selten nahm jemand außer den tüchtigsten Kaufleuten den Weg auf sich. Im seltenen Falle, dass doch jemand den Weg in das kleine Dorf fand, war die Kneipe immer mit neugierigen Männer und Frauen gefüllt. In der Hoffnung die eine oder andere interessante Geschichte zu hören und zu erfahren, was in der Welt außerhalb Krems passierte, versammelte sich fast das ganze Dorf in der kleinen Schenke und das alles anders als wohlschmeckende Bier aus Nahils eigener kleinen Brauerei floss in Strömen.
Nach dem ersten Humpen verzogen sich die Gesichter nicht mehr ganz so sehr und man orderte ein zweites und drittes Glas von der dunklen, undefinierbaren und übel riechenden Flüssigkeit, deren Geruch allein von Kopfschmerzen und Übelkeit am nächsten Morgen kündete. Auch das Gerücht, dass Mörhgrig Natz, der Dorftrunkenbold, nach vier Gläsern eine Woche lang blind gewesen sein solle, wurde beiseitegeschoben. Es war nie bestätigt worden und Mörhgrig konnte wieder sehen, auch wenn er seit dem Vorfall manchmal stundenlang nicht aufhören konnte, mit dem linken Auge zu zucken, vor allem wenn
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