Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
Mädchen huckepack tragend, ohne ihr mehr Schmerzen als nötig zu bereiten. Doch das Mädchen hatte schon vor einer ganzen Weile das Bewusstsein verloren, nahm nichts wahr und spürte nichts. Ihr Geist war in der Schwärze gefangen und hätte den Körper schon längst verlassen, wenn er nicht an etwas gebunden wäre, das ihn in einem erbarmungslosen Griff an den Körper band.
Serena stieß ungeschickt die Tür zum kleinen Holzhaus im Wald auf und rief: „Zorghk! Das Mädchen braucht Hilfe.“ Schneller, als es sein Äußeres vermuten ließ, war Zorghk an der Tür und ließ Serena das Mädchen aufs Bett legen. Sie atmete kaum noch. Die zerrissene n Stofffetzen hingen in den offenen Wunden. Zorghk stelle keine Fragen und sagte zu Serena kurz angebunden: „Hol Alara!“ Während er versuchte die Reste der Kleidung von den Wunden zu trennen und sie zu säubern, machte Serena wortlos kehrt und rannte so schnell wie möglich los. Sie achtete nicht auf ihre Tunika, die getränkt war mit dem fremden Blut. Sie wusste, dass ihre Mutter in schlimmen Krankheitsfällen von den Dorfbewohnern gerufen wurde, aber was konnte sie bei solchen Verletzungen schon ausrichten? Serena hatte Zweifel, ob ihre Mutter der Kleinen helfen konnte, aber sie tat was ihr gesagt wurde. Das tat sie immer.
So schnell war Serena noch nie die Strecke zwischen Zorghks Haus und ihrem gelaufen. Sie riss die Türe auf und sah, dass ihre Mutter wach war und sie anstarrte. Nach einem Blick auf Serenas blutige Tunika, griff sie nach einem Beutel auf dem Tisch und sagte nur: „Bring mich zu ihr.“ Ruhig aber bestimmt. Als hätte sie ihr Leben lang auf diesen einen Augenblick gewartet.
Serena brachte sie zu Zorghk und musste darauf achten mit Alara Schritt zu halten, denn diese eilte ihr in einem Tempo voraus, zu dem Serena sie nie für fähig gehalten hatte. Als sie angekommen waren, ließ Zorghk sie ohne Worte der Begrüßung rein. Serena hatte die beiden noch nie zusammen gesehen. Sie wusste nicht einmal, ob sie sich kannten. Der Umgang der beiden miteinander jedoch verriet, dass sie sich nicht fremd waren.
Zorghk machte ohne Worte am Bett des Mädchens Platz, damit Alara sich ein Bild von der Situation machen konnte. Serena hatte ihre Mutter noch nie bei der Arbeit zugesehen, da Alara immer alle hinausschickte, bevor sie mit der Behandlung begann. Diesmal schien sie sich nicht darum zu kümmern. Zorghk hatte die Wunden so gut wie möglich gesäubert. Der Lappen und das Wasser im Krug waren vom vielen Blut tief rot gefärbt.
Alara holte verschiedene Kräuter aus ihrem Beutel und drückte sie Zorghk mit der Anweisung in die Hand, sie ein wenig mit klarem Wasser zu vermengen und zu einem Brei zu zerstoßen.
„Ich weiß nicht, wie weit ich ihre Wunden schließen kann. Ich werde Kraft brauchen, um ihre Seele zurückzuholen. Falls es mir gelingt, kann es sein, dass meine Kräfte nicht ausreichen, um ihre Wunden zu heilen.“ Ihre Seele zurückholen? Woher zurückholen und was genau? Serena war in den verschiedensten philosophischen Werken auf den Begriff „Seele“ gestoßen, hatte ihn jedoch nie verstanden. Vor mehren Jahrhunderten, in einer Zeit, als die Welt noch rund gewesen sein soll, hatte es eine Religion gegeben, deren Anhänger an die Existenz von „Seelen“ und einem Leben nach dem Tod im „Himmel“ oder in der „Hölle“ glaubten. Je nachdem, ob man dem Regelwerk der Religion nach ein guter oder ein böser Mensch zu Lebzeiten war, kam man in den „Himmel“ oder in die „Hölle“. In welche die Guten und in welche die Schlechten kamen, ging aus den Werken nicht eindeutig hervor.
Der sonst so mürrische Airen, der sich von niemanden etwas sagen ließ, weil es einfach nicht in seiner Natur lag, folgte ohne zu murren. Alara setzte sich auf die Bettkante, hielt ihre Hände über dem kleinen Körper und schloss die Augen. Es mag vielleicht nur Einbildung gewesen sein, aber Serena glaubte zu sehen, wie ein Licht von den Handflächen ihrer Mutter ausging und in den Körper des Mädchens eindrang. Ein leichtes Zucken ging durch die kleine Gestalt.
In dem sonst immer gleichbleibende Gesichtsausdruck ihrer Mutter, änderte sich plötzlich etwas, wenn auch nur unmerklich. Sie wirkte angespannt und ihre Augäpfel schienen hinter den geschlossenen Augenlider nach etwas zu suchen. Reglos saß sie für mehrere Minuten da, die Serena wie Stunden vorkamen.
Plötzlich stieg ein Strahl roter Energie aus dem Mädchenkörper und peitschte auf Alaras
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