Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
Er dachte an die Spuren von alten Narben, auf die er bei der Reinigung der Wunden gestoßen war und ballte mit hilfloser Wut im Bauch seine riesigen Hände zu Fäusten, die Stein spalten und Holz zerbersten wollten.
Sie war noch nicht mal ein Kind, ein Baby. „Was ist mit ihm? Wo ist seine Leiche?“ Zorghks Stimme sprach von unterdrücktem und alles verzehrendem Hass. Serena schaute überrascht hoch. Sie hatte nicht darüber nachgedacht, ob der Mann tot sei oder nicht.
„Du hast sie liegen lassen?“, brauste Zorghk wütend auf, „das wird morgen das ganze Dorf wissen. Ihr müsst noch heute Nacht aufbrechen!“
„Sie ist nicht stark genug, um ...“, versuchte Serena einzuwenden.
„DANN TRÄGST DU SIE!!!“, donnerte Zorghk ungehalten. Alles in ihm zerrte an den wenigen schwachen Seilen, an die er seine Gefühle gebunden hatte. Rissen, zogen, wollten frei kommen und Zerstörung bringen. Sinnlose alles vernichtende Gewalt, aber er musste einen kühlen Kopf bewahren. Niemand durfte von ihrer Existenz erfahren.
„Wohin soll ich ...“, wollte Serena erneut einwenden. In Zorghks Kopf ratterte es: „Ihr werdet durch den Wald fliehen, abseits von allen bekannten Wegen.“ Und es ratterte wieder und wieder, während er sich einen Plan zurechtlegte.
„DU bringst sie über das Flachland, durch den Dunkelwald und das Senjyou Gebiet nach Torn in die Berge zu den Airen. Wenn ihr auf Senjyou trefft und sie das Amulett bei dem Mädchen finden, werden sie euch helfen oder euch umbringen.“
„Dann müssen wir es loswerden“, begann Serena, wurde aber von einem kurzen panischen Lachen abgeschnitten.
„Der Anhänger lässt sich nicht abnehmen. Wenn du leben willst, fasst du ihn nicht an.“ Zorghks Blick wanderte zu dem Amulett und purer Hass leuchtete in seinen kleinen grünen Augen. Tiefer als jedes Grab und heißer als die Sonne. Es hatte sie ihm entrissen, das Licht des Lebens aus ihren Augen gelöscht und hatte diesem kleinen Geschöpf ein Leben in der Sklaverei beschert. Mit all seinem Hass verfluchte er den Tag an dem das Amulett gemeißelt und geschnitzt worden war und jede Hand und jeden Mund die den Zauber geschrieben und gesprochen hatte.
Dann sah er sie vor Augen, hörte ihre Stimme, ihre Predigten, die sie so oft gehalten hatte. Sie hatte daran geglaubt und er würde alles tun, damit ihr Traum in Erfüllung gehen würde. ALLES. Es hatte schon zu viele Opfer gekostet. Es gab kein Weg zurück. Zorghks Blick fiel auf das Mädchen, dass er nun über zehn Jahre ausgebildet hatte. Dessen Vater er auf dem Gewissen hatte und Mitleid füllte sein Herz. Eine weitere Seele, auf dem Weg zur Opferung am Altar der Hochmut und der Blutgier. Sie würde es nicht kommen sehen und nicht spüren. Sein Blick glitt zu Alara. Er wusste noch nicht genau , welche Rolle sie einnahm: Die des Opferlamms oder war sie die Priesterin mit dem todbringenden und Blut geweihtem Opferdolch? Er würde es herausfinden. Er würde seine eigenen Vorkehrungen treffen. Jetzt musste er an Serenas Fähigkeiten glauben, die er ihr antrainiert hatte.
„Bedeckt euer Gesicht , wenn ihr jemanden begegnet. Es könnte sein, dass man nach euch fanden lässt, wenn raus kommt, dass du um einer Sklavin willen einen Herren getötet hast. Selbst in einem verschlafenen Dörfchen wie Krem wird wohl ein fettes Kopfgeld auf dich ausgesetzt werden.“ Zorghk beäugte Serena kritisch und begann hektisch hin und herzurennen und dies und das einzupacken.
Sie widersprach nicht und ließ alle Vorbereitungen über sich ergehen. Zorghk packte das Notwendigste und auch Alara, brachte einen Beutel mit ein paar Sachen von Zuhause. Serena hatte nicht gehört oder gesehen, wie Alara die Waldhütte verlassen hatte. Als Serena wohl gerade geblinzelt hatte, hatte Alara der Kleinen die Wunden verbunden und sie in Gewänder gekleidet, die egal wie man es betrachtete, zu groß waren. Auch Serena musste ihre blutverschmierte Kleidung gegen eine waldfarbene Tunika und einem ebenso unauffälligen Umhang tauschen. Mit dieser Kleidung konnte sie im Wald auf einer Lichtung stehen und jeder der nicht genau hinsah, würde sie für einen Strauch halten.
In einem großen Beutel wurden Schlafsäcke, Proviant, Feuersteine, Messer, und eine Karte der Landen gestopft. Auch ein klimperndes Säckchen mit Münzen verschwand dort. Zorghk drückte ihr einen Kampfstab in die Hand, der genauso ein Wanderstab hätte sein können und für den ihn die meisten wohl auch halten würden. Noch bevor
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