Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
„Hast du immer noch nichts herausgefunden?“
„Entschuldigt , Meister Morphis. Zunächst hatte ich es an der Grenze zwischen dem Vostoken und Senjyougebiet ausgemacht. Aber es wandert schnell und ist in den Wäldern der Senjyou abgetaucht. Die Senjyou sind selbst ihren eigenen Rassengenossen so misstrauisch gegenüber, dass in diesen Wäldern zu häufig Schutzschilder und unsichtbare Wände hochgezogen worden sind. Die Reste vieler Zauber sind zu einem verschmolzen. Sie haben ein eigenes Leben und einen eigenen Willen entwickelt. Es erschwert meine Suche und blendet mein inneres Auge.“
Morphis ging auf die kniende Alara zu, beugte sich zu ihr herunter und nahm ihr Kinn zwischen seine Finger.
„Du würdest mich doch nie belügen, oder? Auch nicht für deine Bastardtochter, die dir dieser Vostoke verpasst hat, nicht wahr?“ Seine Stimme wurde immer grimmiger und seine Hand immer grober. Alara hielt seinem Blick stand und erwiderte nur: „Ihr wisst, dass ich nur Euch folge. Auch die Empfängnis und die Geburt geschahen auf Euer geheißen.“ Morphis schaute Alara tief in die Augen und suchte nach so etwas wie Ablehnung, Hass, aber er fand wie immer nur Leere. Ja, er hatte es ihr befohlen, weil es ihm in dem Moment gepasst hatte. Jahrelang hatte er vergeblich versucht an die Quelle ihrer Macht zu kommen. Seine letzte Hoffnung war gewesen, dass ein Kind ihre Macht erben würde. Ein kleines hilfloses Kind ... Ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ...
Er hatte bei Alara versagt. Die Aufgabe eines Schlüssels war es, verschlossenen Herzen zu öffnen. In diesem Zeitalter waren es Vostoken, Airen, Senjyou, in früheren waren es andere Rassen gewesen. Menschen. Morphis schüttelte sich innerlich, zwang sich jedoch äußerlich ruhig zu bleiben. Er hasste sie. Er hatte das Zeitalter der Menschheit und ihre Technologie gehasst, das ihm so viel Leid gebracht hatte. Aber es war vorbei und die Menschheit mit ihrer Technologie ausgerottet. Er atmete tief durch. Keiner erinnerte sich an sie. Ihre Nachkommen waren entstellt, verformt und ihre Technologie vergesse.
Magie erfüllte wieder die Welt und Maschinen und Computer war vergessen. So wie es sein sollte. Die Menschheit war mit ihren Errungenschaften ausgerottet worden. Ausgerottet von ihren eigenen Schöpfer. Nur wenige überlebten, verformten ihren Geist und ihren Körper und vergaßen, was ihre Ahnen einst erreicht hatten. Ein schrilles hysterisches Lachen entrang sich seiner Kehle, die von tief sitzendem Wahnsinn zeugte und wandelte sich in ein Gurgellaut.
Es gab ein bestimmtes Maß an schlimmen Erlebnissen, die ein vernunftsfähiges Wesen ertragen konnte. Wenn auch jede Grenze individuell war. Wurde sie überschritten, lag es im Wesen der Natur, dass Emotionen abgestellt wurden, um das Überleben zu sichern. Manchmal jedoch kamen Kinder ohne Gefühle auf die Welt, ohne Lebenslicht in den Augen, aber mit einer unvorstellbaren Kraft in sich ruhend.
Morphis hatte so jemanden in Alara gesehen, als ihre Mutter sie zu ihm ins Nordkloster gebracht hatte. Eine Frau verängstigt und angewidert von ihrem eigenen Kind, das nicht lachte, nicht weinte, auch nicht wenn es blutete und man es grün und blau schlug. Ein Kind, das einen mit seinen leeren Augen nur anstarrte. Er hatte große Kräfte in Alara vermutet und alles getan, um sie sich einzuverleiben. Morphis hatte diese Kraft gewollt, gebraucht und er wollte sie immer noch. Allein ihr Anblick machte ihn noch wahnsinniger, als er es bereits war. Sie erinnerte ihn daran, dass es in ihr eine Quelle gab, an die er nicht herankam. Morphis wollte sich die Harre ausreißen, wollte sie IHR herausreißen und mit ihnen ihre Kraft. Aber er wusste es würde nichts bringen. Sie würde den Schmerz nicht fühlen und er würde nicht in der Ekstase versinken können, den Schmerz in ihren Augen zu sehen. Das einzige was er je in ihren Augen sah, war ein Spiegelbild von sich selbst.
Aus Wut über sie und als letzten Versuch sich ihre Energie doch noch zu einzuverleiben, hatte Morphis Alara befohlen diesem Menschen gefügig zu sein. Sollte ein Kind aus der Verbindung entstehen, würde er sein Glück bei ihm versuchen. In jedem Fall war sie aus seinem Augenfeld verschwunden und er wurde nicht jedes mal an sein Versagen erinnert, wenn er sie ansah.
Es entsprang der unheilvollen Verbindung tatsächlich ein Kind. Doch weder als Baby noch später spürte er irgendeine Macht in ihm. Immer nur Leere. Dort , wo eine Seele sein sollte, war nur
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