Zerfleischt - Der ultimative Thriller
Dächer und mächtigen Bäume, Fahnenmasten und Kirchenturmspitzen. Ja, alles in diesen Ort hineingebaut und -gestampft. Er war für Lebewesen vorgesehen, nicht für mumifizierte, alte Hexen auf einem Besenstiel wie sie. Sie sah flüchtig ihr Spiegelbild im Fensterglas und es wirkte, als schwebte ein Geist über der Stadt. Sie konnte die kriechende Trockenheit des Alters fühlen, die Feuchtigkeit des Grabes, die ihre Knochen zusammenschrumpfte. Und das Entsetzen vor dem, wer sie war und nie wieder sein würde.
Sie wankte zur Tür.
Sie konnte hören, wie unten Essen köchelte, wie Phyllis summte und die Kinder sich unterhielten und lachten. Echte, prächtige, lebendige Geräusche. Das waren nicht ihre Geräusche. Ihre Geräusche waren wie Regen auf Betongewölbe und Herbstblätter, die über Gruft-Türen geblasen wurden, über Spinnen, die Netze in rabenschwarzen Gräbern spannten, über tote Blumen und schwarzen Erdboden und salpeterhaltige Kästen, die sie im verrottenden Bauch der gesunden Erde festhielten.
Una lief den Gang zur Treppe hinunter, stand da und fühlte eine Stille in sich, die nie mehr von Lärm gestört werden würde. Es war alles, was sie hatte, diese begehrende und umfassende Stille, leer und sehnsüchtig und hohl. Der Klang von Friedhöfen und verlassenen Orten, lauschenden Kirchhöfen.
Die Stufen hinunter, dann eins, zwei, drei, vier …
Sie konnte das Abendessen riechen.
Sie hatte immer einen gesunden Appetit gehabt, aber jetzt war er verschwunden. Skelette waren nie hungrig und Vogelscheuchen brauchten kein Brot. Sie konnte die Schmerzen und Qualen und Starrheit eines Lebens spüren, das schon vor langer Zeit aufgehört hatte produktiv zu sein.
Sie schaffte es nach unten und auf einmal waren die Kinder still und Phyllis hörte auf zu summen. Sie hielten die Luft an, warteten, trieben mit einer alten Frau ihr Spiel, die in ihrem Herzen für Spiele nichts mehr übrig hatte.
Una lief durch das Wohnzimmer zur Küche. Es roch fleischig und stark und würzig.
Immer noch keine Geräusche.
Überhaupt keine Geräusche.
Sie kam in die Küche und sah sie im Esszimmer sitzen.
Phyllis. Stevie. Melody.
Sie waren nackt.
Und hatten Glatzen.
Sie hatten ihre Köpfe rasiert. Alle grinsten, ihre Kinne glänzten fettig. Eine Fleischfaser hing aus Melodys Mund heraus und sie saugte sie ein. Auf dem Tisch stand das Essen, das Phyllis gekocht hatte. Was sie gehackt, geschnitten, geschmort und gekocht und gebraten hatte, und es roch widerlich. Und der Anblick … nein, nein, nein, du alte Frau, du hast deinen Verstand verloren, das hier kannst du nicht sehen! Das kannst du nicht anschauen!
»Setz dich, Tantchen«, sagte Phyllis.
»Und iss«, sagte Melody.
»Es ist lecker«, sagte Stevie, während er etwas Blasses auf seinem Teller aufgabelte.
Una schüttelte den Kopf, als sich ein Schrei aus ihrer Kehle löste. Was von Benny Shore übrig war, war auf dem Tisch verteilt. Der Ernährer dieses Haushaltes, der sogar jetzt ernährte . Seine Glieder waren geröstet und seine inneren Organe geschmort worden, sein Blut war eine Suppe und seine Gedärme waren mit Marmelade gefüllt. Und dort auf der Servierplatte, umgeben von angebratenen Kartoffeln und Karotten, garniert mit Dill, lag sein Kopf, glasiert wie ein Schinken, sein schreiender Mund war mit einem Apfel gestopft.
»Setz … dich«, sagte Phyllis, während ihr der Sabber aus dem Mund lief und ihre funkelnden Augen sie mit einer fixierten Verrücktheit anstarrten.
Schreiend und geistesgestört setzte sich Una.
Dann waren die Kinder da, drängten sich heran, stopften fettiges und helles Fleisch in Una hinein, quetschten es mit ihren schmierigen Händen ihre Kehle hinunter, fütterten ihre Großmutter mit dem Fleisch und Blut ihres Vaters, während Phyllis sie festhielt. Sie leerten Schüsseln und Platten und Servierteller aus, kippten alles über Una, schütteten Suppe über ihren Kopf und schoben halb gares Fleisch in ihren Mund, bis sie nicht mehr atmen, nicht mehr schlucken, gar nichts mehr tun konnte, außer vom Stuhl zu fallen, zu würgen und zu würgen, während sie über ihr standen und grinsten.
Dann stürzten sie sich auf sie mit Messern und Zähnen.
39
Das Fleisch des Jungen war süß und gehaltvoll. Nahrhaft.
Das Wesen, das einmal als Maddie Sinclair bekannt gewesen war, ruhte sich von der Mahlzeit des Jungen aus – vollgefressen, aufgebläht und zufrieden. Sie schnarchte. Ihre Glieder zitterten. Nackt und mit trockenem Blut, Fett
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