Zero kommt gleich

der ganzen Aufregung habe ich vergessen,
mich anzuziehen«, entgegnete sie lahm.
    »Was ich gar nicht bedauerlich
finde, Schatz .« Jetzt war seine Stimme ausgesprochen
gierig. »Daß mir das noch nie aufgefallen ist...«
    Nun konnte ich auch ihn sehen —
er hatte den braunen Hut ins Genick geschoben und seinen Regenmantel über der
Schulter. Ehe Maggie noch ausweichen konnte, griff er nach ihren Brüsten. Ein
angeekelter Zug trat um ihren Mund, dann warf sie einen Blick zurück und sah
meine auf sie gerichtete Pistole.
    »Nimm wenigstens den Hut ab«,
fauchte sie ihn an.
    »Entschuldigung«, lachte er
dreckig und nahm wirklich den Hut ab. In dieser Sekunde landete der
Pistolenkolben auf seinem Kopf, und er sank zu Boden.
    »Danke, Maggie«, sagte ich
ehrlich bewundernd. »Das hat prächtig geklappt .«
    »Wenn Sie es nicht weitersagen,
verrate ich Ihnen, daß es mir ein ausgesprochenes Vergnügen war .« Sie warf einen verächtlichen Blick auf die bewegungslose
Gestalt am Boden. »Und was geschieht nun ?«
    »Wenn Halloran wieder aufwacht, erzählen Sie einfach die Wahrheit: Wie ich Sie mit der Pistole
in der Hand gezwungen habe, diese Szene zu spielen«, sagte ich. »Sie können ihm
auch noch mitteilen, daß ich Janice O’Brien nicht ermordet habe, aber alles
daransetzen werde, den Täter zu finden .«
    »Das werde ich tun«, entgegnete
sie zweifelnd. »Bloß glaube ich nicht, daß er es mir abnimmt, zumindest was die
O’Brien angeht .«
    »Und jetzt noch eins, und das
gilt für Sie beide: Wenn Sie der Polizei ein Wort verraten, sind Sie auch die letzte
Hoffnung los, die Steine je zurückzukriegen .«
    Maggie Smith nagte ein paar
Sekunden an ihrer Unterlippe, dann nickte sie zögernd. »Da könnten Sie recht
haben, Kluger .«
    Ich nahm Halloran den Regenmantel ab und zog ihn mir selber über. Neugierig beobachtete mich der
Schwarzkopf, während ich mir auch noch den braunen Hut ins Genick stülpte.
    »Was soll das ?« sagte sie schließlich.
    »Ich wollte immer schon wie ein
Versicherungsdetektiv aussehen«, erklärte ich ihr ernsthaft.
    Als ich das Apartment verließ,
hatte sie sich immer noch nicht von ihrem Erstaunen erholt.
    Zu dieser frühen Morgenstunde
konnte die Eingangshalle unten bestimmt nicht strahlend erleuchtet sein.
    Ich hatte mich nicht geirrt.
Der Polizist neben der Eingangstür nickte mir zu, als ich hinausging. Er
brauchte mich nicht nach meinem Woher und Wohin fragen, denn ich war ja dieser
Versicherungskollege, der das Haus gerade vor einer Viertelstunde betreten
hatte. Wer reingeht, muß auch wieder rausgehen, und er hatte keine Veranlassung
anzunehmen, daß sich unter der Verpackung ein anderer Mann verbergen könnte.
    Als ich auf die Straße trat,
dämmerte der frühe Morgen herauf — es würde ein schöner Tag werden. Das hoffte
ich wenigstens, ich hatte einen schönen Tag nämlich bitter nötig.
     
     
     

7
     
    Ich öffnete mit dem
Hausschlüssel und zog leise die Tür hinter mir zu. Als ich kaum ein paar
Schritte gemacht hatte, erschrak ich beinah zu Tode.
    Eine verschlafene Stimme fragte
plötzlich aus dem Wohnzimmer: »Mike, sind Sie das ?« Diane
setzte sich auf und gähnte. »Ich habe auf Sie gewartet .« Sie gähnte noch einmal und reckte sich wohlig. » Wieviel Uhr ist es ?«
    »Kurz nach sechs.«
    »Da haben Sie ja eine
anstrengende Nacht hinter sich, Mike Farrel .« Die Worte klangen leicht amüsiert, aber es schwang ein
merkwürdiger Ton mit. »Die Freundin meines Mannes muß hinreißend gewesen sein .«
    »Sie war eine Sängerin in Chris
Edwards Nachtklub und weiter nichts Besonderes, das arme Wurm«, entgegnete ich
müde. »Und jetzt ist sie überhaupt nicht mehr .«
    »Was meinen Sie damit ?«
    »Sie ist tot .« Ich ließ mich in den nächsten Sessel fallen und lehnte meinen Kopf gegen das
Polster. »Jemand hat sie langsam und häßlich ermordet .«
    »Mike!«
    Ich erzählte ihr alles. Von dem
Moment an, da ich Janice in Hagan’s Bar kennengelernt hatte, bis zu dem Zeitpunkt, als ich Maggie Smiths Wohnung
verließ. Diane hörte aufmerksam zu. Ihr blondes Haar war reizend zerstrubbelt , und ihre Wangen waren noch leicht vom Schlaf
gerötet. Bei meiner Erzählung verzog sich ihr voller Mund zu einer harten
Linie.
    »Selbst wenn Halloran und diese Smith der Polizei nichts erzählen«,
sagte sie leise, nachdem ich meinen Bericht beendet hatte, »was nützt das
schon? Leutnant Cromby wird auf jeden Fall annehmen,
daß Sie sie umgebracht haben .«
    »Möglich«, gab ich zu.