Zero Unit
scheußliche Gehässigkeit, getarnt als vermeintliche Routineaufgabe. Am liebsten hätte sie ihm widersprochen, beherrschte sich aber. Denn insgeheim beobachtete jeder der Umstehenden ihre Reaktion. Die konnten sie alle mal kreuzweise.
»Klar«, sagte Sarah. »Einstweilen«, fügte sie mit fester Stimme hinzu, »sollten Sie der Spurensicherung besser das hier übergeben.« Sie zeigte auf das heruntergekommene Backsteingebäude hinter dem Container. Dort lag auf dem äußersten Rand eines verrotteten Fensterbretts ein kleines schwarzes Mobiltelefon – in all dem Dreck und durch die gesprenkelten Schatten war es leicht zu übersehen. Es sei denn, man schaute tatsächlich hin.
Das gesamte Spurensuche-Team hob gleichzeitig den Blick vom Boden und sah zum Fenster hinüber, das bislang noch keiner von ihnen untersucht hatte. Zwar war Sarah klar, dass die anderen irgendwann auch selbst draufgekommen wären – die SpuSi-Truppe war stets überaus gründlich am Werk, und der Tatort war ja auch noch nicht wieder freigegeben worden – , dennoch war es befriedigend, ihnen allen zu beweisen, dass sie immer noch eine verdammt gute Ermittlerin war, auch wenn es in letzter Zeit nicht so aussah.
Der Lieutenant marschierte zu dem Sims und inspizierte mit zusammengekniffenen Lippen das Handy. Dann bellte er wutschnaubend den nächsten greifbaren Spurensicherungsexperten an, er solle gefälligst seine Arbeit erledigen, wirbelte herum und verschwand in die entgegengesetzte Richtung.
Also schön . Sarah kramte in der Jackentasche nach ihrem Notizblock und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die kleine Schar zwielichtiger Gestalten, die sich hinter dem gelben Absperrband an der Einfahrt zur Gasse versammelt hatte.
»Schätze, dann werde ich mal die Zeugen verhören«, sagte sie an niemanden Bestimmtes gerichtet.
»Warten Sie, McPhee«, rief Jonesy. »Ich komme mit Ihnen.«
Sarah seufzte. Na herrlich.
Chesapeake Bay vor Norfolk, Virginia
Am nächsten Morgen
FBI Special Agent Rebel Haywood stand am Bug eines Boots vom Typ RBM der amerikanischen Küstenwache und genoss die morgendliche Ruhe vor dem bevorstehenden Einsatz. Ein kalter, salziger Gischtstrahl wusch ihr die Wärme der Frühlingssonne vom Gesicht. Sie war lange nicht auf dem Wasser gewesen und kostete jeden Moment der Fahrt aus. Selbst unter den gegebenen Umständen.
»Wir nähern uns dem Ziel«, hörte sie eine Stimme über das Headset. »Macht euch bereit, Leute.«
Genau vor ihnen war der Grund dieses Zusammenschlusses von FBI und Küstenwache zu sehen: eine kleine, aber luxuriöse Jacht mit Namen Allah’s Paradise , die in einem malerischen kleinen Flussarm am Westufer der Chesapeake Bay vor Anker lag.
Da vibrierte plötzlich Rebels Telefon in ihrer Tasche. Sich innerlich windend zog sie es dennoch rasch hervor und blickte auf das Display. Beinahe hätte sie laut aufgestöhnt. Helena Middleton. War ja klar . Helena rief immer im unpassendsten Moment an.
Rebel überlegte kurz, ob sie das Handy einfach ausschalten sollte. Aber sie war bei der Arbeit und musste für ihren Vorgesetzten jederzeit erreichbar bleiben. Er bestand darauf. Besonders heute. Es handelte sich um einen äußerst wichtigen Einsatz, und sie war angehalten worden, sich regelmäßig zurückzumelden.
Das Telefon vibrierte erneut.
Rebel wollte es sich auf keinen Fall wegen eines privaten Telefongesprächs während der Arbeitszeit mit Captain Montgomery, dem Einsatzleiter der Küstenwache und den zwei Supermachos Chet und Sampson, die den Sondertrupp abrundeten, verderben. Die Männer waren ohnehin schon bedient, weil das FBI eine Frau geschickt hatte. Ihrer Meinung nach war dieser Einsatz Männerarbeit. Also wartete Rebel, bis Helena auf die Mailbox umgeleitet wurde.
»Haltet euch bereit, Leute«, sagte Captain Montgomery über Funk.
Das RBM wurde langsamer. Über ihnen knackte der Bordlautsprecher. »Hier spricht die amerikanische Küstenwache. Bitte bereiten Sie sich für eine Untersuchung an Bord vor«, rief Montgomery.
Rebels Handy summte schon wieder. Mist . Helena Middleton war wirklich hartnäckig wie die Pest.
Mal im Ernst. Kein Mensch, der noch ganz bei Trost war, würde jetzt rangehen. Andererseits rechnete sich Rebel gut ungefähr fünfundvierzig Sekunden aus, bis der Einsatz tatsächlich starten würde. Wenn sie jetzt abnahm, hätte sie wenigstens eine gute Ausrede, gleich wieder aufzulegen. Helena würde es nicht zu einem noch ungünstigeren Zeitpunkt wieder versuchen.
Mit einem
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