Zero Unit
dich.«
Die gönnerhaft ausgesprochene Erklärung brachte Rebel beinahe dazu, über ihre viel zu großen Schuhe zu stolpern. Sie versuchte noch, sich an der Reling abzufangen, griff aber daneben und bekam gleich danach die Schranke der Gangway in den Rücken, wodurch sie erneut beinahe hingefallen wäre. »Wie bitte?«
Bis vor sechs Wochen war Alex Zane Helenas Verlobter gewesen. Und Rebels bester Freund. Mit der Betonung auf war gewesen. Eine komplizierte Geschichte. Seine Anrufe erwiderte sie schon viel länger als ein paar Wochen nicht mehr. Erst gestern Abend hatte sie es wieder zweimal klingeln lassen. Als ob sie kurz vor dem Schlafengehen noch mit ihm sprechen würde. Damit sie die ganze Nacht von ihm träumte? Wieder einmal? Selbst wenn sie in ihn verknallt war, so verrückt war sie auch nicht.
Ach so, und fürs Protokoll – dass sie ihm aus dem Weg ging, hatte nichts damit zu tun, dass sie sich in einem schwachen Moment letzten Dezember beinahe geküsst hätten. Auch ihr übereilter Umzug nach Norfolk wenige Tage nach diesem schwachen Moment nicht.
Sie kniff die Augen zusammen. Na schön, einverstanden. Vielleicht doch.
»Was ist mit Alex?«, fragte sie Helena, und mit einem Mal erschienen ihr die zwei Anrufe von gestern Abend in einem ganz anderen Licht. »Geht es ihm gut?«
Da wurde die Luft um sie herum plötzlich von Maschinengewehrfeuer zerrissen.
Hoppla! Während ein Kugelhagel über das Deck fegte, stürzten zwei Männer aus der Brücke ins Tageslicht, die sich auf Arabisch etwas zuschrien. Sofort erwiderten Chet und Sampson das Feuer. Der dunkelhäutige Kapitän der Jacht fiel mit einem grauenerregenden Schrei zu Boden.
»Schnappt sie euch, Jungs!«, brüllte Montgomery.
»Muss los«, sagte Rebel, während sie sich zu Boden warf und in Deckung rollte. Dann zog sie ihre Glock 23. Eine Gewehrsalve schlug genau dort ins Holz des Schiffes, wo sie eben noch gestanden hatte.
Nach einer weiteren Reihe von Schüssen taumelte Fähnrich Sampson rückwärts, und seine schneeweiße Uniform färbte sich rot. Als er krachend auf die Planken stürzte, kam Rebel aus ihrer Deckung hervor, erwiderte das Feuer und schnappte sich Sampson am Kragen, um ihn hinter einen wie eine Tuba geformten Abzug zu zerren.
Chet gab ihnen mit lautem Tok-tok-tok Feuerschutz. Als Nächstes hörte Rebel einen der Angreifer aufjaulen. Dem dritten arabischen Schützen entfuhr ein hässlicher Laut, dann stieß er eine Verwünschung aus, drehte sich um und rannte direkt auf Rebel zu.
»Von wegen«, murmelte sie und legte an. Aber ehe sie noch den Abzug drücken konnte, schrie der Mann auf und hielt sich die Seite. Sein Gewehr schlitterte über Deck und hinterließ eine Blutspur. Einen Moment lang war es ganz still.
Montgomery rannte zu dem Mann hin und rollte ihn auf den Rücken. Er schien tot zu sein. Fähnrich Chet legte dem Kapitän Handschellen an. Rebel fühlte Sampsons Puls. Er war schwach, aber gleichmäßig. Gott sei Dank.
Nachdem Rebel sich zögerlich aufgerichtet hatte, steckte sie sicherheitshalber die Waffe des toten Mannes ein, falls er doch nicht so tot war, wie er aussah, und schlich dann vorsichtig weiter. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr, eine Art schwarzer Blitz am Rand ihres Sehfelds. Sie fuhr herum. Nichts zu sehen . Hatte sie ein Plätschern gehört? Oder waren das nur die zwischen den beiden Booten glucksenden Wellen … ?
Geduckt rannte sie zur sperrangelweit offen stehenden Eingangstür des Salons hinüber, wurde dabei jedoch von der Auf- und Abbewegung des Schiffs ins Wanken gebracht. Hm. Hatte sie vielleicht doch gerade jemanden vorbeihuschen sehen? Sie spähte in den Salon. Leer . Mit eingezogenem Kopf kroch sie durch die niedrige Tür und spitzte die Ohren.
»Rebel?«, drang Helenas Stimme zögerlich in ihr Ohr.
Erschrocken zuckte Rebel zusammen. Um Himmels willen. Den Anruf hatte sie ganz vergessen. Mit pochendem Herzen langte sie nach dem Ohrhörer. »Nicht jetzt, Helena.«
»Alex muss mit dir sprechen«, sagte ihre Freundin noch, ehe sie das Handy ausschalten konnte. »Dringend.«
»Er hat meine Nummer«, stieß Rebel hervor und konnte selbst nicht fassen, dass es ihr nicht gelingen wollte, einfach aufzulegen. Mit zusammengekniffenen Augen spähte sie in den hinteren Teil des Salons. Dabei hatten sie und Helena sich nicht einmal besonders nahegestanden. Seit der Verlobung von Helena und Alex sogar noch weniger. Denn wie sollte Rebel mit der Verlobten von ihm eine tiefer gehende
Weitere Kostenlose Bücher