Zero Unit
Freundschaft entwickeln?
»Die habe ich auch«, gab Helena in leicht vorwurfsvollem Tonfall zurück. »Du rufst aber weder ihn noch mich je zurück.«
Rebel fühlte sich ein klein wenig schuldig und ihr Herz verkrampfte sich schmerzhaft. Denn mit Alex war sie richtig gut befreundet gewesen. Er hatte ihre Freundschaft jedoch beendet, als Rebel sich einen anderen Mann gesucht hatte, um über ihre unerwiderte Liebe zu ihm hinwegzukommen. Zugegebenermaßen war sie dabei nicht besonders weise vorgegangen – denn dieser Mann war ausgerechnet Wade Montana, ihr Chef, gewesen. Ehemaliger Chef . Aber das konnte Alex schließlich egal sein. Und ihr im Moment auch, denn es gab drängendere Probleme.
Sie atmete aus. »Schön. Sag Alex, ich werde beim nächsten Mal rangehen.«
»Das kannst du ihm selbst sagen«, erwiderte Helena. »Mit mir redet er eigentlich nicht mehr.«
»Kaum verwunderlich, nachdem du ihn am Altar hast stehen lassen«, murmelte Rebel und wandte sich einem merkwürdigen Geräusch zu.
Aber bis auf ein beleidigtes Schnaufen am anderen Ende der Leitung hörte sie nur das leise Ticken der Tür, die auf und zu schwang.
Sie runzelte die Stirn. Oder war das ihr Handy? Eigentlich klang es eher wie ein Signal als – und es kam tatsächlich aus ihrem Telefon. Aber …
»Rebel, es gibt da wirklich etwas, das du über mich und Alex wissen solltest …«
In diesem Moment erkannte Rebel das Geräusch.
O nein. Nein, nein, nein .
Dieses Mal unterbrach sie die Verbindung, ehe sie so schnell wie sie konnte aus dem Salon rannte.
»Runter vom Schiff!«, schrie sie, während sie auf Chet und Montgomery zustürzte, die gerade den einzigen überlebenden Angreifer auf das Boot der Küstenwache führten. »Eine Bombe! «
Nach einer kurzen Schrecksekunde reagierten die beiden Männer umgehend. Sie drängten den Gefangenen hinüber auf das Beiboot, wo ihn Montgomery mit Plastikhandschellen an der Reling festband. Nach einem Hechtsprung packte Rebel Sampson am Kragen und zerrte ihn hektisch zur Gangway.
Chet löste währenddessen die Verbindungstaue, gleichzeitig eilte Montgomery zur Brücke des RBM . Als der Schiffsmotor laut knatternd ansprang, stöhnte Sampson auf. Chet packte ihn am Oberkörper und hievte seinen Kollegen gemeinsam mit Rebel über die letzte Sperre hinweg.
»Alle Mann an Bord?«, rief Kapitän Montgomery vom Steuer zu ihnen hinunter.
»Ja, alles klar!«, schrie Chet zurück. Die zwei Toten mussten sie zurücklassen. »Los!«
Als das Boot ruckartig nach vorne schoss, eine Kehrtwendung hinlegte und weiter an Fahrt gewann, landeten Rebel und Chat erst auf dem Hinterteil und wurden dann gegen den verwundeten Sampson geschleudert. Ein hoher Gischtschweif schoss hinter ihnen in die Höhe und tauchte sie in eiskalten Schaum. Aber sie waren davongekommen.
Und das keinen Moment zu früh.
Mit einem tiefen Grollen, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knall, ging die Allah’s Paradise in Flammen auf.
Rebel hielt sich die Ohren zu und warf sich schützend über Sampson. Chet hatte denselben Gedanken gehabt, deswegen fand sie sich am Ende zwischen beiden Männern eingequetscht wieder. Eine zweite Explosion zerriss die Luft. Um sie herum regneten brennende Wrackteile herab.
Anschließend kehrte eine tödliche Stille ein.
»Himmel, Arsch und Zwirn«, fluchte Chet nach einigen Sekunden.
»Achten Sie auf ihre Ausdrucksweise, Fähnrich.«
Geschickt erhob er sich von ihr und Sampson. »Tut mir leid, Ma’am. Sind Sie verletzt?«
Jedenfalls nahm Rebel an, dass er etwas Ähnliches gesagt hatte, denn bis auf das hohe Fiepen in den Ohren waren alle Geräusche gedämpft, so wie in ihrer Kindheit bei den Skiausflügen in die Schweiz, als sie diese flauschigen Ohrwärmer getragen hatte.
Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. »Höchstens in meiner Würde«, antwortete sie und wandte sich Sampson zu, um seine Verletzungen zu begutachten. Während Chet davontaumelte, um nach dem Gefangenen zu sehen, zog Rebel die Jacke aus und presste sie auf die heftig blutende Schusswunde. »Und mein Kostüm«, fügte sie resigniert hinzu. Fähnrich Sampson schaute sie dankbar an. »Donna Karan«, erklärte sie ihm nüchtern. »Mein Lieblingsoutfit.« Das mittlerweile in Blut, Eingeweide und Aschereste getränkt war. Passend zu ihrem eigenen Anblick. Aber Sampson war am Leben, und das war alles, was zählte.
»Ich kaufe Ihnen … ein neues verfluchtes Kostüm«, röchelte Sampson. Dann lächelte er mit schmerzverzerrtem Gesicht.
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