ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Milliarden Lire auf den Tisch. Damit hat die Organisation das Schiff, das sie braucht. Sie lässt aber den Namen ändern: aus Muzak wird Mirage II, was für italienische Ohren melodischer klingt. Gofas ist tüchtig und verfügt über eine zuverlässige Mannschaft.
Die Mirage II soll in Kolumbien anlegen und das Kokain aufnehmen, den südamerikanischen Kontinent umrunden, um die strengen Kontrollen im Panamakanal zu vermeiden, und dann Kurs auf Sizilien nehmen, wo die Ladung in den Küstengewässern vor Trapani an einige Fischkutter übergeben werden soll. Ein riesiges Schiff, das die Ozeane durchpflügt, Häfen, die auf Container warten: all dies wird am 2. März 2001 im Hotel Roma in Fiumicino bei Rom beschlossen. Hier werden alle Details festgelegt: die Route, die das Schiff auf der Rückreise von Kolumbien nehmen soll, der genaue Meeresabschnitt, auf dem die Ware übergeben werden soll, die Details des Umschlags vom Mutterschiff zu den Fischkuttern von Maz-ara, die Codenamen und die verwendete Funkfrequenz. Nach anderthalb Jahren Verhandlungen und Vorbereitungen kann die Mirage II endlich ablegen.
Doch noch bevor es in Kolumbien eintrifft, erleidet das Schiff eine Havarie und geht vor Paita in Peru unter. Der Kapitän erzählt seine Tragödie, er verflucht sich wegen des Motorschadens, er weiß nicht, was tun. Pannunzi, der den Vorgang aus der Ferne verfolgt, wittert sofort, dass an der Sache etwas faul ist: Der Grieche hat den Untergang seines Schiffs selbst verursacht. Pannunzi misstraut seinem Bericht und argwöhnt Betrug. An ein Unglück oder eine Tragödie glaubt er nicht.
Wenn der Wille und das Geld vorhanden sind, hat aus seiner Sicht der Zufall nichts zu melden. Der Zufall ist beherrschbar.
Das Problem ist, dass Gofas, der Gentleman, der dem Anschein nach seinem Spitznamen alle Ehre macht, den Lieferanten als Sicherheit einen seiner eigenen Männer gestellt hat.
Er befindet sich als Geisel in den Händen der Narcos. Außerdem ist das Schiff untergegangen, bevor die kostbare Fracht an Bord genommen wurde. Doch diese Umstände, die für ein unverschuldetes Unglück sprechen, verstärken Pannunzis Zweifel. Er hegt den Verdacht, der Kapitän habe mit zynischer Schläue die Risiken abgewogen, die er mit dem Betrug an seinen furchteinflößenden Auftraggebern eingehen würde, um die Versicherungssumme für die Mirage II einzustreichen. Den Griechen in Kolumbien konnte man in Anbetracht des hohen Gewinns auch opfern. Pannunzi ist sicher, dass er der Sache auf die Spur kommt, falls sich sein Verdacht bestätigt. Für einen Reeder im Kokaingeschäft bedeutete dies das Ende seiner Karriere, die sichere Verhaftung und wahrscheinlich den Tod.
Doch vorerst muss man gute Miene zum bösen Spiel machen, um die Versicherungssumme in die Kassen der Geldgeber zu spülen und gleichzeitig sofort eine neue Fahrt zu organisieren. Die von Miceli vertretenen Sizilianer beauftragen den in der Türkei geborenen Schweizer Paul Eduard Waridel, der zu Zeiten der Pizza Connection Heroin über die Türkei nach Sizilien geschleust hat. Waridel unterhält auch gute Kontakte nach Griechenland, er kennt Leute, die jede Art Ware über das Meer schaffen können. Nun ist »der Vorgang dreigeteilt«, wie man es in der Unterwelt nennt: drei Container werden von Barran-quilla aus losgeschickt, mit Zwischenstation in Venezuela und dem Zielort Athen. 900 Kilo werden unter Reissäcken versteckt: eine ausreichende Menge, um den Verlust der Mirage II wettzumachen und sich einen ansehnlichen Profit zu sichern.
So verfahren die Drogenhändler, wenn es mit einer Ladung nicht klappt: Sie gleichen den Verlust mit einer noch umfangreicheren Ladung aus.
Doch im Hafen von Piräus fängt die griechische Polizei einen der drei Container gleich nach seiner Ankunft ab und beschlagnahmt 220 Kilo reinstes Kokain, das unter Reissäcken versteckt liegt. Die anderen beiden bemerkt sie erstaunlicherweise nicht, sie bleiben zur Zollabfertigung im griechischen Hafen. Die kolumbianischen Lieferanten haben erneut keinen einzigen Cent erhalten, da in der Regel die Lieferung erst dann bezahlt wird, wenn die Ware in den Händen der Kalabresen ist. Es reicht nicht, Gofas’ Vertrauten als Geisel zu haben, sie ahnen, dass sein Leben womöglich nichts wert ist. Daher entführen sie Salvatore Miceli, den für den Transport und die Endübergabe an die ’ndrine verantwortlichen Vertreter der Cosa Nostra. Bar-ba, der Kolumbianer und Verhandlungspartner Pannunzis, hat offene
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