ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Mafiabosse aller Zeiten gesetzt, gefolgt von Al Capone, Lucky Luciano, Pablo Escobar und Toto Riina. Von den amerikanischen und europäischen Sicherheitsbehörden wird er als einer der wichtigsten Bosse der Mafija betrachtet, als Schlüsselfigur der russischen Krake weltweit, als einer der führenden Köpfe der organisierten Kriminalität.
Wenn man seinen Steckbrief durchgeht, kann man verstehen, wie die gewalttätigsten Straftaten - Erpressung, Mord, Waffen- und Drogenhandel, Prostitution - sich nahtlos mit den Verbrechen von Unternehmern, Politikern und Finanziers verzahnen. Mehr noch: Zeichnet man den unaufhaltsamen Aufstieg von Don Semjon oder Don Seva, wie er auch genannt wird, nach, entsteht das Bild der Welt, in der alle Grenzen gefallen sind und alle kriminellen Energien ineinandergreifen und gemeinsam auf das alleinige Ziel des maximalen Profits zulaufen.
Mogilewitsch kommt am 30. Juni 1946 in Kiew in einer ukrainisch-jüdischen Familie zur Welt, die für die Sowjetzeit typisch sein mag: sie ist nicht religiös und im weitesten Sinne bürgerlich. Er studiert Wirtschaftswissenschaften an der Universität Lemberg, einer der ältesten Universitäten Osteuropas, dann siedelt er von der Ukraine nach Moskau um. Hier wird er Bestattungsunternehmer. Das Bestattungswesen ist ein sicheres Geschäft. Die Leute hören nie auf zu sterben, und in der ganzen Welt nehmen Mafiaorganisationen Bestattungsinstitute in die Hand, die sich hervorragend für Geldwäsche eignen und einen prima Grundstock für den Aufbau eines Vermögens abgeben können. Die Mafia verzichtet nie auf das Konkrete. Das Materielle. Boden, Wasser, Zement, Krankenhäuser, Tod. In den siebziger Jahren tritt Mogilewitsch einer kriminellen Gruppe bei, die sich mit Fälschungen, Betrügereien und kleineren Diebstählen beschäftigt. Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was folgt. Aber die Straße ist eine wichtige Schule, um zu lernen, wie man das Kommando führt, wie man überlebt und Vertrauen aufbaut. Er verbringt seine Zeit damit, an Flughäfen und Bahnhöfen Rubel in Dollar umzutauschen, Parfüms und Taschen an Damen zu verhökern, die den westlichen Lebensstil nachahmen wollen, und schwarzgebrannten Wodka an ihre Ehemänner, die der russischen Tradition treu geblieben sind. Bald wird er wegen eines ganz gewöhnlichen Vergehens verhaftet: illegaler Devisenhandel. Zweimal landet er hinter Gittern, für insgesamt sieben Jahre. Das ist sein Glück. Im Gefängnis schließt er mit einigen mächtigen russischen Kriminellen eine Freundschaft fürs Leben. Seine kriminelle Laufbahn nimmt eine Wende, als die Regierung der UdSSR mehr als 150 000 sowjetischen Juden die Ausreise nach Israel erlaubt. Für die jüdischen Familien ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Sie können ausreisen, müssen dies aber unverzüglich tun. Die von Generation zu Generation weitergegebenen kostbaren Andenken, Kettchen und Ohrringe müssen sie allerdings zurücklassen. Mogilewitsch erkennt, dass sich ihm eine solche Gelegenheit nicht noch einmal bietet. Er kümmert sich um den Verkauf der Wertsachen und verpflichtet sich, den Besitzern den Erlös nach Israel zu transferieren. Viele vertrauen ihm ihre Güter an. Doch das Geld wird die rechtmäßigen Eigentümer nie erreichen. Der auf diese Weise angehäufte Reichtum bildet die finanzielle Basis für seine kriminelle Karriere.
Zweite Seite des Albums, wieder ein berühmtes Foto. Ein Mann in Dreiviertelansicht blickt herausfordernd in die Linse. Sein Oberkörper ist nackt, und er wirkt überrascht. Der Mund ist leicht geöffnet, die kaum sichtbaren Brauen sind hochgezogen, die Augen ähneln zwei gepressten Mandeln. Die Züge weisen einen leichten asiatischen Einschlag auf, und tiefe Furchen durchziehen die Stirn von der einen bis zur anderen Schläfe. Am auffälligsten sind jedoch die zwei identischen Tätowierungen in Höhe des Schlüsselbeins: zwei achteckige Sterne mit einem Auge in der Mitte. Ein Symbol von Autorität, von Macht. Das Foto zeigt Wjatscheslaw Kirillowitsch Iwankow, genannt »Japontschik«, »der kleine Japaner«. Geboren ist er 1940 in Georgien, aber seine russischen Eltern siedeln bald nach Moskau über. 1982 wird er wegen illegalen Waffenbesitzes, Raubüberfall und Drogenhandel verhaftet und zu vierzehn Jahren Haft in Sibirien verurteilt. Jahre, in denen er zum wor aufsteigt, als das Regime, in denen die wory aufgekommen waren, schon das Zeitliche segnet. Wory steht für wory w sakone, »Diebe im Gesetz«, und
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