ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Gortari, dem Bruder des ehemaligen mexikanischen Präsidenten. Der Safe enthält unter anderem einen auf ihn ausgestellten gefälschten Pass. In Mexiko halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach Raul Salinas Kontakte zu den Spitzen des mexikanischen und kolumbianischen Drogenhandels hält. Dieser Spur geht zunächst die DEA und dann auch die Schweizer Generalstaatsanwältin Carla Del Ponte nach. Del Ponte war gemeinsam mit Giovanni Falcone an dem Ermittlungsverfahren Pizza Connection beteiligt und hatte riskiert, mit ihm in Palermo ermordet zu werden. Laut Anklage kassierte Raul Sali-nas von allen Seiten extrem hohe Gebühren als Garantie für den unbehelligten Kokaintransport: vom Medellin-Kartell und dem Cali-Kartell ebenso wie von den mexikanischen Kartellen, die aus El Padrinos geographischer Aufteilung der Territorien
hervorgingen, insbesondere wohl vom Golf-Kartell. Die Schätzungen belaufen sich auf insgesamt 300 Millionen Dollar, die auf ausländischen Konten landeten, 90 bis 100 Millionen davon zwischen 1992 und 1994 auf Konten in der Schweiz. Die Gelder flossen über die Citibank Mexiko auf Private BankingKonten der Filialen in London und Zürich und auf Konten so angesehener Schweizer Banken wie SBC, UBS, Banque Privee Edmond de Rothschild, Credit Suisse und Julius Baer. Die amerikanische Citibank soll Salinas bei den Transaktionen unterstützt und die Spuren der Gelder verwischt haben. Auf welche Weise? Zunächst durch Eröffnung eines Kontos in der New Yorker Filiale der Citibank auf Salinas’ Namen. Über Ci-titrust, eine auf den Cayman Islands eingetragene Treuhandgesellschaft, hatte Citibank die Investmentgesellschaft Trocca mit Sitz im selben Steuerparadies gegründet, wohin Salinas’ Vermögen fließen sollte. Um Salinas’ Namen weiter zu verschleiern, gründete die Citibank eine weitere Gesellschaft, Tyler, die als Hauptaktionär von Trocca aufschien und in deren Namen zwei Investmentkonten bei der Citibank London und der Citibank Switzerland eröffnet wurden. Die Cit-ibank verzichtete nicht nur auf ein Kundenprofil und das Datenblatt Know your customer, sondern ließ auch zu, dass Raul Salinas für die Überweisungen einen anderen Namen verwendete. Kein US-amerikanisches Dokument wies ihn als Eigentümer oder Nutznießer von Trocca aus oder brachte ihn mit den Trocca-Geldern in Verbindung, die von Mexiko über New York nach London und in die Schweiz gelangt waren.
Die Überweisungen aus Mexiko nahm regelmäßig Paulina vor, die der Vizepräsident der Mexiko-Abteilung der Citibank seinen mexikanischen Kollegen unter dem falschen Namen Patricia Rfos vorgestellt hatte. Unter diesem Namen zahlte
Senora Salinas Schecks von mindestens fünf mexikanischen Banken auf das Konto der Citibank Mexiko ein, um das Geld in US-Dollar zu wechseln und an die Filiale in New York zu überweisen. Dort landete es auf einem sogenannten Concentration Account, einem Depotkonto, auf dem Gelder verschiedener Kunden und Filialen der Bank einlaufen, die dann an die verschiedenen Empfänger weitergeleitet werden.
Es erscheint paradox, dass die Falle ausgerechnet in der Schweiz zuschnappte, wo das Bankgeheimnis seit jeher streng gehütet wird. Dort wurde noch jahrelang weiter gegen Salinas ermittelt, auch nachdem Carla Del Ponte zum Internationalen Gerichtshof nach Den Haag gegangen war, wo sie sich als Staatsanwältin mit den Verbrechen Slobodan Milosevics befasste. Beim Prozess gegen Salinas kam der Schweizer Richter zu der Erkenntnis, dass der Drogenhandel vom mexikanischen Staat protegiert wurde und das Geld keinen legalen Ursprung haben konnte. Tatsächlich blieb das Geld in den schweizerischen Banken liegen in der Erwartung, dass die mexikanische Justiz ihrerseits zu einem Urteil über die Verbindungen zwischen Salinas und den Kartellen käme. Doch in diesem zentralen Punkt reichten die Beweise nicht aus, und das Verfahren wurde eingestellt. 2008 beschloss die Schweizerische Eidgenossenschaft, 74 Millionen Dollar, die inzwischen auf 130 angewachsen waren, dem mexikanischen Staat zu überlassen und einen weiteren Anteil Dritten zurückzugeben, die das Geld Raul Salinas anvertraut hatten. Und damit nicht genug, denn am 19. Juli 2013 spricht ihn ein mexikanisches Bundesgericht vom Vorwurf der unrechtmäßigen Bereicherung frei. Die Beweise dafür, dass Salinas sein Vermögen mit illegalen Aktivitäten erworben hatte, reichten nicht aus.
Diese unendliche Geschichte zeigt, dass die Instrumente fehlen, aber oft auch das
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