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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Perez verwandt, einer Schlüsselfigur des Drogenhandels, das machte die Sache einfacher. Diese Verhältnisse wiesen dem Zwanzigjährigen einen Weg aus der Armut, die das Leben seiner Vorfahren geprägt hatte. Zu der Zeit hatte »El Padrino«, Miguel Angel Felix Gallardo, das Sagen. Gemeinsam mit seinen Partnern Ernesto »Don Neto« Fonseca Carrillo und Rafael Caro Quintero kontrollierte er sämtliche Drogenlieferungen von und nach Mexiko. In die Organisation einzutreten ergab sich für den jungen Chapo von selbst, und ebenso selbstverständlich nahm er seine erste echte Herausforderung an: Er sollte sich um den Transport des Rauschgifts von den Feldern bis zur Grenze kümmern. El Chapo erfüllte die Aufgabe vorbildlich, doch er sah darin keinen Sieg, sondern nur eine weitere Stufe auf dem Weg ganz nach oben. Um an die Spitze zu kommen, darfst du kein Mitleid haben mit dem, der einen Fehler macht, du darfst nicht auf die Entschuldigungen der Untergebenen eingehen, die die Termine nicht einhalten. Wenn es ein Problem gibt, geht El Chapo es an und räumt es aus dem Weg. Wenn sich ein Bauer von jemandem mit einem dickeren Portemonnaie verlocken lässt, beseitigt er ihn. Wenn sich ein Lkw-Fahrer am Abend vor einer Lieferung betrinkt und seine Drogenfracht nicht rechtzeitig ans Ziel bringt, eliminiert er ihn, einfach und effizient.
    El Chapo stellt rasch seine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis und wird binnen weniger Jahre zu einem der engsten Vertrauten El Padrinos. Von ihm lernt er viele Dinge, auch das Wichtigste: Wie man im Drogengeschäft überlebt. Wie Felix Gallardo führt auch El Chapo ein eher unauffälliges Leben, ohne mit seinem Reichtum zu protzen und ohne großen Luxus. Er heiratet vier Mal und hat neun Kinder, umgibt sich aber nie mit einem Harem von Frauen.
    Als El Padrino verhaftet wird und die Nachfolgekämpfe beginnen, hält El Chapo seinem Mentor die Treue. Er geht systematisch vor, ohne seine Macht zur Schau zu stellen. Er hat einen Kreis von Verwandten um sich, die Blutsbande sind sein Harnisch. Für alle anderen gibt es nur eine Regel: Wer einen Fehler macht, bezahlt mit dem Leben. El Chapo verlässt Sin-aloa und zieht nach Guadalajara, die Stadt, in der El Padrino zuletzt gelebt hat, doch der Sitz seiner Organisation ist in Agua Prieta, Bundesstaat Sonora, in strategisch günstiger Lage an
    der amerikanischen Grenze. El Chapo bleibt als Akteur im Hintergrund und beherrscht ein Imperium, das gewaltig expandiert. Wenn er reist, dann nur inkognito. Die Leute erzählen sich, sie hätten ihn irgendwo gesehen, doch das stimmt nur in einem von hundert Fällen. Um die Drogen in die USA zu schleusen, nutzen El Chapo und seine Leute alle verfügbaren Transportmittel: Flugzeuge, Lkws, Triebwagen, Tanklastzüge, Pkws. 1993 wird ein noch nicht fertiggestellter Tunnel entdeckt, der Tijuana mit San Diego verbinden sollte, er liegt 20 Meter unter der Erde und ist fast 450 Meter lang.
    Es sind die Jahre der Attentate und Abrechnungen, der Fluchten und Morde. Am 24. Mai 1993 beauftragt das rivalisierende Tijuana-Kartell einige Killer ihres Vertrauens, ins Herz des Sinaloa-Kartells zu zielen. An jenem Tag werden auf dem Flughafen Guadalajara zwei außergewöhnliche Passagiere erwartet: El Chapo Guzman und Kardinal Juan Jesus Posadas Ocampo, der als Erzbischof der Stadt unermüdlich gegen die Macht der Narcos kämpft. Die Killer wissen, dass El Chapo einen weißen Mercury Grand Marquis fährt, ein Muss für die Drogenbarone. Und auch der geistliche Würdenträger ist mit einem weißen Mercury Grand Marquis unterwegs. Die Killer aus Tijuana feuern auf das vermeintliche Auto des Bosses von Sinaloa, einige Männer, vielleicht Chapos Leibwächter, schießen zurück. Im Nu verwandelt sich der Parkplatz des Flughafens in ein Inferno. Sieben Menschen sterben im Kugelhagel, unter ihnen Kardinal Posadas Ocampo. El Chapo kann sich retten und entkommt unverletzt. Jahrelang fragten sich viele, ob sich an diesem Vormittag der Zufall einen bösen Scherz mit dem Kardinal erlaubt hat oder ob es die Killer tatsächlich auf den unbequemen Geistlichen aus Guadalajara abgesehen hatten. Doch erst kürzlich lüftete das FBI das Geheimnis: Es war eine tragische Verwechslung.
    Am 9. Juni 1993 wird El Chapo verhaftet. Das Hochsicherheitsgefängnis Puente Grande, in das man ihn 1995 verlegt, wird sein neues Hauptquartier, von dem aus er weiter seine Geschäfte führt. Acht Jahre später jedoch wird es für El Chapo zu gefährlich, länger

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