Zerrissenes Herz (German Edition)
traditionelle Gelübde sprach. Daisy tat danach das Gleiche. Dabei zitterten ihr die Hände, so bedeutsam empfand sie diesen Akt. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Charlie unruhig auf seinem Stuhl herumzappelte und die Beine baumeln ließ.
Halt durch, Kumpel, dachte sie. Wir sind fast fertig.
Mr Lee bemerkte ihre Unruhe und zwang sich zur Eile. Schnell beendete er die Zeremonie mit den Worten: „Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“
Logan lächelte sie an und gab ihr einen zarten, vorsichtigen Kuss auf die Lippen. „Die Welt heißt Sie willkommen, Mrs O’Donnell“, flüsterte er. Dann trat er einen Schritt zurück und schaute sie mit einer Mischung aus Stolz und Triumph an.
Sie erwiderte sein Lächeln, bevor sie sich zu Charlie umdrehte. Sie hielt ihm ihre Hand hin. „Na, wie findest du das?“, fragte sie. „Deine Mom und dein Dad sind jetzt verheiratet.“
Er strahlte sie an. „Endlich!“
Der unerwartet erwachsene Ausspruch brach die Anspannung. Sie lachten gemeinsam. Mr Lee zeigte auf einen runden Tisch, auf dem ein fransenbesetztes Tuch lag. „Wir haben noch ein wenig Papierkram zu erledigen, und dann dürfen Sie auch schon gehen.“
Die Heiratsurkunde wurde von allen unterschrieben, auch von Mr Lees Assistentin als Zeugin, die ansonsten damit beschäftigt gewesen war, das Soundsystem zu bedienen.
„Herzlichen Glückwunsch.“ Mr Lee reichte ihnen die offiziellen Unterlagen. „Ich hoffe, Sie werden sehr glücklich miteinander.“
Logan schüttelte ihm die Hand. „Das ist der Plan.“
TEIL DREI
21. KAPITEL
D urch zusammengekniffene Augen starrte Julian die Spitze des Viehtreibers an, der dicht vor seinem Gesicht in der Luft zu schweben schien. Sein Herz klopfte mit unnatürlicher Härte, als besäße es einen eigenen Willen, den Willen, seinen gequälten Körper zu verlassen. Er war an einen klapprigen Rollstuhl gefesselt, der die Kratzer und Beulen seiner vorherigen Besitzer trug, einschließlich des Satzes Jesús me guarde , den jemand in die abblätternde schwarze Farbe geritzt hatte. Seine Gefängniskleidung – ein weites Hemd und eine Hose aus grobem Sackleinen – war angefeuchtet worden, damit sie den Strom besser leitete.
Die picana electrica war ein altmodisches Foltergerät, das ursprünglich von den argentinischen Gauchos für ihre Herden benutzt worden war. Heutzutage benutzte man es für Gefangene, denn es bot eine effektive Möglichkeit, Schmerz und Desorientierung zu verursachen, ohne das Opfer zu töten.
Dieses spezielle Verhörteam war neu für ihn; wann immer er woanders hingebracht worden war, hatte er sich einer neuen Gruppe Verhörspezialisten gegenübergesehen. Von Beginn seiner Gefangennahme an hatte man ihm mindestens ein Dutzend Mal die Augen verbunden, eine Kapuze übergezogen, ihn gefesselt und an einen anderen Ort verlegt. Er nahm an, so sollte verhindert werden, dass er seine Flucht planen konnte. Und es funktionierte. Er hatte einfach nie genug Zeit, um eine Strategie zu entwickeln.
Der Verhörspezialist war ein schlanker Mann in paramilitärischer Uniform, der mehr wie ein kleinlicher Bürokrat statt wie ein erfahrener Folterer aussah. Er beugte sich über Julian und sprach ihn auf Englisch an. „Du gibst uns was, du bekommst von uns was. Freiheit, eine Fluchtmöglichkeit. Alles für die einfache Wahrheit.“
Sie wollten Informationen über die Operation, an der er mitgewirkt hatte. Julian schaffte es kaum, seinen Kiefer zur Mitarbeitzu überreden, als er die einzigen Informationen wiederholte, die preiszugeben ihm erlaubt war: seinen Namen, seinen Rang, seine Sozialversicherungsnummer und sein Geburtsdatum. Jedes Mal, wenn er an einen anderen Ort gebracht worden war, übernahm ein neuer Verhörspezialist, aber trotz der Schläge, der Elektroschocks, des Schlafentzugs und des Drucks verriet er nichts. Sein SERE-Training hatte im ersten wachen Augenblick seiner Gefangennahme gegriffen, und er hielt sich strikt an die dort erlernten brutalen Lektionen. Denn SERE stand für survival, evasion, resistance, escape – überleben, ausweichen, Widerstand leisten, Flucht –, und die Ausbildung diente der Vorbereitung auf eine mögliche Kriegsgefangenschaft. Wenn er einen Fluchtversuch wagte, würde er vermutlich dabei sterben. Wenn er hier blieb, würde er höchstwahrscheinlich auch sterben. Alles in allem hatte er wohl keine andere Wahl.
„Noch einmal, an der Schläfe“, sagte der Verhörer auf Spanisch.
Julian war ein Meister darin, Emotionen zu
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