Zerrissenes Herz (German Edition)
Bedürfnis, das Haus schön zu machen. Aus Gründen, über die Daisy auf keinen Fall näher nachdenken wollte, war es für sie immens wichtig, ein schönes Heim und einen schönenGarten zu haben. Dahinter steckte mehr als nur Besitzerstolz. Sie wollte, dass dieses Haus wie eins aussah, in dem eine glückliche Familie lebte und sich entfaltete.
Denn genau das sind wir, rief sie sich in Erinnerung. Eine glückliche Familie.
Blake, ihre kleine Hündin, nieste, als ihr der Geruch der Beize in die Nase stieg. Logan war mit dem Terrier nie richtig warm geworden, aber um Charlies willen tolerierte er ihn. Der Junge und der Hund waren unzertrennlich.
„Hey, Mädchen.“ Amüsiert kniete sich Sonnet auf den Boden und schenkte Blake eine gründliche Bauchmassage. Die Augen der Hündin wurden vor Verzückung ganz glasig. „Für einen Hund ist das Leben so einfach“, bemerkte Sonnet.
„Deshalb finde ich es auch so schön, sie zu haben. Sie erinnert mich jeden Tag daran, die Sachen leicht anzugehen.“
Blake hatte anscheinend etwas gehört. Blitzschnell drehte sie sich auf den Bauch und richtete die Ohren auf.
„Ist das nicht Wahnsinn?“, sagte Daisy. „Sie hört den Schulbus schon, wenn er noch einen Block entfernt ist.“
Mit klackernden Krallen schoss Blake zur Haustür. Ein paar Minuten später kam Charlie hereingestürzt. Er ließ sich rücklings auf den Teppich im Flur fallen und von Blake zur Begrüßung abschlabbern.
„Hey, Großer“, rief Sonnet. „Bekomme ich keine Umarmung?“ Charlie sprang auf und kam zu ihr. Mit seinen runden Wangen, dem roten Haar und den funkelnden Augen war er eindeutig kein Kleinkind mehr.
„Tante Sonnet, ich wusste gar nicht, dass du kommst!“
„Ich bleibe sogar zum Abendessen. Und Zach bringt zum Nachtisch einen Kuchen mit.“
„Cool.“
„Wie gefällt dir die erste Klasse?“, fragte Sonnet.
„Gut“, erwiderte er schnell.
Sonnet fiel die kurz aufflackernde Unsicherheit in seinem Blick vermutlich nicht auf, doch Daisy entging es nicht. Sie gingzu Charlie und drückte ihm einen Kuss auf den Scheitel.
„Hey, kleiner Mann!“
„Du riechst komisch.“ Er verzog die Nase.
„Ich habe die Sockelleisten gebeizt.“
„Du machst immer irgendwas am Haus.“
„Das kommt daher, dass es unser Haus ist und ich es gerne schön haben möchte.“
„Langweilig“, kommentierte er.
Sie nahm seinen Rucksack. „Wie war die Schule?“
Wieder das Aufflackern.
„Charlie?“
„Ich hab von Mrs Jensen eine Nachricht für dich“, murmelte er so leise, dass sie ihn kaum hören konnte.
Daisy wurde schwer ums Herz. Sie öffnete den Rucksack und zog den länglichen weißen Umschlag heraus. Und nun? fragte sie sich und wechselte mit Sonnet einen vielsagenden Blick, während sie den Brief auseinanderfaltete. Noch bevor sie zu lesen anfing, wusste sie, dass es keine guten Neuigkeiten sein würden. Das Schuljahr hatte kaum begonnen, schon hissten die Lehrer rote Flaggen.
„Charlie benimmt sich auffällig und stört die Stunde, statt sich auf den Unterricht zu konzentrieren“, stand da in säuberlicher Handschrift. Mrs Jensen war eine Lehrerin alter Schule. Sie zog eine handgeschriebene Nachricht einer E-Mail vor. „Im Lesen ist er immer noch weit zurück. Ich würde gern ein Treffen zwischen Ihnen und mir anberaumen.“
Charlie beobachtete sie zerknirscht. „Stecke ich in Schwierigkeiten?“
Daisy atmete tief durch. „Darüber sprechen wir, wenn dein Vater zu Hause ist. Oh Gott, ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt habe. Meine Güte, Charlie, du machst aus mir noch meine Mutter.“
„Häh?“
„Nicht so wichtig. Jetzt genießen wir erst einmal die Zeit mit Sonnet.“
„Es ist so ein schöner Tag“, sagte sie sofort. „Warum gehen wir nicht in den Garten und spielen mit Blake eine Runde Ball?“
„Ja!“ Charlie konnte seine Laune genauso quecksilberflink ändern wie sein Vater und rannte nun fröhlich voraus zur Hintertür.
„Ich muss mir nur noch die Hände waschen“, sagte Daisy. „Ich komme gleich nach.“
Nachdem sie die Arbeitsutensilien und die Beize weggeräumt hatte, ging sie nach oben, um sich schnell zu waschen und umzuziehen. Charlies Lachen wehte durch das offene Fenster, gefolgt von Blakes spielerischem Bellen.
Im Schlafzimmer versuchte Daisy, das ungute Gefühl abzuschütteln, das sich irgendwie in ihr festgesetzt hatte. Ein Schlafzimmer sollte ein Ort der Ruhe sein, richtig? Olivia hatte ihr geholfen, das leichte Blau und strahlende
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