Zerstöre mich
mich.
Dieses Mädchen weiß genau, wie es mich zerstören kann.
Juliette legt die Hand auf mein Schlüsselbein.
Dann packt sie meine Schulter, gräbt die Finger so tief in die Haut, als wolle sie mir den Arm abreißen. Der Schmerz ist so grausam, dass ich diesmal wirklich aufschreie. Ich sinke vor ihr auf die Knie, und sie verdreht meinen Arm, bis ich keuche vor Schmerz.
»Juliette«, ächze ich, »bitte –«
Mit der anderen Hand streicht sie mir durchs Haar, zieht meinen Kopf zurück, damit ich sie anschaue. Dann beugt sie sich zu mir herunter. Ihre Lippen berühren fast meine Wange. »Liebst du mich?«, flüstert sie mir ins Ohr.
»Was?«, keuche ich. »Was tust du -«
»Liebst du mich noch immer?« Jetzt streichen ihre Finger über mein Gesicht, ziehen die Konturen nach.
»Ja«, murmle ich. »Ja, das tue ich –«
Sie lächelt.
Ihr Lächeln ist so bezaubernd und unschuldig, dass ich es nicht fassen kann, als ihr Griff noch fester wird. Sie reißt mir den Arm so brutal nach hinten, dass er bestimmt gleich aus dem Gelenk springt. Ich sehe Flecken vor den Augen, als sie sagt: »Gleich ist es vorbei.«
»Was ist vorbei?«, frage ich panisch und versuche mich umzuschauen. »Was –«
»Nicht mehr lange. Dann gehe ich.«
»Nein – nein, geh nicht – wo willst du hin –«
»Es wird dir gut gehen«, sagt sie. »Das verspreche ich dir.«
»Nein«, keuche ich, »nein –«
Sie zerrt mich ruckartig nach vorne, und ich erwache so abrupt, dass ich keine Luft bekomme.
Ich blinzle wie verrückt und merke, dass ich mitten in der Nacht aufgewacht bin. Es ist stockdunkel im Zimmer. Ich keuche heftig; mein Arm pocht, und mir wird klar, dass die Wirkung meines Schmerzmittels nachgelassen hat. Unter meiner Hand spüre ich eine kleine Fernbedienung; ich drücke auf den Knopf, um mir eine weitere Dosis zu verabreichen.
Es dauert eine Weile, bis ich wieder regelmäßiger atme und meine Gedanken sich beruhigen.
Juliette .
Auf Alpträume habe ich keinen Einfluss, aber in meinen wachen Momenten gestatte ich es mir lediglich, an ihren Namen zu denken.
Die demütigende Scham, die mit den anderen Erinnerungen einhergeht, ist zu unerträglich.
7
»Wenn das nicht hochnotpeinlich ist. Mein Sohn, angebunden wie ein Tier.«
Zuerst kommt es mir vor, als hätte ich wieder einen Alptraum. Ich öffne langsam die Augen, starre an die Decke. Ich spüre Fesseln an meinen Knöcheln und am Handgelenk. Der verletzte Arm ist mit einer Schlinge an meiner Brust befestigt. Der Schmerz in der Schulter ist zwar noch vorhanden, aber erträglicher. Ich fühle mich stärker. Sogar meine Gedanken scheinen wieder klarer zu sein. Doch dann bemerke ich den sauer-metallischen Geschmack im Mund und frage mich, wie lange ich hier schon liege.
»Hast du wirklich geglaubt, ich würde es nicht erfahren?«, fragt er süffisant.
Er kommt näher, und der Klang seiner Schritte erschüttert meinen Körper. »Delalieu muss Entschuldigungen wimmern, weil er mich stört, fleht meine Männer an, ihm die Schuld zu geben für die Unannehmlichkeiten dieses Besuchs. Ich vermute, du hast den alten Mann zusammengestaucht, obwohl er nur seine Arbeit erledigt. Und ich hätte es auch herausgefunden, ohne dass er Alarm geschlagen hätte. So ein Chaos lässt sich nicht verbergen. Wenn du das geglaubt hast, bist du strohdumm.«
Ich spüre Bewegung an meinen Beinen und merke, dass er die Riemen löst. Der Kontakt mit seiner Haut ruft tief in mir eine dunkle Erinnerung hervor, die sofort Übelkeit auslöst. In meinem Mund ist der Geschmack von Erbrochenem, und ich muss mich enorm beherrschen, um nicht zurückzuzucken.
»Setz dich auf, Sohn. Du solltest jetzt fit genug sein, um zu funktionieren. Du warst zu dumm, um dich auszuruhen, als es nötig war, und nun hast du übertrieben. Du bist seit drei Tagen bewusstlos, und ich bin schon seit siebenundzwanzig Stunden hier. Steh jetzt auf. Das ist lächerlich.«
Ich starre noch immer an die Decke. Atme nur flach.
Er ändert die Taktik.
»Weißt du«, sagt er gedehnt, »mir ist eine interessante Geschichte über dich zu Ohren gekommen.« Er setzt sich auf den Bettrand; die Federn quietschen und ächzen unter seinem Gewicht. »Möchtest du sie hören?«
Meine linke Hand beginnt zu zittern. Ich balle sie hastig zur Faust.
»Gefreiter 45B-76423. Fletcher, Seamus.« Er hält inne. »Kommt dir der Name bekannt vor?«
Ich kneife die Augen zu.
»Du kannst dir sicher vorstellen«, fährt er fort, »wie überrascht ich war,
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