Zerstörte Seelen
Details zurück. Miles Hamilton, das einzige Kind eines früheren Senators von Baltimore, hatte Caseys Frau nur ein paar Monate vor seinem neunzehnten Geburtstag getötet. Niemand konnte sich erklären, warum er Casey am Leben gelassen hatte. Der Profiler hatte an einen Stuhl gefesselt zusehen müssen, wie seine Frau verblutete. Anschließend war der Serienkiller mit dem Auto zum Flughafen gefahren. Die Polizei hatte ihn wenig später auf dem Weg zu einem Anschlussflug nach Paris geschnappt. Mit einem falschen Pass und dem Geld, das er sich von einem der dicken Bankkonten seines Vaters selbst angewiesen hatte.
Darby fiel nun auch wieder ein, dass Casey vor nicht allzu langer Zeit hier in Massachusetts gelebt
und
gearbeitet hatte. Er war Polizeichef von Marblehead in der North-Shore-Region gewesen. Darby wusste das, weil Casey auch dort in einem Fall ermittelt hatte, der landesweit Schlagzeilen machte. Ein Serienmörder, dem ein Lokalreporter den Spitznamen Sandmann verpasst hatte, hatte ganze Familien im Schlaf getötet, dabei aber immer ein Familienmitglied am Leben gelassen. Überregionale Aufmerksamkeit hatte er allerdings vor allem mit seiner Vorgehensweise im Anschluss an die Morde erregt: Er wartete, bis die Polizeikräfte im Haus waren oder das Haus umstellt hatten, und zündete dann eine Bombe.
«Nach Hamiltons Verhaftung ist Casey beim FBI ausgestiegen», sagte Coop. «Er ist ein paar Jahre lang durch die Gegend gezogen und dann …»
«Kam er hierher. Der Sandmann-Fall 99. Wir beide, du und ich, hatten damals gerade im Labor angefangen.»
«Stimmt. Aber Casey hat diesen Fall nicht allein bearbeitet. Es geht das Gerücht, dass ihm jemand geholfen hat. Ein anderer ehemaliger Profiler.»
«Wer?»
«Malcolm Fletcher.»
Auf den Namen folgte ein kurzes Schweigen.
Darby lehnte sich nach vorn. «Hat Fletcher etwas mit der Sache zu tun, in die ich verwickelt bin?»
«Die Frage müsstest du den Feds stellen. Auf den Unterlagen, die du mir geschickt hast, waren keine Fingerabdrücke von ihm. Aber Caseys Abdrücke habe ich gefunden. Genauso wie die von diesem Sergey. Bei beiden gab es Übereinstimmungen an zehn Punkten.»
Coop war nicht den ganzen weiten Weg hierhergeflogen, um ihr zu sagen, dass die Feds und ein ehemaliger Profiler etwas mit der Sache im Haus der Rizzo-Familie zu tun hatten. Das hätte er ihr auch am Telefon mitteilen und die Bilder per E-Mail schicken können.
«Und weiter?»
«Ich habe die Daten, wie du vorgeschlagen hast, durch unsere Datenbank geschickt und mit der vernetzten Sammlung der Feds verglichen. Einmal über den großen Teich und zurück. Und siehe da: Bei der Suche im IAFIS landet der Computer einen Volltreffer. Auf dem Ausdruck steht der Zeitpunkt des Abgleichs. Zwei Uhr nachmittags, englische Zeit. Das ist wichtig.
Ohne dass ich etwas davon ahne, spricht mein Boss gerade am Telefon mit dem Leiter der Einheit für Verhaltenswissenschaften. Und jetzt pass auf: Der FBI -Mann hat meinen Boss, eine Stunde
bevor
das Ergebnis kam, angerufen und ihm tausend Fragen gestellt. Woher die Abdrücke kämen und so weiter und so weiter.»
«Die Abdrücke waren mit einem Code versehen.»
«Korrekt.»
Darby war nicht überrascht. Die Fingerabdruckdatenbank gehörte den Feds und wurde von ihnen betrieben. Gelegentlich belegten sie bestimmte gespeicherte Daten mit einem geheimen Alarmcode. Wie offenbar auch die von Jack Casey. Wenn eine Strafverfolgungsbehörde Abdrücke in das System eingab und diese sich dann als codiert erwiesen, erfuhren es die FBI -Häuptlinge zuerst. Sie konnten dann ein Einsatzkommando losschicken, das sich an die Fährte des Gesuchten heftete, ohne dass die Strafverfolgungsbehörde, die den Abgleich vorgenommen hatte, etwas davon mitbekam.
«Mein Boss legt auf, kommt natürlich sofort zu mir und ist stinksauer, weil einer seiner Berater ohne sein Wissen Abdrücke in das IAFIS eingegeben hat.»
«Tut mir leid, Coop. Ich wollte nicht …»
Er griff nach ihrer Hand. «Mach dir keine Gedanken. Es war halb so schlimm. Ich habe ihm erklärt, dass ich unter Realbedingungen mit echten Abdrücken von einem echten Beweisstück ausprobieren wollte, ob die Datenübertragung funktioniert. Er hat mir die Leviten gelesen, und das war’s. Wären die Abdrücke nicht mit einem Code versehen gewesen, wüsste mein Boss nun von nichts, und du würdest vermutlich nicht in diesem Schlamassel sitzen.»
Er ließ ihre Hand los.
Darby griff noch einmal nach seiner. «Danke.»
Er
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