Zerstörte Seelen
zusammengerollter Orientteppich vor einer Bodenklappe aus uraltem Holz. Auch die Leiter war aus Holz und führte drei bis vier Meter tief hinunter zu einem Lehmfußboden.
«Man hat die Schnapsfässer mit Seilen hier heraufgezogen», sagte Virginia Cavanaugh kopfschüttelnd. «Elektrischen Strom gibt es dort unten nicht. Sie haben vermutlich eine Taschenlampe in einer Ihrer großen Taschen.»
Darby holte ein kleines, aber robustes MagLite aus dem mittleren Beutel ihrer taktischen Weste.
«Glauben Sie, dass es dort drüben Probleme geben wird? Sie sehen aus, als wollten Sie in den Krieg ziehen. Und dieser ausländische Gentleman …»
«Tun Sie bitte, was er Ihnen gesagt hat. Möglicherweise ruft er hier an, also bleiben Sie besser im Haus. Falls jemand anderer anruft, sagen Sie bitte auf keinen Fall, was wir hier machen. Wir wollen kein Publikum, okay?»
Ein Nicken. «Drüben ist auch so eine Bodenklappe. Aber es gibt keine Leiter, nur eine Rampe aus gestampfter Erde. Soweit mir erzählt wurde, rollte man die Fässer aus dem Keller dort hinunter. Und wie ich Sergey schon sagte, ich weiß nicht, ob die neuen Besitzer dort einen Teppichboden verlegt, die Tür zugenagelt oder sonst was gemacht haben. Die früheren Bewohner, die Rizzos, hatten genau wie ich nur einen Teppich über der Tür liegen. Aber die ließen ihre Kinder auch nicht dort unten spielen. Schrecklich, was mit dem Jungen passiert ist. Stellen Sie sich vor, er wurde entführt.»
«Ich weiß.» Darby schwang die Beine über die Kante.
«Ist einfach so verschwunden, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Gefunden wurde er nie. Mir läuft es heute noch kalt den Rücken hinunter, wenn ich daran denke. Und das, wo wir in einer so sicheren Gegend wohnen.»
Darby kletterte in die Tiefe. «Ich bin oben», sagte die Frau. «Ich sehe im Wohnzimmer fern; nur falls Sie Hilfe brauchen. Aber schleichen Sie sich bitte nicht an. Ich höre nicht mehr gut und erschrecke mich leicht.»
«In Ordnung.» Darby hatte den Lehmboden erreicht. «Vielen Dank noch mal für Ihre Hilfe, Mrs. Cavanaugh.»
Sie knipste die Taschenlampe an.
Der Tunnel war ungefähr eins fünfzig hoch, etwa genauso breit und sehr, sehr lang. Sie stellte sich vor, wie die Männer, vielleicht auch Frauen und Kinder vornübergebeugt ein Fass nach dem anderen unter den inzwischen fast verrotteten Holzplatten hindurchrollten, mit denen die Tunneldecke ausgekleidet war. Im Dunkeln war hier allerdings nicht gearbeitet worden. Darby sah an den Balken die alten verrosteten Haken, an denen früher Kerosinlampen gehangen hatten.
Sie richtete das Mikrophon vor ihrem Mund aus. «Hören Sie mich?»
«Klar und deutlich», antwortete Sergey über das Headset.
«Wenn ich gleich losgehe, wird der Empfang vermutlich schlechter. Ich melde mich wieder, wenn ich drüben im Keller bin.»
Der Lehmboden war uneben, Darby ging gebeugt. Es roch nach faulendem Holz, nach Moder und Feuchtigkeit. Ihr Atem kondensierte in der kalten Luft zu einer kaum wahrnehmbaren Wolke. Sie trug eine komplette Kampfausrüstung, Stiefel und unter der Kampfweste, die mit Ausrüstungsteilen und einer Gasmaske schwer beladen war, eine kugelsichere Weste. Der Rucksack in ihrer behandschuhten Hand wog noch einmal annähernd zehn Kilo. Schweißüberströmt kam Darby am Ende des Tunnels an. Wie Virginia Cavanaugh gesagt hatte, führte hier eine Rampe aus festgestampfter Erde hinauf zu einer Klappe wie im ersten Keller. Darby kroch nach oben, legte sich auf die Seite und drückte vorsichtig gegen die Tür. Sie ließ sich etwa drei Finger breit anheben, dann ertönte das leise Klappern von Metall. Die Tür war mit einem Vorhängeschloss gesichert.
Darby zog eine Türspionkamera aus dem Rucksack und schaltete sie ein. Der Monitor glühte grün auf, dann stellte sich die Kameraautomatik auf die Dunkelheit ein. Nachdem Darby das Objektiv durch die schmale Öffnung geschoben hatte, konnte sie einen Teil des Kellers überblicken. Ein Boiler und ein Heißwassertank, Unmengen von Kisten und von Aufbewahrungsboxen aus Plastik. Mark Rizzos Holzregale hingen nicht mehr an den Wänden. Darby sah die Tür, die in den angrenzenden Teil des Kellers führte – den ausgebauten Teil, den die Familie benutzt hatte –, und war froh, sie geschlossen vorzufinden.
Jetzt das Schloss.
Sie setzte den speziell für SWAT -Einsätze konstruierten Bolzenschneider an und knackte das Schloss mit einem einzigen kräftigen Druck.
Langsam hob sie die Tür an. Sie hoffte,
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