Zerstörter Traum vom Ruhm
anreichte. Er war ein junger Marokkaner mit einem pockennarbigen Gesicht. Poltecky musterte ihn verstohlen. Eine Leibwache hat Subelkian also auch, dachte er. Und das mitten in Deutschland, bei Bonn am Rhein!
»Kommen wir gleich zum Geschäftlichen«, sagte Subelkian und stellte den Tomatensaft auf ein kleines Tischchen, das der Diener auf lautlosen Gummirädern heranschob. Aus dem kleinen Teppichhändler der Bonner Seitengasse war ein gemütlicher, gut, aber salopp gekleideter Privatmann geworden, dem Geld kaum noch ein Begriff zu sein schien. »Sie haben sich alles überlegt, Herr v. Poltecky?«
»Überlegt? Nein.« Poltecky sah dem Marokkaner nach, der wie eine Katze ins Haus ging, federnd und völlig geräuschlos. »Was sollte ich überlegen? Die Bedingungen diktieren doch Sie.«
»Schon, schon. Aber ich hätte mir einmal überlegt, warum ich Sie hier in mein Privathaus kommen lasse. Ich kann Ihnen sagen, daß dieses Haus kaum einer meiner Kunden kennt. Fällt Ihnen das nicht auf? Und wundern Sie sich nicht, wenn ich Ihnen nicht 10.000, sondern die ganzen 14.000 Mark geben werde, zinslos.«
»Zi – zinslos?« Poltecky begriff nicht sofort. »Aber es ist doch Ihr Verdienst.«
»Schweigen wir vom Verdienen. Ihnen soll geholfen werden. Mir geht es gut. Sie sehen es. Ich bin sogar bereit, Ihnen die 14.000 Mark zu schenken.«
»Schenken?« Poltecky geriet völlig außer Fassung.
»Natürlich nicht aus Menschenfreundlichkeit. Ich bin kein Idiot, der mit Geld die Straße pflastert. Ich verlange von Ihnen eine Gegenleistung. Sie sollen das Geld in einer äußerst leichten und angenehmen Weise abarbeiten – wenn Sie es sich nicht schenken lassen wollen.« Subelkian sah Poltecky scharf an. Es war wieder der Adlerblick, der kein Erbarmen kannte.
»Wir haben nichts voreinander zu verbergen«, fuhr Subelkian fort. »Ich kann ehrlich zu Ihnen sein, denn Sie werden mich nie anzeigen können, ohne nicht selbst wegen Heiratsschwindels einige Jahre ins Zuchthaus zu müssen! Wir sitzen im gleichen Boot und müssen gemeinsam in einer Richtung rudern. Die Richtung aber gebe ich an, weil es eben mein Boot ist. Wir verstehen uns?«
»Nicht ganz«, sagte Poltecky. Eiskalt stieg es ihm zum Herzen empor.
»Sie werden es gleich ganz verstehen. – Ihre Cousine – die Sie ja auch so elegant betrogen haben – ist Angestellte des Auswärtigen Amtes. Genauer gesagt: Sekretärin des Staatssekretärs. Ein sehr schöner, ein sehr verantwortungsvoller, ein sehr begehrter, ein sehr geheimer Posten. Sie hört und liest so manches, was kein anderer Sterblicher hört und liest. Sie weiß und kennt alle Geheimnisse, denn sie schreibt sie in die Maschine oder nimmt sie im Stenogramm auf.« Subelkian lächelte breit und beugte sich zu Poltecky vor. »Einen Whisky, mein Lieber?«
»Bitte«, sagte Poltecky heiser. »Aber ohne Eis. Mir ist kalt genug!«
»Ich sehe: Sie beginnen zu begreifen! Ich wünsche nicht, daß Sie Ihre liebenswerte Cousine einspannen oder gar gefährden – o nein! Sie soll ihre Stellung behalten. Daran ist mir ja gelegen. Aber wenn Sie ihr weiterhin – wie bisher erfolgreich – Liebe vorspielen und im alltäglichen oder nächtlichen zärtlichen Gespräch einige Dinge ganz beiläufig erfahren, die uns interessieren, so würde diese Indiskretion nicht allein mit der Streichung einer 14.000-Mark-Schuld beglichen werden.«
Poltecky atmete tief durch. Er stellte das Whiskyglas hart auf den Tisch. Da es ein dickes Glas war, zerbrach es nicht.
»Sie sind ein Schwein!« sagte er laut.
Subelkian zeigte keinerlei Wirkung. Er lächelte sogar.
»Mit einem vollen Trog, aus dem Sie fressen wollen«, antwortete er ruhig.
Poltecky sprang auf. »Ich verzichte auf Ihr Geld«, schrie er. »Ich will anständig bleiben!«
»Welch ein Witz! Der dreifache Heiratsschwindler will anständig bleiben! Warum diese Leidenschaft, mein Bester? Setzen Sie sich, trinken Sie Ihren Whisky, und denken Sie vernünftig. Sie sind am Ende! Wenn Sie nicht in Kürze das Geld hinblättern, holt Sie die Kriminalpolizei aus dem letzten Winkel Deutschlands, und ein Gericht verurteilt Sie zu einigen Jahren Zuchthaus. Seien Sie klug, Poltecky! Steigen Sie ein! Ihrer Cousine wird nichts geschehen – und die Liebe haben Sie noch gratis dazu! Ist doch ein wundervolles Mädchen mit einer Venusfigur!«
Poltecky tat in diesem Augenblick etwas, von dem er später nicht wußte, wie er es tun konnte.
Er beugte sich zu Subelkian herunter und schlug ihm mit der
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