Zerstörter Traum vom Ruhm
er mühsam aufstehen wollte. »Bleib doch liegen. Ruh dich aus. Was hast du denn mit deinem Bein gemacht? Hast du einen Unfall gehabt? Ist es das, was du mir sagen wolltest? Du bleibst natürlich hier, bis du ausgeheilt bist. Ich werde dich sofort zum Venusberg in die Universitätsklinik bringen. Du brauchst gar keine Sorge zu haben. Ich werde …«
Poltecky hob die Hand und legte sie Erna fest auf den Mund. »Du wirst einmal ganz still sein, Erna. Du wirst nichts tun, als mir zuhören. Und dann wirst du die Tür öffnen und mich hinauswerfen.« Er drückte die Hand fester auf ihren Mund, als sie etwas antworten wollte. »Nein, nein – sag jetzt nichts. Ich weiß, daß du es tun wirst. Und du wirst recht haben! Ich werde es dir nicht übelnehmen. Ich bin ein ganz erbärmlicher Schuft, ein Lump.«
Erna zuckte mit dem Kopf zurück und kam damit von seiner Hand frei. »Was redest du da für eine Dummheit? Du machst mich ganz ängstlich.«
»Du hast Grund, nicht ängstlich, sondern wütend zu sein.«
»Wegen eines Gipsbeines, Franz?«
»Das ist doch nur eine Lappalie gegen das, was dich erwartet.« Poltecky setzte sich doch hoch und wuchtete sein Gipsbein auf den Boden. Erna Vorwerck starrte ihn an. In ihren Augen lag ehrliche Angst. Nervös nestelte sie an ihrem Kleid und spielte dann mit dem Zettel.
»Ist was mit dem Geld, Franz?« fragte sie plötzlich ahnungsvoll.
»Erna.« Poltecky schluckte. Er holte tief Atem. Ihm fehlte der Mut, das zu sagen, was er sich in den langen Stunden der nächtlichen Bahnfahrt von Hamburg nach Bonn immer wieder vorgesagt hatte.
»Hast du das Geld verspielt? Warst du in Neuenahr oder in Timmendorf?« Erna Vorwerck zerknüllte den Zettel. Ihre Finger waren weiß. »Sag es ruhig, Franz. Hast du das Geld verspielt?«
»Nein.« Poltecky schüttelte den Kopf.
»Verloren?«
»Nein.«
»In Hamburg mit anderen Frauen durchgebracht?« Erna stockten die Worte in der Kehle. Der Gedanke, daß ihre ganzen Ersparnisse auf einer Vergnügungsstraße geblieben waren, nahm ihr fast den Atem. »Hast du mit anderen Frauen – Franz – so sag doch endlich etwas!« schrie sie plötzlich.
Polteckys Kopf zuckte hoch. »Das ist der richtige Ton«, sagte er leise. »Schreie, Erna, tobe – das macht es mir leichter, alles zu sagen. Aber ich kann es nicht, wenn du duldsam und sanft bist. Schrei mich an! Sag zu mir: Du Schuft!«
»Wo ist das Geld?« fragte Erna tonlos.
»Man hat es mir abgegaunert.«
»Abge … Wie soll ich das verstehen?«
»Die Filmgesellschaft war ein Schwindelgeschäft. Als sie meine 14.000 Mark hatten, verschwanden die Lumpen spurlos.«
»4.000 Mark!« sagte Erna dumpf.
»14.000! Das ist es ja.« Poltecky bedeckte die Augen mit beiden Händen. »Ich kann es einfach nicht sagen, Erna. Ich schäme mich, solch ein Schuft zu sein.«
Erna Vorwerck erbleichte und klammerte sich an dem Bücherregal fest, das neben der Couch an der Wand befestigt war. »Du – du – hast die 10.000 Mark … Nein!« sagte sie tonlos. »Ich kann es nicht glauben. Sag, daß es nicht wahr ist. Du hast die anderen 10.000 Mark gestohlen – unterschlagen? Das hast du doch nicht getan, Franz! Das kann doch nicht wahr sein!«
Poltecky schüttelte wieder den Kopf. »Viel schlimmer«, sagte er. Erna Vorwerck setzte sich.
»Schlimmeres – gibt – es – doch – nicht …« stammelte sie. »Was hast du getan?«
»Ich habe – habe das Geld von drei Frauen bekommen. Von einer Carola in Fulda – einer Martina in Hamburg und – und – von dir … Und allen habe ich gesagt, daß ich sie …« Er sah weg, weil sich Ernas Augen unnatürlich weiteten. »Jetzt kannst du mich schlagen – ich halte still! Du kannst die Polizei anrufen – ich laufe nicht fort. Du kannst mich umbringen – es wäre eine Erlösung für mich!« Sein Kopf fuhr herum. Sie saß erstarrt, wie eine Wachspuppe, auf dem Stuhl, fahl und blutlos. »Aber ich schwöre dir: Ich habe es nur getan, um die einzige, die größte Chance meines Lebens zu ergreifen. Ich wollte alles zurückzahlen, wenn ich es geschafft hatte. Ich wollte keinen betrügen … Ich habe nur eine kurze Zeitlang daran geglaubt, daß man mir eine ehrliche Gelegenheit gibt, mich durchzusetzen.« Er hob beide Arme und ließ sie an den Körper zurückfallen, hilflos und müde. »Nun bin ich selbst betrogen worden – das Geld ist fort – und ich bin ein Lump geworden. Mir ist nichts geblieben als dein Verzeihen.«
»Und – und – die anderen Frauen?«
»Sie wissen
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